Frauenrecht in Spanien: Menstruation ist kein Urlaub
Was in Spanien an Gesetzgebung auf dem Weg gebracht wird, ist ein Gamechanger: Weibliche Gesundheit gehört mitten ins öffentliche Bewusstsein.
D rei bis fünf Krankentage pro Monat bei Menstruationsbeschwerden, kostenfreie Tampons und Binden in Bildungseinrichtungen und Gefängnissen, Schwangerschaftsabbrüche auch ab dem Alter von 16 Jahren ohne Zustimmung der Eltern und Mutterschutz ab der 39. Woche: All das sieht ein Gesetz vor, das das spanische Kabinett am Dienstag verabschiedet hat. Das Parlament muss noch zustimmen.
Aufmerksamkeit bekommen derzeit zumindest in der deutschen Öffentlichkeit vor allem die Krankentage, die auch in Spanien umstritten sind: Führt „Menstruationsurlaub“ dazu, dass Frauen schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben? Die eigene Gesundheit aufgrund dieser Befürchtung zu opfern ist die seit Langem von vielen praktizierte, aber denkbar schlechteste Lösung. Von „Urlaub“ zu sprechen ist schlicht Ignoranz: Es ist höchste Zeit, dass sich Frauen mit teils immensen Schmerzen offiziell nicht mehr zur Arbeit schleppen müssen.
Ein Gamechanger ist zudem, dass Spanien zusammendenkt, was zusammengehört: Menstruation, Verhütung, Abbrüche und Mutterschutz sind Teil der Gesundheit von Menschen, die schwanger werden können. Währenddessen sind im deutschen Diskurs sogenannte reproduktive Rechte noch längst nicht angekommen, geschweige denn umfassend gewährt.
Ihr Sinn ist es, den Alltag von Menschen, die Kinder bekommen können, angemessen zu gestalten: auf eine Art und Weise also, die es ermöglicht, eigenständig zu entscheiden, ob und wann und wie viele Kinder sie bekommen wollen oder eben nicht, Kinder unter sicheren Bedingungen aufzuziehen und bei alldem nicht Gefahr zu laufen, vermeidbare Schmerzen zu erleiden oder zu sterben, zum Beispiel aufgrund illegaler Abbrüche.
Was Spanien auf den Weg bringt, ist ein wichtiger Kontrapunkt zu den USA, wo Frauen gerade Gefahr laufen, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch nach einem halben Jahrhundert zu verlieren. Nichts ist je endgültig gesichert. Umso mehr muss das Ziel sein, reproduktive Rechte – Menschenrechte – abzusichern. Spanien könnte dabei mit gutem Beispiel vorangehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe