Neue Wohnungsbauförderung des Senats: Anreize für die Privaten

Der Senat will den Bau von Sozialwohnungen mit 1,5 Milliarden Euro jährlich fördern. Das helfe vor allem der Wohnungswirtschaft, so die Opposition.

Plattenbauten im Sonnenuntergang

Mehr Sozialwohnungen braucht Berlin Foto: dpa

BERLIN taz | Nach einer Besprechung im Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus am Mittwochnachmittag gilt die neue Wohnungsbauförderung des Senats als beschlossen und wird mit Veröffentlichung der Richtlinie in den nächsten Wochen in Kraft treten. Die schwarz-rote Koalition hat damit umfangreiche Änderungen für die Förderung des Baus von Sozialwohnungen festgelegt – ohne formellen Beschluss des Senats oder des Abgeordnetenhauses. Op­po­si­ti­ons­po­li­ti­ke­r:in­nen kritisierten die fehlende parlamentarische Kontrolle für die extrem teure Maßnahme, die zudem die Möglichkeit schafft, auch hochpreisige Sozialwohnungen zu bauen.

Mit 1,5 Milliarden Euro jährlich will der Senat zukünftig den Bau geförderter Wohnungen anschieben, um die gesteckte Zielzahl von 5.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr zu erreichen. Das ist eine Verdoppelung der Summe, die bislang maximal zur Verfügung gestanden hätte. In den vergangenen Jahren war die Neubauzahl stets verfehlt worden; auch weil private Bauherren fast keine Förderungen in Anspruch nahmen und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften allein mehr als 90 Prozent aller neu entstandenen Sozialwohnungen errichteten. Seit 2014 wurde für lediglich etwa 18.000 Wohnungen eine Förderung bewilligt.

Nun aber wird den privaten Investoren, die aufgrund von Kosten und Zinssteigerungen nahezu alle Neubautätigkeiten eingestellt haben, der rote Teppich ausgerollt, in der Hoffnung, sie mögen doch noch bauen. Für jede neue Sozialwohnung sollen 300.000 Euro Fördersumme bereitgestellt werden, dazu günstige Darlehen durch die Investitionsbank. Private Investoren soll somit ermöglicht werden, bei einem obligatorischen Eigenkapital von 20 Prozent auf die Aufnahme von – aufgrund der Zinsbelastung – teurem Fremdkapital für entsprechende Projekte zu verzichten.

Neu ist auch die Förderung von Sozialwohnungen für die Mittelschicht mit Einstiegsmieten von 11,50 Euro pro Quadratmeter. Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird damit auf Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein 220 und einem Einkommen eines Ein-Personen-Haushalts von 2.200 Euro ausgeweitet; WBS-berechtigt sind damit etwa 60 Prozent aller Berliner:innen. Geregelt ist: Wer Wohnungen für dieses neue dritte Fördersegment bauen will, muss auch 30 Prozent der Wohnungen für das erste Segment mit Einstiegsmieten von 7 Euro bauen.

Im Interesse der Privaten

Die Linke kritisiert das Vorhaben grundsätzlich: Der Versuch, den Sozialwohnungsbau anzukurbeln, werde dazu führen, dass weniger günstige Sozialwohnungen entstehen. Auch bleibe das Problem bestehen, dass die Bindungsfrist nach 30 Jahren ablaufe und danach rapide Mietsteigerungen drohen, so der mietenpolitische Sprecher Niklas Schenker. Der Berliner Mieterverein kritisiert ebenfalls den Anreiz für private Investoren, „hochpreisige Sozialwohnungen zu bauen“.

Der Linke-Finanzpolitiker Steffen Zillich fürchtet, dass die Wohnungsbauförderung für die Stadt teurer wird, als wenn sie selber bauen würde. Die Linke hatte im Januar ein Konzept vorgelegt, die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften finanziell so auszustatten, dass sie selbst 7.500 bezahlbare Wohnungen pro Jahr bauen. Veranschlagt wurde eine Milliarde Euro pro Jahr. Nötig dafür wäre es, effektive Strukturen der Wohnungsbaugesellschaften zu schaffen, damit diese „gemeinsam planen, projektieren und umsetzen können“, so Zillich.

Der Senat verzichte darauf, „notwendige Umstrukturierungen für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften“ anzugehen, um „nicht aus der Fördersystematik auszubrechen“, so Zillich. Dies geschehe einzig im Interesse der privaten Investoren. Unklar sei zudem, woher der Senat die 1,5 Milliarden Euro nehmen wolle. Entweder es handele sich um eine „symbolische Summe“, bei der man davon ausgehe, dass sie eh nicht abgerufen werde, so Zillich, oder es müsste zu „extremen Umschichtungen im Haushalt kommen“.

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