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Front National in FrankreichEU-Hilfskräfte für den FN?

Marine Le Pens Partei wird verdächtigt, im großen Stil öffentliche Mittel gestohlen zu haben. Ein Prozess ist schon jetzt sicher.

Schon Le Pens Vater Jean-Marie wurde vorgeworfen, sein Vermögen falsch deklariert zu haben Foto: reuters

Paris taz | „Erhobenen Hauptes und mit sauberen Händen – damit ist es gelaufen“, seufzte kürzlich ein Anhänger des Front National (FN). Der Grund: Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen sieht sich von einer Reihe von Affären und Angriffen geschwächt, die der angeblichen Redlichkeit, auf die sich der FN lange berufen hatte, schadet.

Bezahlt vom europäischen Steuerzahler – für eine Tätigkeit an der Seite ihrer jeweiligen EU-Abgeordneten – werden etwa 20 Hilfskräfte, die mit dem FN verbunden sind, verdächtigt, sich stattdessen parteiinternen Aufgaben gewidmet zu haben.

Eine juristische Untersuchung läuft, in deren Verlauf die Ermittler „eine totale oder quasi totale Abwesenheit von Arbeit“ seitens bestimmter Hilfskräfte des Front National festgestellt haben, wie Le Monde am vergangenen Freitag meldete.

Auch wenn sie es zurzeit noch ablehnt, sich einer richterlichen Befragung zu stellen, könnte Marine Le Pen direkt nach den Wahlen wegen dieser Angelegenheit große Probleme bekommen.

In dieser Affäre ist ein Prozess schon jetzt sicher. Nicht weniger als zehn juristische und natürliche Personen stehen unter dem Vorwurf des Betrugs vor einem Strafgericht. Dazu gehören der FN, dessen Schatzmeister und einer der Vizepräsidenten.

Bei einem Prozess droht Le Pen Haft

Die Partei wird verdächtigt, im großen Stil öffentliche Mittel gestohlen zu haben. Ein Instrument dafür seien Kampagnenmaterialien gewesen, die Le Pen nahestehende Firmen geliefert hätten. Dazu zählt vor allem das Unternehmen Riwal von Frédéric Chatillon. Diese Materialien wurden mit einer großen Gewinnspanne an die Kandidaten des FN verkauft, bevor der Staat deren Wahlkampfausgaben dann erstattete.

Kooperation mit „Libération“

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Dieses Dossier zielt direkt auf Marine Le Pen. Sie wird verdächtigt – wie früher ihr Vater –, das gemeinsame Immobilienvermögen massiv unterbewertet zu haben: etwa das Herrenhaus der Familie von Montretout in Saint-Cloud (Hauts-de-Seine). Die Staatsanwaltschaft für Finanzdelikte führt seit Januar 2016 eine Voruntersuchung durch.

Diese Affäre könnte mit bis zu drei Jahren Haft, 45.000 Euro Bußgeld sowie einer Nichtwählbarkeit von zehn Jahren bestraft werden. Und das, obwohl Marine Le Pen in ihrer Vermögenserklärung zuletzt einen leicht erhöhten Wert der fraglichen Güter angegeben hat.

Indem sie im April ihre Auszeit von der Präsidentschaft des Front National ankündigte, wollte die Kandidatin Marine Le Pen Abstand gewinnen. Doch die Vergangenheit hat sie eingeholt.

Übersetzung: Barbara Oertel

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7 Kommentare

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  • Also wenn Le Pen schon vor den Präsidentschaftswahlen belastet ist, was für krimminelle Sachen würde sie erst unternehmen wenn sie französische Präsidentin wäre. Nicht auszudenken was da in Frankreich und dann in Europa alles passieren könnte.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Den Wählern kümmert das wenig Und Die juristische Zeit ist lang. Das Risiko ist, dass die FN bei den Parlamentswahlen die meisten Stimmen holt, aber aufgrund des Mehrheitswahlrechts mit Stichwahl proportionnel weniger Parlamentssitze bekommt. Dann kann sie die Aufmerksamkeit auf diesen demokratischen Missstand ziehen und eine Wahlrechtsänderung für Neuwahlen verlangen, zumal Macron diese Wahlrechtsveränderung versprochen hat, die auch in seinem Interesse liegt.

  • Le Pen und all die anderen Rassisten werden die Welt einmal mehr in Schutt und Asche legen.

    • @amigo:

      Für Millionen Flüchtlinge in Libyen, Syrien, Afghanistan, sonstwo, liegt die Welt in Schutt und Asche.

       

      Für die ändert sich durch "Le Pen und all die anderen Rassisten" allenfalls, dass die Illusion von Hilfe wegfällt, weil das verlogene Geschwafel von "Fluchtursachen beseitigen" wegfällt.

    • @amigo:

      "Die Partei wird verdächtigt, im großen Stil öffentliche Mittel gestohlen zu haben."

       

      Ist das nicht der Standard bei allen Parteien?

       

      Wenn Mittel pauschal zur Verfügung gestellt werden, ist es ein offenbar natürliches Verhalten, diese Pauschale dann voll auszunutzen. Und dies unter Minimierung des Mitteleinsatzes.

       

      Das zeigt sich bei Fillons Ehefrau und bei Schulzens Kilometergeld- Mitarbeiter.

       

      Das System der Pauschalen ist krank und macht Abgeordnete abhängig und erpressbar. Die Mitarbeiter-Pauschalen müssen weg und die Diäten müssen entsprechend erhöht. werden.

  • Naiv wer glaubt, dass das irgendeinen Le Pen Wähler kratzt. Im Gegenteil, die dürften stolz darauf verweisen, man hole sich das von der EU eingesackte Geld für die 'Nationale Politik' Marines zurück. Solche Skandale haben Rechte und ihre Wähler noch nie ge- und bekümmert.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Philippe Ressing:

      Naja, es reicht schon, wenn sie im Bau verschwindet und/oder für einige Jahre das passive Wahlrecht verliert.