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Förderprogramm für sozialen WohnungsbauUmverteilung im großen Stil

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Mit 1,5 Milliarden Förderung will der schwarz-rote Senat private Investoren zum Bau von sozialen Wohnraum bringen. Das ist der falsche Weg. Man sollte mehr Wien wagen.

Wenn von Privaten gebaut wird, dann vorzugsweise teuer: In Berlin fehlt sozialer Wohnungsbau Foto: Gerald Matzka/dpa

B ei der Debatte um den Bedarf an Sozialwohnungen gerät eines schnell aus dem Blick: Noch immer verlieren mehr alte Sozialwohnungen ihre Mietpreisbindung, als dass neue gebaut werden. Weil praktisch nur noch kommunale Bauunternehmen die Förderprogramme nutzen und sozialen Wohnraum schaffen, will der schwarz-rote Senat nun die Förderung für sozialen Wohnungsbau ausweiten.

Das Ziel: Sozialen Wohnungsbau auch für private Investoren und Bauunternehmer wieder attraktiv machen. Der Anreiz: 1,5 Milliarden Euro Fördergelder. Investoren brauchen nur noch 20 Prozent Eigenkapital, den Rest gibt es zu günstigen Konditionen vom Staat. Und nach 30 Jahren dürfen sie dann auch wieder saftig die Miete erhöhen – Rendite garantiert.

Flankiert wird dieses Förderprogramm mit der Ausweitung dessen, was als sozialer Wohnungsbau gelten darf: Bald dürfen auch Menschen mit mittleren Einkommen einen Wohnberechtigungsschein (WBS) beantragen, Sozialwohnungen können künftig in Berlin auch 11,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Und der Empfängerkreis für Wohngeld wurde bereits von der Ampel-Koalition im Bund ausgeweitet.

Das heißt nichts anderes: Am Ende zahlt der Staat die teuren Mieten in „Sozial“-Wohnungen für Menschen mit normalen Einkommen an Privatunternehmen – und damit an die Ak­tio­nä­r*in­nen der großen Wohnungsunternehmen. Im Grunde ist diese Politik nichts anderes als eine gewaltige Umverteilung: Der Staat will, koste es, was es wolle, dass private Investoren sozialen Wohnraum schaffen. Mit dem Ergebnis, dass nach 30 Jahren die geförderten Wohnungen wieder aus der Sozialbindung fallen – und die Preise anziehen. Womit wir wieder bei den gegenwärtigen Problemen wären.

Mehr Wien wagen

Ein Ende der Mietpreisexplosionen in den Innenstädten ist so nicht in Sicht, und auch Sozialwohnungen werden immer teurer – insbesondere zu Lasten derer, die auch vor der Ausweitung der WBS-Grenzen schon auf Sozialwohnungen angewiesen waren und es weiter sind. Der Lichtenberger SPD-Stadtrat Kevin Hönicke argumentiert, dass die Ausweitung des Berechtigtenkreis richtig sei, weil man auch Berufsgruppen wie Pädagogen an Kitas den Zugang zum Wohnungsmarkt erleichtern müsse. Der Rest kann dann ja nach Spandau ziehen. Nicht, dass man am Ende noch funktionierende Mietpreisregulierungen einführen müsste.

Langfristige Wohnungspolitik müsste anders aussehen als die Förderung von Dax-Unternehmen: Warum leistet sich der Staat kein eigenes öffentliches Wohnungsbauprogramm, bei dem am Ende die Häuser tatsächlich auch Gemeingut sind und in staatlicher Hand bleiben. Dann könnten landeseigene Wohnungsunternehmen auch nach Ablauf einer Sozialbindung die Preise bestimmen oder gleich dauerhaft günstigen Wohnraum festschreiben. In Wien funktioniert das so seit 100 Jahren.

Alternative: Neue Wohnungsgemeinnützigkeit

Und wenn man unbedingt Privatunternehmen den roten Teppich ausrollen will, dann doch bitte mit einem Konzept, das länger hält als ein kurzsichtiges Flicken der ärgsten Not für 30 Jahre. Warum nicht etwa eine neue Wohngemeinnützigkeit einführen? Damit wurde in der Nachkriegszeit die halbe Bundesrepublik wieder aufgebaut, bis Helmut Kohl sie 1989 abschaffte.

Es wäre höchste Zeit, eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit wieder einzuführen: Dann könnten sich Unternehmen gemeinnützig nennen und Steuervorteile bekommen, wenn sie im Gegenzug eine Sozialbindung für immer festschreiben. Motto: „Einmal gefördert, immer gebunden“.

Ein Argument für eine Abkehr vom sozialen Wohnungsbau damals unter Kohl war übrigens, dass der Markt und private Investoren den Wohnungsmarkt besser bedienen könnten und eine stärkere Privatisierung und Deregulierung zu einer besseren Versorgung mit Wohnraum führen würde. Hat ja gut geklappt.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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8 Kommentare

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  • Zu den Fakten:



    www.immopreise.at/Wien/Wohnung/Miete

    Viel Erfolg in Wien (ohne rotes Parteibuch)

  • Zumindest erlaubt man Investoren nach Berlin zu kommen. Der Vorteil ist ein größeres Angebot am Markt und damit ein Entgegenwirken zur Knappheit auf dem Wohnungsmarkt. Auch wenn sich Investoren eine fette Rendite nach 30 Jahren versprechen kann dies nur sein wenn die Knappheit immernoch existiert.

    Gibt es mehr Wohnungen als Interessenten dann dreht sich das Machtverhältniss auf dem Markt um.

  • @MUNIO EUNANO

    Die 800K€, die Gröner in Wegner investiert hat [1] müssen schliesslich ein ROI bringen.

    [1] www.tagesspiegel.d...erung-9812735.html

  • @M. STOCKL

    Ach, herrje. Auch /das/ Boot: schon voll. Lauter volle Boote.

  • Wie schon VOR DER BIDLUNG DER kleinen `GROSSEN KOALITION´ von mir vermutet: Besonders im Bausektor werden ob der Aussicht auf das neuen Regierungsbündnis aus CDU-Kopie und Original die Korken geknallt haben. Die Rolle rückwärts in alte kapitalistische Umverteilungsorgien, in denen mit staatlichen Steuergeldern am `Ende der Fahnenstange´ der Milliardenreibach für die Immobiliengroßkonzerne steht - sie sind wieder da! OHNE dass für die mittlere, geschweige den `untere Schicht´eine nachhaltige Verbesserung auf dem Mietmarkt zu verzeichnen wäre. Rolle rückwärts auch in Verkehrs- und Sicherheitspolitik, das sei nur erwähnt, damit klar wird, was sich die Berlinerinnen und Berliner da in allen Bereichen `an den Hals´ gewählt haben - buon divertimento! Was mich verwundert - Konservative zieht´s doch immer zu den `goldenen alten Zeiten´; in diesem Metier, Sozialwohungsbauförderung, ist das gute Konzept doch tatsächlich in der Vorvergangenheit zu finden (vor Kohl 1989), das wäre doch ein Deal, vorwärts in die weite Vergangheit und - die richtige Richtung gewählt!! Konservatives win-win!!

    • @Munio Eunano:

      Schlagen Sie sie mit den eigenen Waffen,. Gründen Sie eine Genossenschaft, greifen Sie die Förderung ab und stellen sicher, daß die Sozialbindung nie ausläuft. Eine Win-Win Situation für alle und dem Kapitalismus ein Schnippchen geschlagen. Viel Erfolg.

  • Je mehr Leute in die Stadt kommen, um so schwieriger wird es, eine bezahlbare Wohnung zu finden. So einfach ist das. Das gilt auch für Ärzte, Schulen, Kitas, Ämter, etc.



    Die Politiker sondern jede Menge Sprechblasen ab, die meist ganz schnell zerplatzen. Lösungen sind in weiter Ferne.

    Wie so oft gilt es, Ursachen zu bekämpfen.



    Ursachen sind: Viel zu großer Zuzug nach Berlin, Spekulanten verdienen sich dumm und dämlich.

    • @M. Stockl:

      Und was ist ihr Vorschlag? Mauer drum und entscheiden wer rein darf?