Fossile Energie: Umwelthilfe hält Reiches Gaskraft-Pläne für rechtswidrig
Die Wirtschaftsministerin will viel mehr Gaskraftwerke. Ein Gutachten zeigt, dass das womöglich nicht vereinbar ist mit dem EU-Beihilferecht.

„Ein tatsächliches Marktversagen, das eine derart massive staatliche Förderung rechtfertigen würde, ist nicht belegt“, heißt es laut DUH in dem Gutachten der auf Wettbewerbsrecht spezialisierten Kanzlei K&L Gates. Reiches Vorhaben gefährde den Wettbewerb zulasten klimafreundlicher Alternativen. „Die Maßnahme erfüllt zentrale EU-Vorgaben nicht hinreichend, insbesondere hinsichtlich Notwendigkeit, Eignung, Technologieoffenheit, Verhältnismäßigkeit und Transparenz“, erklärte die Umwelthinfe weiter.
„Wirtschaftsministerin Reiche darf sich nicht über geltendes EU-Recht hinwegsetzen“, warnte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Ihre Pläne für den Bau neuer Gaskraftwerke seien „völlig aus der Zeit gefallen“.
Statt Milliarden in neue fossile Anlagen zu investieren, müssten „erneuerbare Energien, Flexibilität und Speicher Vorrang genießen“. Müller-Kraenner forderte die EU-Kommission auf, „die Pläne der Bundesregierung zum Neubau von Gaskraftwerken kritisch auf ihre Vereinbarkeit mit den EU-Klimazielen sowie beihilferechtliche Genehmigungsfähigkeit zu prüfen“.
Reiche missinterpretiert Netzagentur-Bericht
Reiche plant bis 2030 den Bau neuer Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von mindestens 20 und bis zu 36 Gigawatt. Sie sollen einspringen können, wenn Wind- und Solarstrom in sogenannten Dunkelflauten nicht hinreichend zur Verfügung steht. Da die Kraftwerke nur begrenzte Betriebszeiten haben sollen, benötigen sie für einen wirtschaftlichen Betrieb staatliche Fördermittel.
Reiches obere Marke von 36 Gigawatt kommt nicht aus dem Nichts. Sie bezieht sich auf einen Bericht der Bundesnetzagentur. In dem steht allerdings gar nicht, dass Deutschland unbedingt neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von bis zu 36 Gigawatt braucht. Er attestiert einen „Zubaubedarf an steuerbaren Kapazitäten“ zwischen 22,4 und 35,5 Gigawatt.
Das können aber neben Gaskraftwerken auch Stromspeicher wie Großbatterien sein, die Strom aufnehmen, wenn Sonne und Wind gerade mehr liefern als Deutschland verbraucht – sodass er bei Bedarf flexibel zur Verfügung steht.
Auch der frühere Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich für den Bau neuer Gaskraftwerke ausgesprochen, allerdings nur mit einer Leistung von 12,5 Gigawatt. Hier war bereits das nötig grüne Licht der EU-Kommission ein Knackpunkt.
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