Freie Wähler umwerben Impfgegner: Aiwangers Ruhm ist Söders Dilemma

Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler in Bayern, präsentiert sich als Impfskeptiker. Reicht es mit dieser Strategie am Ende gar für den Bundestag?

Hubert Aiwanger bei einer Hauptalmbegehung

Hubert Aiwanger, der Impfskeptiker, bei einer Hauptalmbegehung in Oberbayern Foto: Peter Kneffel/dpa

MÜNCHEN taz | Anfangs erschien es als Marotte. Der mitunter schrullig wirkende Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler (FW) und bayerischer Wirtschaftsminister, will sich nicht impfen lassen. Nun, nach drei Wochen Schlagabtausch, hat sich Aiwanger auch außerhalb von Bayern einen Namen gemacht. Mit seinen vielen Interviews zum Thema Corona ist er zum bekanntesten Impfskeptiker unter (deutschen) Politikern geworden. Dank Aiwanger könnten die Freien Wähler bei der Bundestagswahl im September gar die Fünf-Prozent-Hürde meistern. Laut Umfragen stehen sie derzeit bei um die drei Prozent.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft Aiwanger deshalb vor, „sich bei rechten Gruppen und Querdenkern anbiedern“ zu wollen, was Aiwanger bestreitet. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft in Bayern (BVMW) kritisiert, der Minister habe es „im Widerspruch zu allen wissenschaftlichen Erkenntnissen“ auf die „Zielgruppe der Impfgegner und -skeptiker“ abgesehen. Dies schade der Wirtschaft.

In Bayern koalieren CSU und FW, sie nennen ihr Bündnis „Schwarz-Orange“. Zwar stellt sich Aiwanger schon seit Langem quer zur bayerischen (und bundesdeutschen) Coronapolitik. Einfach entlassen will Söder ihn offenbar aber nicht. Erstens: Die Suche nach einem neuen Koalitionspartner – möglich wären die Grünen oder die SPD – käme zur Unzeit. In sieben Wochen ist Bundestagswahl. Und zweitens, damit zusammenhängend: Aiwanger zu feuern könnte die CSU auch Stimmen kosten.

Allerdings wächst der Druck auf Söder, in Sachen Aiwanger zu handeln – auch aus der CSU. So stellte Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer in einem Interview bezüglich Aiwanger infrage, „ob er stellvertretender Ministerpräsident bleiben kann“. Nach der Landtagswahl im Herbst 2018 erschienen die FW der CSU als deutlich zahmerer Partner im Vergleich zu den Grünen, mit denen es immerhin auch ein Sondierungsgespräch gegeben hatte.

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Aiwanger hat in den letzten Wochen unter anderem von einer angeblichen „Jagd auf Ungeimpfte“ gesprochen, sich gegen eine „Einheitsspritze für alle“ gewandt und kritisiert, dass die „Minderheit in eine Richtung frisiert“ werde. Das „politische Establishment“ dränge ihn „als Werbeträger“ zur Impfung.

Kann er mit solchen Meinungen bei der Bundestagswahl punkten? Oder wendet sich die konservativ-ländliche Stammwählerschaft erschrocken ab? Die FW waren einst gegründet worden, um sich als bürgerliche Kraft gegen die allmächtige CSU-Dominanz mit all ihren Amigo-Affären zu stellen.

Markus Söder betont unablässig, dass die FW im Bund „null“ Bedeutung hätten. Wer sie wähle, mache eine „zufällige“ Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP wahrscheinlicher. Der CSU-Chef warnt auch vor einer „Zersplitterung im bürgerlichen Lager“, zu dem er die Freien Wähler rechnet. Deren Stimmen würden vor allem der Union fehlen.

Bei den FW ist Aiwanger zwar die dominierende Person. Doch der Widerstand gegen seinen Kurs wächst. Die Fraktion hält noch weitgehend still, die Basis an manchen Orten nicht mehr. So rügt etwa die FW-Fraktion im Starnberger Kreistag: Aiwangers „abenteuerliche Argumentation“ entspreche „nicht der Identität der Freien Wähler“.

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