Fußball-EM 2012 in Polen: Notfallplan für die Autobahn
Der Bau der Autobahn, über die die Fans nach Polen kommen sollen, ist ins Stocken geraten. Und auch die Einweihung des Warschauer Stadions – abgesagt.
WARSCHAU taz | Falsch montierte Treppen in Polens Nationalstadion, Streik auf der kilometerlangen Baustelle der West-Ost-Autobahn A 2, unbezahlte Rechnungen eines Bauunternehmens in zweistelliger Millionenhöhe: ein Jahr vor der Fußball-Europameisterschaft 2012 kämpft Gastgeberland Polen mit ernsthaften Problemen.
Die Stadien und Autobahnen drohen nicht rechtzeitig fertig zu werden. Ende letzter Woche musste Polens Premier Donald Tusk zugeben, dass das für den 6. September 2011 geplante Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Polen ausfallen könnte. Mit dem Spiel sollte das neue Stadion in Warschau eingeweiht werden.
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Nun ist auch noch der Bau der A 2 ins Stocken geraten. Der chinesischen Baufirma Covec ist das Geld zur Zwischenfinanzierung ausgegangen. Sie will aufgeben. Zwar hat die Firma noch bis Donnerstag Zeit, Vorschläge zur Lösung der Probleme unterbreiten, doch ohne eine Neukalkulation der Baukosten dürfte das Projekt nicht zu retten sein. Diese müssten von der polnischen Regierung genehmigt werden. Doch Andrzej Maciejewski von der Generaldirektion für Straßenbau kündigte bereits an, dass Polen nach einem Vertragsbruch durch Covec den Vertrag kündigen und Entschädigungsforderungen in Höhe von umgerechnet 185 Millionen Euro stellen werde.
Die Autobahn soll Warschau mit Westeuropa verbinden
„Das ist eine Niederlage“, gab Janusz Piechocinski, der Chef des parlamentarischen Ausschusses für Verkehrsfragen, unumwunden zu. Es gebe keine Chance mehr für die rechtzeitige Beendigung des Bauprojektes. Premier Donald Tusk versicherte dagegen, dass die A 2 wie vorgesehen bis Mai 2012 fertig werde. Notfalls müsse ein „Plan B“ umgesetzt werden. Die A 2 soll den deutsch-polnischen Grenzübergang Swiecko mit Warschau verbinden und als Hauptverkehrsverbindung für Fußballfans aus Westeuropa fungieren. Das EM-Eröffnungsspiel soll schon am 8. Juni 2012 in Warschau stattfinden, einen Monat nach der geplanten Fertigstellung der Autobahn.
Den Großauftrag zum Bau von zweien der insgesamt fünf Bauabschnitte der A 2 erhielt die staatliche Baufirma China Overseas Engineering Group (Covec), weil sie mit billigen Preisen ihre europäischen Konkurrenten aus dem Feld schlug. Erstmals wurde in der EU eine chinesische Baufirma mit einem öffentlichen Projekt beauftragt. Für die 49,2 Autobahnkilometer veranschlagte Covec umgerechnet 330 Millionen Euro – nach Einschätzung der polnischen Bauwirtschaft die Hälfte der tatsächlichen Kosten. Der Verband der Straßenbauer warf der chinesischen Firma denn auch Dumping vor und prophezeite Probleme. „Sie werden ganz bestimmt Geld verlieren bei der Sache“, sagte der Verbandsvorsitzende Wojciech Milusi. „Sie machen es, um gute Referenzen für andere Baustellen in der EU zu bekommen. Und da es eine staatlich kontrollierte Firma ist, werden die Verluste vom chinesischen Staat aufgefangen.“
Doch die Banken drehten Covec plötzlich den Geldhahn zu, so dass die Firma nicht mehr in der Lage war, die Rechnungen der 40 polnischen Subunternehmer zu begleichen. Nachdem die ausstehende Summe auf eine zweistellige Millionenhöhe gestiegen war, traten die Arbeiter in den Streik und die Fuhrunternehmer verließen mit ihren schweren Baggern und Walzen die Baustelle.
Leitungen falsch gelegt, Treppen schwach
Probleme hat aber auch das polnisch-österreichische-Konsortium Alpine-Hydrobudowa-PBG, das das Warschauer Nationalstadion baut. Bei Kontrollen fiel auf, dass die Elektrizitätsleitungen falsch gelegt waren und die Außentreppen der Fluchtwege der Belastungsprobe nicht standhielten. Die Leitungen müssen neu verlegt, die Treppen abgerissen, neu geplant und gebaut werden.
Da die Firma trotz mehrfacher Mahnungen das Bautempo nicht erhöhte, um die Fehler zu beseitigen und die verlorene Zeit aufzuholen, droht nun Rafal Kapler, der Chef des Nationalen Sportzentrums (NCS), mit Vertragskündigung. Premier Tusk sagte: „Alles muss ablaufen wie vertraglich vereinbart. Wir haben Anzahlungen geleistet. Wir wollen nicht, dass die Bauarbeiter ihre Arbeit hinauszögern, um dem Staat höhere Zahlungen abzupressen.“
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