Forscher zu Mobilfunkstrahlung: „Ich war durchaus überrascht“
Eine Studie von Alexander Lerchl zeigt, dass Strahlung Tumore bei Mäusen schneller wachsen lässt. Dass Mobilfunkfelder Krebs verursachen können, glaubt er trotzdem nicht.
taz: Herr Lerchl, telefonieren Sie viel mit dem Handy?
Alexander Lerchl: Nicht besonders. Aber ich reguliere das auch nicht bewusst, ich telefoniere generell nicht besonders viel.
Schalten Sie das Handy nachts ab?
Nein, da ist es im Stand-by-Modus. Mobiltelefone senden ohnehin nur alle paar Stunden ein Signal. Das heißt, wenn es nicht genutzt wird, geht auch keine weitere Strahlung davon aus.
Hätten Sie denn Probleme damit, in die Nähe eines Handymasten zu ziehen?
Dazu habe ich mir noch nie weiter Gedanken gemacht, aber ich sehe das auch jetzt aufgrund meiner Studie nicht weiter kritisch.
In Ihrer Studie hat Strahlung bei Mäusen dazu geführt, dass Tumore schneller wachsen. Lassen sich solche Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragen?
Das kann niemand beantworten. In welcher Weise das beim Menschen trägt und zur Erklärung welcher Befunde beitragen kann, lässt sich nicht sagen. Da kommen wir an eine generelle Einschränkung von Tierversuchen, nämlich an die Frage, inwieweit die Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragbar sind. Theoretisch ist es vorstellbar, den Beweis kann ich aber nicht erbringen.
55, studierte Biologie in Marburg und Göttingen und forscht an der Jacobs University Bremen zu den Themen Chronobiologie, Physiologie und der Wirkung elektromagnetischer Felder.
Waren Sie überrascht von dem Ergebnis Ihrer Studie?
Durchaus. Es gab bereits eine andere Studie aus Hannover dazu. Unsere lief als Wiederholungsstudie. Ich hätte aber nicht gedacht, dass wir die Ergebnisse reproduzieren können.
Bisher waren Sie nicht überzeugt davon, dass von elektromagnetischer Strahlung eine Gefahr ausgeht. Sehen sie das jetzt anders?
Das kommt darauf an. Die These, dass Mobilfunkfelder Krebs verursachen können, teile ich nach wie vor nicht. Dagegen sprechen zahlreiche Befunde. Erst kürzlich hat die Europäische Kommission dies bestätigt. Das ist derzeit Stand der Dinge. Dass Tumore unter Strahlung, zumindest bei Mäusen, schneller wachsen, ist eine neue Erkenntnis. Allerdings sehe ich bis jetzt nicht, dass dies eine Gefahr für den Menschen zeigt. Was man sich in diesem Zusammenhang immer wieder vor Augen halten sollte, ist, dass die Krebshäufigkeit nicht zugenommen hat. Wenn Mobilfunkstrahlen Krebs verursachen würden, dann müsste man das daran sehen können.
Elektrosmog wird seit jeher für die unterschiedlichsten Leiden von Kopfschmerzen bis hin zu psychischen Störungen verantwortlich gemacht. Ist das also alles bloß Esoterik?
Naja, die Beschwerden gibt es. Nur haben sie eben mit den Strahlen nichts zu tun. Viele Menschen führen ihr Leiden auf Strahlen zurück. Bei genauerer Untersuchung stellt man jedoch immer wieder fest, dass es da keinen Zusammenhang gibt. Bestes Beispiel hierfür sind die sogenannten Elektrosensiblen, die von sich behaupten, sie könnten solche Strahlen spüren. Unter Laborbedingungen konnte bis heute keine Studie etwas derartiges nachweisen. Viele Leute fühlen sich damit dann vor den Kopf gestoßen, aber naturwissenschaftlich lässt sich dieser Zusammenhang nun mal ausschließen.
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