Fossiler Strom: Regierung fördert Gaskraftwerke
Die Ampel hat sich auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt. Klimaschützer*innen kritisieren, es gebe zu viele offene Fragen beim Ausstieg.
![Das neue Heizkraftwerk Süd in Leipzig. Das neue Heizkraftwerk Süd in Leipzig.](https://taz.de/picture/6809725/14/0386-1.jpeg)
Gemeint sind: Gaskraftwerke. Sie sollen die Brücke bilden zwischen der fossilen und der erneuerbaren Welt. Dabei ist Erdgas natürlich auch ein fossiler Kraftstoff. Je nachdem, wie es gefördert und transportiert wird, ist es nicht einmal klimafreundlicher als Kohle. Aber Gaskraftwerke sind weniger schwerfällig als ihre kohlebetriebenen Äquivalente. Man kann sie kurzfristig anschalten, um eine flüchtige Flaute bei den erneuerbaren Energien auszugleichen, und dann schnell wieder abstellen.
Kurzfristig will die Regierung eine Ausschreibung für bis zu vier Anlagen mit insgesamt zehn Gigawatt Leistung ausschreiben. Diese sollen „H2-ready“ sein, also auf den späteren Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt.
Wann der Umstieg stattfinden muss, steht noch nicht fest, das soll sich 2032 entscheiden. Der Zeitpunkt solle aber zwischen 2035 und 2040 liegen. Das beißt sich potenziell damit, dass das Stromsystem schon 2035 CO2-frei sein soll, zehn Jahre vor dem Rest des Energiesystems.
„Konjunkturprogramm für die Gaslobby“
Auch ob der Umstieg auf Wasserstoff überhaupt CO2-Freiheit gewährleisten würde, ist unklar. Wasserstoff lässt sich auf verschiedene Weise herstellen. Klimaneutral ist er nur, wenn das auf Basis von Ökostrom passiert. Darauf legt sich die Bundesregierung aber bisher nicht fest. Überhaupt ist nicht definiert, was „H2-ready“ bedeutet.
Klimaschützer*innen sind wegen dieser Unklarheiten in Sorge. „Das Konjunkturprogramm für die Gaslobby geht weiter“, sagte Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe am Montag. Auch die Finanzierung aus dem Klima- und Transformationsfonds stehe auf wackligen Beinen, kritisiert er. Der Fonds steht im Zentrum der aktuellen Haushaltskrise.
Das Geld für die Kraftwerksstrategie soll nun genau daraus kommen. Sie ist allerdings langfristig angelegt. Es geht um die kommenden zwei Jahrzehnte. In diesem Zeitraum sollen insgesamt 16 Milliarden Euro fließen, war aus Regierungskreisen zu hören. Auf den ersten Teil können sich Energiekonzerne im Rahmen der angekündigten Ausschreibungen bewerben.
Ein Termin steht dafür noch nicht fest, erst muss die EU-Kommission die staatlichen Beihilfen noch akzeptieren. Die Regierung spricht von „kurzfristig“. Wenn die Kraftwerke zum von der Ampelkoalition anvisierten Kohleausstieg 2030 bereitstehen sollen, muss das auch sein. Schließlich ist von einer mehrjährigen Bauzeit auszugehen.
Perspektivisch soll der Strommarkt über einen Kapazitätsmechanismus laufen. Das heißt: Betreiber werden nicht einfach für die Menge an Strom bezahlt, die sie verkaufen, sondern dafür, dass sie Kraftwerkskapazitäten bereithalten – selbst wenn die Anlagen letztlich nicht gebraucht werden. Genaueres will die Regierung bis zum Sommer klären.
Der weitgehend verstaatlichte Energiekonzern Uniper ist zufrieden. „Wir sind sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Kraftwerksstrategie geeinigt hat“, sagte Unternehmenschef Chef Michael Lewis. „Sobald wir die Details prüfen konnten, werden wir entscheiden, ob und mit welchen Investitionen wir uns beteiligen.“
Die Energieökonomin Claudia Kemfert sieht die Förderpläne hingegen kritisch. „Der Kohleausstieg wäre auch ohne einen subventionierten Zubau von Gaskraftwerken möglich“, sagte sie. Die Klima-Expertin würde die bisher erwartete Lücke beim Strom lieber anders schließen: „Der Markt braucht mehr Flexibilität in Form von einem digitalen Energie- und Lastmanagement, einem Ausbau von dezentralen Verteilnetzen und dem Zubau von Speicher.“
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