Flutkatastrophe in Libyen: Rufe nach mehr humanitärer Hilfe
Der Bürgermeister der zerstörten libyschen Hafenstadt Darna fürchtet 18.000 bis 20.000 Tote. Die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, schwindet.
Der Sturm „Daniel“ hatte am Sonntag das nordafrikanische Land erfasst. Nahe Darna brachen zwei Dämme, ganze Viertel der 100.000 Einwohner zählenden Stadt wurden ins Meer gespült. Ganze Straßenzüge sind in meterhohem Schlamm versunken.
Rettungsteams suchten in den Trümmern weiter nach Überlebenden. Doch die Hoffnung, Menschen lebend zu finden, schwindet. Videos in sozialen Medien zeigten Fahrzeugkolonnen, die Tote abtransportierten, auf anderen Aufnahmen trieben Leichen im Meer. Geborgene Opfer wurden in Leichensäcken in Massengräbern verscharrt.
Auch in anderen Teilen des Bürgerkriegslandes herrscht weiter der Ausnahmezustand. Unterdessen gibt es verzweifelte Rufe nach mehr humanitärer Hilfe für die Überlebenden. Allein in Darna sind mehr als 30.000 Menschen obdachlos geworden, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) auf X mitteilte. 10.000 Menschen galten als vermisst.
Hilfe auch aus Deutschland unterwegs
Das deutsche Technische Hilfswerk (THW) brachte derweil Hilfslieferungen auf den Weg. Es handelt sich nach Angaben der Organisation um 100 Zelte mit Beleuchtung, 1.000 Feldbetten, 1.000 Decken, 1.000 Isomatten und 80 Stromgeneratoren. Einem Sprecher der Organisation zufolge brachen acht Lastwagen noch am Mittwochabend in Richtung Wunstorf bei Hannover auf. Vom dortigen Bundeswehrstandort sollte die Fracht an diesem Donnerstag nach Libyen gebracht werden. Libyen hatte zuvor ein internationales Hilfeersuchen gestellt.
Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kündigte für Donnerstag die Ankunft eines Notfallteams in der schwer betroffenen Stadt Darna an. Es bestehe aus Logistikern und medizinischem Personal, gab die Organisation auf der Plattform X (vormals Twitter) bekannt. Man bringe zudem Notfallausrüstung mit zur Behandlung von Verletzten und Leichensäcke für Libyens Wohlfahrtsorganisation Roter Halbmond.
Die Sorge gelte auch den Hunderttausenden von Flüchtlingen und anderen Migranten aus mehr als 40 Ländern, für die Libyen das Sprungbrett nach Europa sei, berichtete die Zeitung Arab News mit Sitz in Saudi-Arabien. Auch unter diesen Menschen dürfte es Opfer geben, die von den Überschwemmungen mitgerissen wurden, hieß es.
Neben Darna sind auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. „Wir brauchen einfach Leute, die die Situation verstehen – logistische Hilfe, Hunde, die Menschen riechen können und sie aus dem Boden holen. Wir brauchen einfach humanitäre Hilfe, Leute, die wirklich wissen, was sie tun“, sagte ein libyscher Arzt, der in einer Klinik nahe Darnas arbeitet, dem britischen Sender BBC.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers