Fußball-WM der Frauen: Gitanas werden immer sichtbarer
Olga Carmona, Torschützin im WM-Finale, ist Romni, heißt es. Doch so selten sind Sinti und Roma im Spitzensport nicht.
Fakali wird die Federación de Asociaciones de Mujeres Gitanas abgekürzt. Und dieser Verband der spanischen Romnja hat Grund, der Frauen-Nationalelf zu gratulieren. Olga Carmona, Kapitänin, Torschützin und ganz großer Star der Weltmeisterinnen, gilt nämlich als Romni, Angehörige des Volkes der Roma.
Vollends bestätigt ist diese Information nicht. Vor allem von Carmona gibt es keine Äußerung hierzu, aber etliche spanische Medien und Roma-Verbände teilen diese Information voller Stolz mit. „Spanien ist vielfältig, und jeden Tag gleicht sein Bild auch mehr und mehr den unterschiedlichen Menschen, die wie wir hier leben“, schreibt Fakali auf Twitter. Dabei steht das Motto „gitanas visibles“, sichtbare Gitanas. Es ist die in Spanien übliche Eigenbezeichnung für Roma und Romnja.
Olga Carmonas Vater war während der WM gestorben, sie selbst hat es erst nach ihrem Finaltriumph erfahren. Sie stammt aus Sevilla, hatte anfangs Flamenco getanzt und geschwommen und ist über ihre Brüder zum Fußball gekommen. Was sie im Profifußballzirkus zudem heraushebt, ist, dass sie auch kurz vor dem Abschluss als Sportwissenschaftlerin ist.
Roma und Sinti sind zwar gar nicht so selten im Spitzensport, aber nur wenige bekennen sich offen dazu, Angehörige dieser oft immer noch angefeindeten Minderheit zu sein. In Spanien berühmt ist noch Jesús Navas, 2010 Fußballwelt- und 2012 Europameister. Wie Olga Carmona stammt er aus Sevilla und ist Gitano.
Sie haben Angst
Dass es wenige offen lebende Roma und Sinti im Profisport gibt, sorgt für Gerüchte, auch innerhalb der Community. Immer werden Namen von Weltstars genannt. Von dem 2021 verstorbenen Gerd Müller ist es immer wieder zu lesen – belegt ist jedoch nur, dass er in seiner Jugend freundschaftlichen Kontakt zu Sinto-Familien hatte.
Walter Laubinger, der 1987 mit dem Hamburger SV den DFB-Pokal gewann, ist Sinto. Und István Pisont, der in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt spielte, sagte einmal: „Ich bin der einzige Spieler, der sich in Ungarn zu den Roma bekannt hat.“ Er kenne auch viele andere Spieler, aber die würden es nicht sagen: „Sie haben einfach Angst.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott