Fußball-WM 2022 in Katar: Zuschlag dank Geheim-Kampagne?
Die „Sunday Times“ erhebt schwere Vorwürfe gegen Katar. Der Staat soll mit Geheimoperationen falsche Infos über die Konkurrenten gestreut haben.
Es verspricht lustig zu werden bis zur WM 2022. Nach zahllosen Skandalen um sklavenartige Arbeitsverhältnisse, um über tausend Tote auf WM-Baustellen, um mutmaßliche Korruption bei der Vergabe und nach vielfachen Forderungen, dem Emirat diese Weltmeisterschaft zu entziehen, hat jetzt die britische Sunday Times neue Vorwürfe veröffentlicht. Demzufolge soll Katar mithilfe von Geheimoperationen während der WM-Bewerbung gezielt Falschinformationen über die Konkurrenten Australien und USA verbreitet haben.
Die Zeitung will das von einem Whistleblower aus der katarischen Bewerbungskampagne erfahren haben. Nach dessen Angaben sollen unter anderem eine PR-Agentur und Ex-CIA-Agenten angeheuert worden sein, um falsche Propaganda zu verbreiten. Das wäre ein Verstoß gegen die Fifa-Statuten, denen zufolge es Bewerbern verboten ist, die Bewerbungen anderer Länder zu kommentieren.
Nach Recherchen der Sunday Times soll ein katarisches Team dafür die US-Agentur Brown Lloyd Jones (BLJ) angeheuert haben. Zitiert wird eine geleakte Mail von BLJ-Präsident Michael Holtzman von 2010 an einen führenden katarischen Berater: „In den vergangenen vier Monaten haben wir an einer umfassenden Kampagne gearbeitet, den Ruf der Kandidaten für 2018/2022 zu beschädigen, insbesondere den von Australien und den Vereinigten Staaten.“
Ziel soll gewesen sein, die Stimmung in den beiden Konkurrenzstaaten gegen die WM-Ausrichtung zu lenken und zu vermitteln, innerhalb der Länder gebe es wenig Rückhalt für eine Bewerbung.
Bestechungen und angeheuerte Demonstrationen
In Australien und den USA sollen dafür Journalisten und Blogger bestochen worden sein, die anschließend in ihren Texten negative Aspekte einer WM-Ausrichtung herausstellten. In den USA soll zudem ein hochrangiger Professor 9.000 Dollar für einen kritischen Bericht über die hohen Kosten einer WM erhalten haben. Sogar eine Resolution für den US-Kongress sei geplant gewesen.
Und allerlei Kleinigkeiten: Eine Gruppe US-amerikanischer Sportlehrer sei angeheuert worden, Abgeordnete gegen die WM-Ausrichtung aufzubringen, und in Australien soll eine Gruppe Rugbyspieler angeworben worden sein, um gegen die WM zu demonstrieren.
Dem Vizechef des katarischen OK-Teams, Ali al-Thawadi, soll die Kampagne bekannt gewesen sein. Katar selbstverständlich weiß von all dem nichts: „Das Supreme Committee weist alle Vorwürfe der Sunday Times zurück. Wir haben alle Fifa-Regeln im Rahmen der Bewerbung eingehalten.“
Die Fifa wiederum verhielt sich auffallend zurückhaltend. In einer Stellungnahme verwies der Verband nur auf die eigene und bereits abgeschlossene Ermittlung durch den US-Anwalt Michael Garcia, im Zuge derer Katar vom Korruptionsvorwurf freigesprochen wurde.
Gute Beziehungen zum Fifa-Präsident
Der Zeitpunkt der Enthüllungen ist hochinteressant und wohl kaum zufällig. Der Konflikt zwischen Katar und seinen Nachbarstaaten, allen voran Saudi-Arabien, der mit der Wirtschaftsblockade gezielt weiter eskaliert wurde, dreht sich auch um die prestigeträchtige WM.
Zuletzt intensivierte Saudi-Arabien seine Bemühungen, den Kataris das Turnier zu nehmen. Anfang des Jahres streute das saudische Sportministerium Gerüchte, Katar werde das Turnier in diesem Spätsommer verlieren; 2018 bemühte man sich außerdem, bei der Fifa ein 48-Teilnehmer-Turnier schon 2022 durchzusetzen. Dabei fielen auch die guten Beziehungen zu Fifa-Präsident Gianni Infantino auf.
Der zeigt sich seit Längerem den Saudis aus finanzpolitischen Überlegungen sehr zugeneigt, schürt damit allerdings Machtkonflikte innerhalb der Fifa. Sein 48-Teilnehmer-Plan wurde vom Fifa-Rat blockiert. Mit einem 25-Milliarden-Dollar-Plan durch eine unbekannte Investorengruppe, mutmaßlich unter Führung von Saudi-Arabien, versuchte Infantino im März wiederum, den Saudis mehr Einfluss zu erkaufen, und scheiterte erneut.
Gut möglich, dass gerade der finale Showdown um die WM-Ausrichtung 2022 beginnt. Und gut möglich, dass auch England da nicht ohne Interesse agiert. David Triesman, Ex-Vorsitzender der FA, meldete im Text schon mal an, England könne ja als Ausrichter einspringen.
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