Flüchtlingshilfe des Bundes: Geld, das woanders nicht fehlen soll
Sechs Milliarden Euro will der Bund 2016 für Flüchtlinge bereitstellen. In der Koalition glaubt man, die Ausgaben mühelos finanzieren zu können.
Die zusätzlichen Ausgaben gehen zur Hälfte an Länder und Kommunen, die davon unter anderem die Unterbringung der 800.000 Flüchtlinge finanzieren sollen, die allein in diesem Jahr erwartet werden. Weitere 3 Milliarden Euro wird der Bund ausgeben. Außerdem plant das Innenministerium in den kommenden drei Jahren 3.000 zusätzliche Stellen bei der Bundespolizei ein, um die Länder zu unterstützen.
Weil die Wirtschaft gut läuft und die Steuereinnahmen steigen, hat die Große Koalition die Hoffnung, die zusätzlichen Ausgaben mühelos zu finanzieren. Im Vergleich zur vergangenen Steuerschätzung und zum Haushaltsplan kalkuliert Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit einem Überschuss von mindestens 5 Milliarden Euro. Laut Haushaltgesetz müsste dieses Geld in die Tilgung alter Schulden fließen. Das soll ein Nachtragshaushalt – der zweite in diesem Jahr – verhindern. Damit reserviert der Bundestag das Geld für 2016.
Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2016, den das Parlament ab Dienstag debattiert, wird entsprechend geändert. Eine Variante: Die Einnahmen und Ausgaben steigen von derzeit geplanten 312 auf 318 Milliarden Euro, so Unions-Haushälter Rehberg. Die Einzelheiten klären die Regierungsfraktionen bis zur sogenannten Bereinigungssitzung am 12. November.
Keine Abstriche
An den bisher geplanten Ausgaben soll sich dabei nichts ändern – das ist die gemeinsame Ansage von Union und SPD. Man will den Eindruck vermeiden, dass die Ausgaben für Flüchtlinge zulasten anderer Vorhaben gehen. Beispielsweise hat die Koalition ein Programm für zusätzliche Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro zwischen 2016 und 2018 beschlossen.
1,3 Milliarden Euro fließen allein nächstes Jahr in Straßen, Schienen und neue Datenleitungen. „Wir nehmen keine Abstriche bei der Infrastruktur vor“, so Rehberg. Außerdem soll die Entwicklungshilfe bis 2019 um 8,3 Milliarden Euro steigen. Nicht zuletzt erfüllt Finanzminister Schäuble seiner Partei den Wunsch einer wenigstens kleinen Steuerentlastung. Und alles zusammen will die Koalition ohne neue Schulden finanzieren. Der ausgeglichene Bundeshaushalt ist das große finanzpolitische Projekt dieser Regierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei