piwik no script img

GB stoppt Auslieferungen an HongkongZu zaghafte Zeichen an Peking

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

London stellt sich schützend vor die früheren Kolonialbürger. Gleichzeitig lässt man die Großbank HSBC weiter Geschäfte mit Peking machen.

Am 20. Jahrestag der Übergabe Hong Kongs an China wurden chinesische Fähnchen auf den Boden geworfen Foto: Tyrone Siu/reuters

W enn die Regierung in London gegenüber der in Peking Menschen- und Freiheitsrechte in Hongkong verteidigt, hat das stets ein Geschmäckle. Schließlich waren es die Briten, die den Chinesen die Insel im Opiumkrieg abnahmen, als Peking im 19. Jahrhundert den britischen Drogenhandel stoppen wollte. Für Menschenrechte und Demokratie in Hongkong interessierten sich die Briten erst, als Gespräche zur Rückgabe der Stadt an China begannen.

Trotzdem zeigte der stete Zustrom von Chinesen, die vor Bürgerkrieg, Hunger, Misswirtschaft und Kulturrevolution flohen, dass es in Hongkong attraktiver war als in China. Jetzt hebelt Peking mit seinem Sicherheitsgesetz die der Stadt versprochene Autonomie aus und bricht damit das 1984 mit London geschlossene Abkommen.

Der eigenen unrühmlichen Geschichte ungeachtet, ist es deshalb das Mindeste, dass London jetzt sein Auslieferungsabkommen aussetzt und so den Menschen Schutz verspricht, die sich vergeblich für die Demokratisierung eingesetzt haben. Den knapp drei Millionen Hongkongern, die als frühere Kolonialbürger Anspruch auf einen britischen Überseepass haben, bietet London nun ein fünfjähriges Aufenthaltsrecht samt Einbürgerungsmöglichkeit an.

Bisher hatte sich Großbritannien, das die letzten Jahre nur noch um seinen Brexit kreiste, nicht mehr für seine frühere Kolonie interessiert. Doch so richtig es ist, endlich deutlich auf Pekings Vertragsbruch zu reagieren, so wenig wird es wohl ausrichten. Die aus Hongkong stammende Londoner Großbank HSBC, Europas größtes Geldhaus, sowie andere britische Unternehmen haben Peking längst ihre Unterstützung für das umstrittene Sicherheitsgesetz erklärt.

Angesichts dessen sind die Maßnahmen der Regierung in London nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie traut sich nicht, die Banken zurückzupfeifen, für die es nur ums Geschäft geht und die nach Recherchen der Agentur Reuters pekingkritischen Aktivisten jetzt womöglich mit Kontosperrungen drohen. Freiheits- und Menschenrechte sind dabei kein Thema. Peking hat das längst verstanden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
Mehr zum Thema

0 Kommentare