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Französischer GewerkschaftsführerAsterix von CGT

Philippe Martinez kämpft gegen die Arbeitsmarktreform der Regierung. Er versteht es, seinen proletarischen Look als Trumpf einzusetzen.

Philippe Martinez auf einem CGT-Kongress in Marseille Foto: reuters

Philippe Martinez ist der Vorsitzende der größten und ältesten Gewerkschaft Frankreichs, der vor 120 Jahren gegründeten Confédération générale du travail (CGT). Derzeit gilt er vielen als Staatsfeind Nummer eins – wegen seiner führenden Rolle im Kampf gegen die Arbeitsmarktreform der Regierung von Premierminister Manuel Valls.

Der konservative Figaro porträtiert diesen Drahtzieher der Streiks und Straßenblockaden als „den Mann, der Frankreich in die Knie zwingen will“. Andere Medien beschreiben den Konflikt als persönlichen Hahnenkampf zwischen Valls und Martinez.

Der 55-jährige ehemalige Renault-Arbeiter hat sich im Verlauf des eskalierenden Konflikts nicht nur als kompromissloser Gegner der Regierungspolitik erwiesen, sondern auch als geschickter Taktiker, der es verstanden hat, mit relativ beschränkten Mitteln den Druck auf die Staatsführung in kürzester Zeit auf ein Maximum zu erhöhen. Seine Kritiker werfen ihm vor, er sei in Wirklichkeit nur aus Schwäche so radikal. Valls und Hollande haben ihn aber zweifellos unterschätzt.

Denn er war eigentlich fast per Zufall, als Lückenbüßer, 2015 an die Spitze der CGT gewählt worden, weil sein Vorgänger wegen der Luxusrenovierung seiner Dienstwohnung abtreten musste. Schnell hat sich Martinez einen Namen gemacht, indem er den Verband, der seit Jahren an Einfluss einbüßt, auf einen kompromisslosen Kurs der Verteidigung aller gewerkschaftlichen Errungenschaften der Vergangenheit brachte.

Proletarischer Look als Trumpf

Inzwischen weiß man, dass Martinez Charisma hat. Wegen seines Schnurrbarts wird er mit Asterix oder mit dem Bauernrebell José Bové verglichen. Er versteht es, seinen proletarischen Look als Trumpf einzusetzen. Er wohnt in einem Vorort und fährt einen alten Gebrauchtwagen. Politisch und gewerkschaftlich engagiert ist er seit seiner Jugend im Pariser Vorort Rueil-Malmaison.

Warum Martinez 2002 aus dem Kommunistischen Partei ausgetreten ist, will er nicht sagen. Kein Geheimnis aber ist es, dass er ein großer Fan des FC Barcelona ist – wie Valls, der wie er spanische Wurzeln hat. Die beiden Amigos wären eigentlich fast prädestiniert, sich bestens zu verstehen.

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5 Kommentare

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  • Das aktuelle Beispiel aus Frankreich zeigt, dass in Deutschland aus gutem Grund "politische" Streiks untersagt sind.

    • @DiMa:

      @DIMA - Da hast Du natürlich Recht: Es gäbe verdammt viele und gute Gründe für politische Streiks, auch auf unserer Seite des Rheins! Deshalb sind sie ja auch verboten.

      Sind sie das wirklich? Wo steht eigentlich, dass es politisch motivierte Streiks in Deutschland nicht geben darf ? Klar: natürlich in der FAZ und der BILD, der Welt und...

      Kann es sein, dass hier einfach ein konservatives Tabu als Quasi-Gesetz gehandelt wird - und alle fallen darauf rein ?!?

    • @DiMa:

      Wenn die „bösen“ und ungehorsamen Franzosen vor 227 Jahren ihre Revolution nicht durchgezogen hätten, würden nicht nur wir Deutsche vermutlich immer noch von Menschenrechten träumen.

       

      Vive la France, vive la grève politique…..

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @DiMa:

      Das aktuelle Beispiel zeigt, dass die französischen Arbeiterinnen und Arbeiter nicht so lasch sind wie ihre deutschen Genossen.

       

      Die französische Agenda 2010 wird sich nicht so locker durchsetzen lassen wie die deutsche.

       

      Wir wissen heute ja was das bedeutet. Der größte Niedriglohnsektor in Westeuropa und der niedrigste Mindestlohn. Danke SPD.

  • Auch wir Deutschen hatten einen Staatsfeind Nummer eins, so wurde das uns „dummen“ Bürgern jedenfalls von den Springer Medien eingeflößt. Es handelt sich um den GDL Chef Claus Weselsky.

     

    Dann hat sich die SPD um die Interessen der Arbeitnehmer gekümmert und das sog. „Streikverbotsgesetz“ (GDL) Gesetz werden lassen. Seitdem hört man bei uns im Lande nichts mehr von solchen „Staatsfeinden“ und „Drahtziehern von Streiks“

     

    Hätten die Franzosen Gewerkschaftsfunktionäre wie bei uns in Deutschland, dann hätten sie auch keine Probleme mit sog. „Staatsfeinden“ und „Drahtziehern von Streiks“

     

    „Inzwischen weiß man, dass Gewerkschaftsboss Martinez Charisma hat.“ Was das auch immer bedeuten soll.