Förderprogramm für sozialen Wohnungsbau: Umverteilung im großen Stil
Mit 1,5 Milliarden Förderung will der schwarz-rote Senat private Investoren zum Bau von sozialen Wohnraum bringen. Das ist der falsche Weg. Man sollte mehr Wien wagen.
B ei der Debatte um den Bedarf an Sozialwohnungen gerät eines schnell aus dem Blick: Noch immer verlieren mehr alte Sozialwohnungen ihre Mietpreisbindung, als dass neue gebaut werden. Weil praktisch nur noch kommunale Bauunternehmen die Förderprogramme nutzen und sozialen Wohnraum schaffen, will der schwarz-rote Senat nun die Förderung für sozialen Wohnungsbau ausweiten.
Das Ziel: Sozialen Wohnungsbau auch für private Investoren und Bauunternehmer wieder attraktiv machen. Der Anreiz: 1,5 Milliarden Euro Fördergelder. Investoren brauchen nur noch 20 Prozent Eigenkapital, den Rest gibt es zu günstigen Konditionen vom Staat. Und nach 30 Jahren dürfen sie dann auch wieder saftig die Miete erhöhen – Rendite garantiert.
Flankiert wird dieses Förderprogramm mit der Ausweitung dessen, was als sozialer Wohnungsbau gelten darf: Bald dürfen auch Menschen mit mittleren Einkommen einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragen, Sozialwohnungen können künftig in Berlin auch 11,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Und der Empfängerkreis für Wohngeld wurde bereits von der Ampel-Koalition im Bund ausgeweitet.
Das heißt nichts anderes: Am Ende zahlt der Staat die teuren Mieten in „Sozial“-Wohnungen für Menschen mit normalen Einkommen an Privatunternehmen – und damit an die Aktionär*innen der großen Wohnungsunternehmen. Im Grunde ist diese Politik nichts anderes als eine gewaltige Umverteilung: Der Staat will, koste es, was es wolle, dass private Investoren sozialen Wohnraum schaffen. Mit dem Ergebnis, dass nach 30 Jahren die geförderten Wohnungen wieder aus der Sozialbindung fallen – und die Preise anziehen. Womit wir wieder bei den gegenwärtigen Problemen wären.
Mehr Wien wagen
Ein Ende der Mietpreisexplosionen in den Innenstädten ist so nicht in Sicht, und auch Sozialwohnungen werden immer teurer – insbesondere zu Lasten derer, die auch vor der Ausweitung der WBS-Grenzen schon auf Sozialwohnungen angewiesen waren und es weiter sind. Der Lichtenberger SPD-Stadtrat Kevin Hönicke argumentiert, dass die Ausweitung des Berechtigtenkreis richtig sei, weil man auch Berufsgruppen wie Pädagogen an Kitas den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern müsse. Der Rest kann dann ja nach Spandau ziehen. Nicht, dass man am Ende noch funktionierende Mietpreisregulierungen einführen müsste.
Langfristige Wohnungspolitik müsste anders aussehen als die Förderung von Dax-Unternehmen: Warum leistet sich der Staat kein eigenes öffentliches Wohnungsbauprogramm, bei dem am Ende die Häuser tatsächlich auch Gemeingut sind und in staatlicher Hand bleiben. Dann könnten landeseigene Wohnungsunternehmen auch nach Ablauf einer Sozialbindung die Preise bestimmen oder gleich dauerhaft günstigen Wohnraum festschreiben. In Wien funktioniert das so seit 100 Jahren.
Alternative: Neue Wohnungsgemeinnützigkeit
Und wenn man unbedingt Privatunternehmen den roten Teppich ausrollen will, dann doch bitte mit einem Konzept, das länger hält als ein kurzsichtiges Flicken der ärgsten Not für 30 Jahre. Warum nicht etwa eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen? Damit wurde in der Nachkriegszeit die halbe Bundesrepublik wieder aufgebaut, bis Helmut Kohl sie 1989 abschaffte.
Es wäre höchste Zeit, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit wieder einzuführen: Dann könnten sich Unternehmen gemeinnützig nennen und Steuervorteile bekommen, wenn sie im Gegenzug eine Sozialbindung für immer festschreiben. Motto: „Einmal gefördert, immer gebunden“.
Ein Argument für eine Abkehr vom sozialen Wohnungsbau damals unter Kohl war übrigens, dass der Markt und private Investoren den Wohnungsmarkt besser bedienen könnten und eine stärkere Privatisierung und Deregulierung zu einer besseren Versorgung mit Wohnraum führen würde. Hat ja gut geklappt.
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