Freigelassener Kreml-Gegner: Chodorkowski trifft Familie in Berlin
Michail Chodorkowski hat seinen Sohn bereits gesehen, nun sind die Eltern des Kreml-Kritikers in Deutschland gelandet. Für Sonntag ist eine Pressekonferenz angekündigt.
BERLIN/ MOSKAU dpa/afp/rtr | Der begnadigte und freigelassene Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski hat in Berlin seinen ältesten Sohn Pawel getroffen. "Der älteste Sohn von Michail Borissowitsch, Pawel, hat seinen Papa schon getroffen. Sie sind jetzt in Berlin zusammen", sagte Chodorkowskis Sprecherin Olga Pispanen dem russischen Rundfunksender Moskauer Echo am Samstag. Den genauen Zeitpunkt des Wiedersehens nannte sie nicht. Pawel lebt in New York.
Die Eltern sind am Samstag in Berlin eingetroffen. Seine Mutter Marina und sein Vater Boris landeten an Bord einer Linienmaschine aus Moskau, wie ein Sprecher der Familie der dpa mitteilte. Noch an diesem Samstag will sich die Familie wiedersehen.
Am Sonntag will sich Chodorkowski dann zu seinen Zukunftsplänen äußern. Der 50-Jährige lud für Sonntagmittag zu einer Pressekonferenz ein, wie ein Sprecher der dpa mitteilte.
Die USA haben die Freilassung Chodorkowskis begrüßt. Außenminister John Kerry rief Russland allerdings zugleich dazu auf, mehr für die Beachtung der Menschenrechte zu tun. Dazu müssten Reformen vorangebracht werden, die ein „transparentes, unabhängiges und verlässliches Rechtssystem“ garantieren, erklärte Kerry am Samstag (MEZ).
Unterdessen hat Chodorkowski will sich für andere Gefangene in seinem Land einsetzen. „Es gibt noch viel zu tun, die Freilassung der Geiseln, die noch im Gefängnis sind, vor allem Platon Lebedew“, sagte Chodorkowski der kremlkritischen Zeitschrift The New Times in Moskau, für die er als Autor schreibt. Lebedew war Geschäftspartner des einstigen Ölmilliardärs.
„Er ist frei, nach Russland zurückzukehren“
Nach Angaben des Kreml kann Chodorkowski jederzeit das Recht, nach Russland zurückzukehren. „Er ist frei, nach Russland zurückzukehren. Absolut“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag. Peskow machte keine Angaben zu möglichen Bedingungen für die Freilassung. Auch äußerte er sich nicht dazu, ob Chodorkowski in seiner Heimat wieder politisch aktiv werden darf.
Der 50-jährige Kreml-Kritiker habe vor seiner Begnadigung zwei Briefe an Putin geschrieben, sagte Peskow: einen kurzen offiziellen und einen weiteren, langen und persönlicheren. Weitere Einzelheiten nannte Putins Sprecher nicht.
Chodorkowski war am Freitagmorgen nach mehr als zehn Jahren in Haft überraschend vom russischen Präsidenten Wladimir Putin begnadigt und aus dem Straflager entlassen worden. Anschließend flog er nach Berlin, wo er am Flughafen Schönefeld vom früheren Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) empfangen wurde. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bekam er ein Visum für ein Jahr.
Genscher hatte sich mit Unterstützung der Bundesregierung im Stillen bei Putin für die Freilassung Chodorkowskis eingesetzt. Der frühere Ölmagnat und Chef des inzwischen zerschlagenen russischen Öl-Konzerns Yukos war 2003 festgenommen und 2005 und 2010 in zwei umstrittenen Prozessen gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Platon Lebedew zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten