Fluss Paraná in Südamerika: Kurz vor dem Austrocknen
Der Fluss, der Brasilien, Argentinien und Paraguay versorgt, führt so wenig Wasser wie seit 50 Jahren nicht. Das Problem ist zum Teil hausgemacht.
Der Paraná fließt aus Brasilien über Paraguay und Argentinien 4.880 Kilometer nach Süden bis zu seiner Mündung in den Río de la Plata. Als Ursache für die Trockenheit werden ausbleibende Niederschläge im brasilianischen Quellgebiet genannt. Der brasilianische Wetterdienst hat für die südlichen Bundesstaaten Minas Gerais, Goiás, Mato Grosso do Sul, São Paulo und Paraná die niedrigsten Regenfälle seit über 90 Jahren ausgewiesen.
Aber das trockene Wetter ist nicht allein verantwortlich für das Niedrigwasser. Seit Jahren werden die Waldgebiete im Amazonas und im Pantanal im brasilianischen Süden abgeholzt und in Nutzflächen für den Anbau von Agrarprodukten sowie die Viehzucht verwandelt. Paraguay und Argentinien treiben die Nutzungsgrenze für die Agrarwirtschaft immer weiter nach Norden voran.
In Paraguay wurde in den letzten 20 Jahren 6 Millionen Hektar Wald abgeholzt. Im nahezu gleichen Zeitraum machten die Bulldozer in Argentinien rund 14 Millionen Hektar Waldfläche platt. Wie in Brasilien müssen die Bäume auch hier vor allem der Viehzucht und dem Sojaanbau weichen.
Das Mikroklima ändert sich
Mit der Agrarproduktion wird mehr Wasser aus dem Fluss gebraucht. Aber noch folgenreicher ist der Verlust der wasserspeichernden Waldflächen, die extreme Auswirkungen starker oder niedriger Regenfälle in der Vergangenheit stets abmildern konnten. Das Verschwinden der Wälder verändert das Mikroklima. Immer schwächer werden feuchte Luftmassen angezogen.
Dass darunter auch der Paraná leidet, war spätestens im vergangenen Jahr in den großen Feuchtgebieten entlang der letzten 300 Kilometer des Flusslaufs in Argentinien zu spüren. Im Delta des Paranás stehen bei normalem Wasserstand 80 Prozent der Fläche unter Wasser. Nur 20 Prozent sind fester Boden. Jetzt hat sich das Verhältnis umgekehrt.
Marschland zerstört
Zudem zerstörten vor einem Jahr zahllose Brände über 500 Quadratkilometer Marschland. Eine Umweltkatastrophe, die sich spätestens ab Ende Juli zu wiederholen droht – angesichts der Trockenheit womöglich noch stärker als 2020. Traditionell brennen die Landwirte dann die abgeernteten Felder ab. Das ist zwar längst verboten worden, wird aber immer noch praktiziert. Dazu gesellen sich oft Trittbrettfahrer, die aus anderen Motiven zündeln, wie etwa, um neues Bauland zu erschließen.
Auch die Industrie, die den Fluss als Transportweg nutzt, spielt eine Rolle. Das braune Wasser des Paranás ist so sedimenthaltig, dass sich im Flussverlauf ständig neue Ablagerungsbänke bilden. Damit die Schiffe vollbeladen flussabwärts fahren können, muss die Fahrrinne ständig wieder ausgebaggert werden.
Fahrrinne soll vertieft werden
Es gibt bereits Planungen, die vorhandene Fahrrinne weiter zu vertiefen, damit hier auch einmal Schiffe mit einer Ladekapazität bis zu 70 Tausend Tonnen fahren können. Für die wasserbedürftigen Uferregionen ist das eine Katastrophe, denn mit jeder Vertiefung des Flusses rauscht die immer geringere Wassermenge nun schneller flussabwärts
Betroffen ist auch das Wasserkraftwerk Yacyretá. Im Normalbetrieb erzeugt das von Argentinien und Paraguay gemeinsam betriebene Kraftwerk 3.200 Megawatt Strom. Gegenwärtig sind an der Staumauer aber nur 12 der 20 Turbinen im Einsatz, die nur knapp ein Drittel der potenziellen Leistung erzeugen.
Wassernotstand verhängt
Argentinien will seinen Bedarf jetzt durch das Hochfahren von Gaskraftwerken abdecken. Ein Paradoxon: Die durch Klimaänderungen bedingten Einbußen bei der klimaschonenderen Stromerzeugung durch Wasserkraft werden mit klimaverschärfenden CO2-Emissionen ausgeglichen.
Die Regierung in Buenos Aires hat den Wassernotstand über die sieben Provinzen verhängt, die der Paraná in Argentinien auf seinem Weg zum Río de la Plata durchfließt. Denn immer kritischer wird auch die Lage der lokalen Trinkwasserversorgung. In den zahlreichen Wasseraufbereitungswerken entlang des Flusses saugen die Pumpen bereits mehr Schlamm als Wasser an.
Vielerorts ist die Bevölkerung zu einem verantwortlichen und sparsamen Umgang mit Wasser aufgerufen. Eine Entwarnung ist nicht in Sicht. Nach Einschätzung von Argentiniens Wasserbehörde könnte der Pegelstand noch bis zum Jahresende um den aktuell niedrigen Stand pendeln.
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