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Frankreich übernimmt EU-RatsvorsitzDer dreifache Macron

Frankreichs Präsident hat ambitionierte Pläne für den EU-Ratsvorsitz seines Landes. Aber die Innenpolitik könnte ihn bremsen.

Emmanuel Macron hält die Neujahrsansprache Foto: Christian Hartmann/Reuters

PARIS taz | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron müsste sich ab dem 1. Januar verdreifachen können. Denn er soll in den ersten sechs Monaten des beginnenden Jahres drei Hauptrollen auf einmal übernehmen: Staatspräsident, (mutmaßlicher) Kandidat für seine Wiederwahl im April und Vorsitzender des EU-Rates im ersten Halbjahr.

Und von jeder der Aufgaben hängt zudem das Gelingen der anderen ab. Die Periode bis Ende Juni verheißt somit auf den ersten Blick eine schwierige Agenda, für die auch die gern zur Schau gestellte Dynamik und Selbstsicherheit des französischen Staatschefs allein nicht ausreichen dürften.

In der ersten Hälfte des Wahljahrs 2022 wird Frankreich turnusgemäß den Vorsitz des EU-Rates übernehmen. Seit seiner programmatischen Ansprache in der Sorbonne-Universität im September 2017 weiß man, dass Macron für die EU Großes vorhat: Als „Initiative für ein souveränes, geeintes und demokratisches Europa“ hat Macron damals seine Vision vorgestellt.

Obschon seine ehrgeizigen Pläne dann wegen des Brexit und vor allem bremsender Realpolitik weitgehend auf seinem Schreibtisch liegen blieben, hält er an seinen Zielen fest. Dies hat er am 9. Dezember in einer Pressekonferenz zum Programm seiner EU-Präsidentschaft betont.

Reform des Schengen-Abkommens

Auch wenn er weiß, dass der Handlungsspielraum bei diesem Vorsitz beschränkt ist, wünscht er sich nichts Geringeres als eine Reform des Schengen-Abkommens, eine Revision der Maastricht-Kriterien, eine verstärkte industrielle Unabhängigkeit Europas und auch mehr Souveränität in der Verteidigung, sowie eine Partnerschaft mit Afrika, plus, plus.

Das allein wäre schon viel. Auf seiner europapolitischen Pressekonferenz hat Macron aber auch versprochen, er werde „bis zur letzten Minute“ seine Aufgabe als französischer Staatspräsident erfüllen. Nur, wann findet er dann noch zusätzlich Zeit für eine Wahlkampagne?

Denn niemand in Frankreich bezweifelt ernsthaft, dass er an den Wahltagen am 10. und 24. April für eine Wiederwahl um weitere fünf Jahre antreten will. Alle Prognosen sagen ihm derzeit einen Sieg voraus – sei es gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Rassemblement National oder die Kandidatin der Konservativen, Valérie Pécresse.

Die Medienaufsicht CSA muss nun, zur Wahrung der Ausgewogenheit und der Chancengleichheit der Kandidaten, mit der Stoppuhr bei Macrons Auftritten am Fernsehen notieren, wann er als Präsident, wann für den EU-Vorsitz oder als Kandidat spricht.

Wer drei Aufgaben gleichzeitig zu erledigen hat, wird ohnehin unweigerlich die drei Rollen immer wieder mal vermischen. Allerdings ist es, wie die letzten Wahlen gezeigt haben, nicht besonders erfolgversprechend, mit der Europa-Politik in den französischen Wahlkampf zu gehen. Vor allem Le Pen musste dies konstatieren, als sie mit einem „Frexit“ punkten wollte, also einem EU-Austritt Frankreichs, dann aber nicht in der Lage war zu erklären, ob sie nun den Euro als Währung behalten wolle oder nicht.

So oder so wünschen anscheinend die Franzosen und Französinnen, dass sich ihr amtierender Präsident und auch der zukünftige primär um ihre nationalen Sorgen und Anliegen kümmert. In den Umfragen zu den Themen, welche die Bür­ge­r*in­nen in Hinblick auf die Wahl im April am meisten interessieren, kommt die EU-Politik weit hinten.

Krieg oder Zickzackkurs?

Sicher hängen die innenpolitischen Prioritäten, die Macron setzen möchte, auch vom weiteren Verlauf der Coronapandemie und vom Erfolg der Impf- und Präventionskampagne ab. Ganz zu Beginn hatte der französische Präsident der Pandemie den „Krieg“ erklärt, in diesem blieben aber dann die erhofften schnellen Erfolge aus, stattdessen wurde der Zickzackkurs seiner Regierung hart kritisiert.

Der Popularität des Staatschefs, der sich nach wie vor eines treuen Sockels von mehr als 30 Prozent Beliebtheit erfreut, war dies nicht sehr abträglich. Abgesehen von eher marginalen Kandidaten, die auf die Proteste der Impfpassgegner setzen, möchte bisher niemand ernsthaft mit der Pandemie Wahlpolitik betreiben. Trotz diverser Ängste in der Bevölkerung und Kritiken dürfte Macron diese Frage weder sehr schaden noch nützen.

Wirklich aufatmen kann er erst Ende Juni – falls für ihn bis dahin alles ohne große Patzer gut gegangen ist und sein „Vertrag“, eine weitere Amtszeit samt einer Mehrheit in der Nationalversammlung, verlängert wurde.

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