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Fußballprofis gegen RassismusDas Spielfeld ändert sich

Zunehmend selbstbewusst äußern sich Spieler gegen Rassismus. Das ist ein wohltuender Kontrast zu Sendungen wie dem „Doppelpass“.

Der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger äußerte sich zu seinen Rassismuserfahrungen Foto: Justin Tallis/NMC/imago-images

I ch will über mehr sprechen als nur das nächste Spiel“, hat Leon Goretzka am Wochenende in einem Interview gesagt: Der Bayern-Profi, der sich regelmäßig gegen Rassismus positioniert, erzählte dann etwa davon, wie er in diesem Jahr die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer traf und dass die AfD „eine Schande für Deutschland“ sei.

Es waren keine tiefschürfenden Analysen, aber klare Worte. Wie sie in letzter Zeit häufiger von Fußballprofis zu vernehmen sind. Der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger äußert sich offensiv zu seinen Rassismuserfahrungen im Stadion, auch mit kritisierbaren Forderungen wie Strafen für nicht eingreifende Umstehende. Auch Mesut Özil kann in diese Kategorie fallen, der gegen kommerzielle Logik auf die rassistische Unterdrückung der Uiguren aufmerksam machte. Früher waren gerade nicht-weiße Nationalspieler diplomatisch, froh um ihren Platz. Doch das Selbstbewusstsein der jungen Generation ist gestiegen, sie nimmt sich den Raum – ein gutes Zeichen.

Sie alle heben sich wohltuend ab von Karl-Heinz Rummenigge, der vor einigen Tagen in der stockkonservativen Altherrenrunde „Doppelpass“ laut befürchtete, „dann hätten wir wieder eine Rassismusdebatte, oder was?“, nachdem er das hypothetische Szenario eröffnet hatte, ein weißer Spieler hätte einen schwarzen bespuckt und nicht umgekehrt, wie es in einem Bundesligaspiel am Wochenende passiert war. Ras­sismusdebatten sind in seiner Vorstellung offenbar ein großes Elend. Unterdessen hat der Jugendcampus seines Vereins seit Monaten selbst eine am Hals.

Doch das ist nicht unbedingt ein Generationenkonflikt. Es gibt im Fußball ältere, weiße Herren mit sehr klugen Meinungen (nur treten die selten im „Doppelpass“ auf). Viele Jungprofis wiederum sind medial zu gut geschult, um rassistische Ansichten zu äußern, sofern sie welche pflegen.

Dennoch verschiebt sich etwas. Gesellschaftliche Statements sind es derzeit einigen Profis – bei allem Applaus, den es auch dafür gibt – wert, handfeste Nachteile wie Hasskommentare und verprellte Sponsoren in Kauf zu nehmen. Das war in den 2000ern anders, wo man mal für Kinderheime spendete. Auffällig aber auch: es geht meist nur um Identität, nicht um wirtschaftliche oder sportliche Systemkritik. Dazu herrscht oft drückende Stille.

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Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de
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8 Kommentare

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  • Der Beitrag ist einerseits ziemlich aus den Fingern gesogen, das merkt man schon an der begrenzten Auswahl von Beispielen. Andererseits wird hier noch nicht mal im Ansatz hinterfragt, wozu Sport eigentlich da ist. Der eigentliche Witz ist doch der, dass es geradezu die Funktion des Profisportes ist und natürlich auch der Sportberichterstattung darüber, unpolitisch zu sein, harmlos, unwichtig, erleichternd, ablenkend vom Ernst des Lebens. Der Doppelpass wäre somit allein schon deshalb nicht konservativ, weil er unpolitisch ist. Und selbst wenn sich mitunter einige Fussballmillionäre zu politischen Themen äussern, dann ist das im Zweifel weniger schwer als in der wirklichen Welt, dann darf man auch gerne fragen, ob solche Muster überhaupt einen Wert haben. Am Profisport, zumal am Fussball, irgendwelche gesellschaftlichen Fortschritte festmachen zu wollen, ist jedenfalls mindestens fragwürdig, vielleicht sogar widersinnig.

    • @Benedikt Bräutigam:

      der sport ist nicht unpolitisch. der fußball ist nicht unpolitisch. und auch der doppelpass ist nicht unpolitisch.

  • Özil will den islamistischen Agitator spielen, in der Art Erdogan

  • "Auch Mesut Özil kann in diese Kategorie fallen, der gegen kommerzielle Logik auf die rassistische Unterdrückung der Uiguren aufmerksam machte."

    "Auffällig aber auch: es geht meist nur um Identität, nicht um wirtschaftliche oder sportliche Systemkritik."

    yes. beim zweiten Zitat hätte ich mir mehr Ausführungen gewünscht. ist möglicherweise aber nicht die richtige Rubrik dafür.

  • Ausgerechnet den Erdoganfan Özil als leuchtendes Vorbild hinzustellen, das ist schon, nun ja, putzig.

    • @Linksman:

      Özil, das passt schon.

  • Ich kritisiere hin und wieder ihre Artikel. DIESER ist gut, Alina Schwermer.

  • Die taz verlinkt hier auf einen Artikel, der von der "angeblichen Unterdrückung der Uiguren in China" faselt. Sportjournalist ist ja meist dämlich, aber das bei sportbuzzer.de ist schon ganz besonders dämlich.