Forschung über Erderhitzung: Was uns Mammut-DNA erzählt
In Grönland haben Forscher:innen über zwei Millionen Jahre alte DNA gefunden. Der Rekordfund liefert Einblicke in ein einzigartiges Ökosystem.

Pearyland, im Norden Grönlands, ist ein sehr kalter Ort, eine sogenannte Polarwüste, in der nur hochspezialisierte Arten überleben können. Vor 2,4 Millionen Jahren sah das anders aus: Pearyland war im frühen Pleistozän, dem Erdzeitalter vor dem jetzigen Holozän, wahrscheinlich etwa 10 Grad wärmer als heute. Was bedeutete das für die dort lebenden Tiere und Pflanzen? Bisher war das schwer zu beurteilen, da fast nur Baum- und Insektenfossilien gefunden wurden. Spuren von Gräsern, Blumen oder Wirbeltieren fehlten.
Die Studie
Das hat sich jetzt geändert. Am Kap Kopenhagen in Pearyland hat ein Team internationaler Wissenschaftler*innen in verschiedenen Sedimenten DNA gefunden, die ungefähr 2,4 Millionen Jahre alt ist – ein neuer Rekord. Die älteste bislang bekannte Probe ist 1,7 Millionen Jahre alt. DNA zerfällt zwar mit der Zeit, aber in bestimmten Mineralien wie Quarz kann sich DNA ablagern. Die Ergebnisse der DNA-Analyse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Die am Kap Kopenhagen gefundene DNA ist wahrscheinlich aus verschiedenen Regionen Pearylands dorthin getragen worden. Die Proben stammen mit hoher Sicherheit aus dem frühen Pleistozän und entstanden innerhalb einer Spanne von 20.000 Jahren. Aus ihnen lässt sich schließen, wie das Pearylander Ökosystem vor 2,4 Millionen Jahren ausgesehen hat.
Einige DNA-Proben konnten die Wissenschaftler*innen Wassertieren und -pflanzen zuordnen. Die Nachfahren dieser Arten kommen heute in weit wärmeren Gewässern vor. Die Wassertemperatur in Pearlyland muss daher mindestens 8 Grad höher gewesen sein als heute. Die Forscher*innen fanden außerdem grüne Mikroalgen, die sich aktuell wieder weiter nach Norden ausdehnen. Die meisten der an Land gefundenen Pflanzen kommen heute nicht mehr am Kap vor, sondern im südlichen Grönland oder nördlichen Nordamerika.
Der überraschendste Fund ist aber, dass in Pearyland Mammuts gelebt haben. Daher muss die Region grüner und vielfältiger gewesen sein als bisher angenommen. Denn Mammuts und die ebenfalls gefundenen Rentiere und Hasen fressen viele Pflanzen. Deshalb vermuten die Forscher*innen, dass die Temperaturen damals noch höher waren.
Anhand so alter DNA herauszufinden, wie Ökosysteme vor Millionen Jahren aussahen, ist für die Forschung ein großer Erfolg. Außerdem lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, wie die Erderhitzung die nördlichen Regionen der Erde verändern wird. Im frühen Pleistozän hatten die Tiere und Pflanzen allerdings Millionen Jahre Zeit, um sich an die Klimaveränderung anzupassen oder nach Süden zu wandern. Diese Zeit haben die heute in Pearyland lebenden Arten nicht: Die Arktis ist einer der sich am schnellsten erhitzenden Orte der Erde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator