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Fußball in Zeiten von CoronaBitte draußen bleiben

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Während zahlreiche Veranstaltungen wegen Sars-CoV-2 in Deutschland ausfallen, dürfen 400.000 Leute im Stadion saufen, husten und singen. Warum?

Werder-Fans wollten Hertha was husten: Alles geben ja – aber auch die eigene Gesundheit? Foto: dpa

U nd während wegen des Coronavirus Norditalien abgesperrt ist, prosten sich im Olympiastadion fröhlich Fußballfans mit vollen 1-Liter-Biereimern zu. Das schale Kindl schwappt dabei selbstverständlich von einem überteuerten Plastikbecher mit Hertha-Design in den nächsten. Vereinslieder werden laut mitgegrölt, bis der Nacken des Vordermanns speichelfeucht ist – eher Tropfen- als Tröpfcheninfektion.

So also sieht ein Super-Spreading-Event aus: Menschen mit feuchter Aussprache lallen Spieltagsanalysen, Horden urinierender Fans stehen Schulter an Schulter an viel zu dicht aneinander gebauten Pissoirs. Fans umarmen sich und hüpfen, high-fiven nach Toren, brüllen Flüche in Richtung des Schiedsrichters. Einen Mundschutz trägt niemand. Sonst könnte man wohl auch nur halb so gut pöbeln. Und saufen schon gar nicht.

Wenn man sich mit für Viren sensibilisiertem und vielleicht auch leicht neurotischem Blick durch die Menschenmassen in einem Fußballstadion presst, kommt man schon irgendwann zu der Frage: Wenn Schulen und Kitas wegen Verdachtsfällen geschlossen bleiben, unkommerzielle Sportereignisse, kleine und große Messen gleichermaßen abgesagt werden – warum dürfen sich dann am Samstagnachmittag 58.000 Menschen zum Saufen, Husten und Singen im Olympiastadion treffen? Deutschlandweit waren an diesem Wochenende knapp 400.000 Menschen in Fußballstadien.

Sicherheitsmaßnahmen oder irgendetwas, dass auf Corona hinweist, gab es bei Hertha BSC gegen Werder Bremen nicht. Auf den Toiletten im Gästeblock gab es gegen Ende nicht einmal Papierhandtücher – immerhin aber noch Seife. Aber das wohl auch nur, weil man sich im Fußballstadion zum Pinkeln recht lang anstellen muss, fürs Händewaschen aber nie.

Spielen vor leeren Rängen?

Wenn man die Ausbreitung des Virus verlangsamen will, müsste die Bundesliga unter Ausschluss der Zuschauer:innen stattfinden. Selbst wenn die Krankheit bei den meisten harmlos verläuft. Denn vor allem Älteren und chronisch Kranken droht ein schwerer Krankheitsverlauf. Und die sind letztlich die Leidtragenden einer schnelleren Verbreitung. Dem Arzt und Werder-Fan nebenan ist es egal, er lässt sich bereitwillig nach dem Führungstor in den Arm nehmen.

Hygienevorschriften brächten hier nichts. In vollen S- und U-Bahnen achtet niemand auf Sicherheitsabstand. Und die Zurückhaltung wäre spätestens dann dahin, wenn die Gästemannschaft nach sechs Minuten mit zwei Toren in Führung geht und sich der Auswärtsblock in den Armen liegt. Und auch die Heim-Fans dürfen jubeln, als Hertha später ausgleicht.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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5 Kommentare

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  • Gareth Josweg, den anderen eine Woche vorraus! Richtig! Sag ich als UNIONER mit Dauerkarte! Richtig, sagt meine Frau, die Karten für Auswärtsspiele hat. Keine Panik, aber Schutzmassnahmen sollte man beachten. Auch möglich, dass uns nicht alles über diese Krankheit gesagt wird.

  • Würde die Politik mal logisch denken, würde jene die Wirtschaft mal 3 Wochen lahm legen und die Verbreitung in den Griff bekommen.

    Ein Land wie Deutschland könnte sich diese Maßnahme eher leisten, als einen Ausbruch der uns noch erwartet, nach dem jetzigen Vorgehen.

    Aber was sind wir Bürger schon, wir haben doch nichts zu sagen. Herr Spahn wird es ja richten, die Frage ist nur, wie viele darunter leidern werden.

  • Wenn die Fußballfans nicht ins Stadion gehen dürften, dann würden sie sich das Spiel in Kneipen ansehen und sich ggf. dort anstecken.



    Bei Messen, wo die Besucher und Aussteller aus der ganzen Welt kommen, ist das eine ganz andere Nummer.

    • @SixT8:

      Lächerlicher Vergleich, als wenn die Kneipen so voll werden würden wie Stadien, so eng aneinander schreiende Massen und so ignorant handelnde trinkende.

      Hier sollte man Objektiv und nicht Subjektiv die Situation analysieren. Wenn das so weiter geht, wird Deutschland Italien toppen, die Frage was dann?? Ist Deutschland dafür gewappnet ganze Städte und Bezirke und gar Grenzen zu schließen?

      Es stecken sich aktuell mehr Menschen innerhalb Deutschlands an, als auswärtig anreisende Viren den Umlauf machen.

      Fazit, mal in sich gehen und darüber nachdenken.

      Hoffe das dies auch mal ein Herr Spahn tut, bislang nimmt er das ganze noch als "wirtschaftlich" zu kompliziert, klar wo Wirtschaft dominiert, aber Gesundheit von nur 20% schwerem Krankheitsverlauf im Raum steht, kann man ja hinnehmen.



      So ein Quatsch.

      Man schämt sich schon für sein Land, bei solchen Entscheidungen

  • Warum?

    Na weil die Politik keine 400 000 haben will, die sich mal mit echten Problemen beschäftigen. Im Übrigen sind die 400 000 nur jene die die Spiele in der 1. Liga besuchen. Dazu kommen dann jedes WE nochmal ungefähr 3-4 Millionen die sich in den anderen Profiligen sowie bei den Amateuren auf die Ränge stellen.