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Flüchtlinge und Kaufkraft in DeutschlandMehr Hummus!

800.000 neue Flüchtlinge sind 800.000 neue Kunden. Dadurch könnte das Angebot in den Regalen der Supermärkte breiter werden.

Bald auch in Ihrem Supermarkt: Hummus. Foto: imago/Westend61

Die deutsche Ernährungswirtschaft sieht die steigenden Einwanderungszahlen als Chance. Denn die Zuzügler sind potenzielle neue Konsumenten und Arbeitskräfte.

„Wenn mehr Menschen in Deutschland leben, gibt es auch mehr Kunden und damit mehr Umsatz für die Lebensmittelbranche“, sagte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Spitzenverbands der deutschen Lebensmittelwirtschaft (BLL), der taz. Dass dieser Effekt relevant sein wird, darauf deuten die Zuwanderungsprognosen hin: Die Bundesregierung erwartet dieses Jahr 800.000 Flüchtlinge beziehungsweise Asylantragsteller.

Das entspricht fast 1 Prozent der jetzigen Bevölkerung – etwas mehr Menschen, als in Deutschland 2014 geboren wurden. Auch für das kommende Jahr wird mit mehr Zuwanderern gerechnet. Und alle müssen essen.

Für die Ernährungsbranche kann das ein ansehnliches Umsatzplus bringen, wie eine Modellrechnung der taz zeigt. Das gilt sogar, wenn die 800.000 nur ein Minimum für Nahrungsmittel und Getränke ausgeben würden, nämlich die 141,66 Euro, die dafür bei der Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze zugrunde gelegt werden.

Kampf gegen die Stagnation

Denn auch diese sehr konservative Annahme würde ein Ausgabenplus von jährlich 1,36 Milliarden Euro bedeuten, also 0,73 Prozent des gesamten Handelsumsatzes mit Lebensmitteln im vergangenen Jahr in Höhe von 186,8 Milliarden Euro.

Das ist ein signifikantes Plus in einem Markt, der 2014 der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie zufolge preisbereinigt nur um 1,8 Prozent zulegte und im langjährigen Trend eher mit Stagnation zu kämpfen hatte.

Die Flüchtlinge werden wohl auch das Lebensmittelangebot in Deutschland verändern. Die Industrie freue sich über „die Einflüsse, die die Flüchtlinge mitbringen“, so Branchenvertreter Minhoff. Schon jetzt bieten die Unternehmen 170.000 Lebensmittelartikel an.

„Es werden sich sicherlich in den Produkten die Essensvorlieben von noch mehr Kulturen wiederfinden.“ Der Chef der Biomolkerei Söbbeke, Paul Söbbeke, sagte der taz, er glaube, dass sich orientalische Lebensmittel wie Hummus und Couscous weiter verbreiten werden.

Der harte Weg zum Arbeitsmarkt

Für die Agrarwirtschaft könnten Flüchtlinge auch neue Arbeitskräfte sein. Schon jetzt hat sie jedes Jahr 300.000 Saisonarbeiter aus dem Ausland, die zum Beispiel bei der Ernte helfen. „Die Beschäftigung von Flüchtlingen in der Landwirtschaft ist absolut sinnvoll. Wenn wir mehr Möglichkeit hätten, würden wir das auch begrüßen“, sagte der Generalsekretär der Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, der taz. Bisher sei es zu schwierig, Asylsuchende einzusetzen.

Während ihr Antrag bearbeitet wird, dürfen sie monatelang nicht arbeiten. Danach erhalten sie nur dann eine Arbeitserlaubnis, wenn sich in einer „Vorrangprüfung“ der Arbeitsagentur kein Kandidat aus der EU für die Stelle findet. „Das ist ein relativ kompliziertes Verfahren, das die Dinge nicht gerade einfach macht“, so Krüsken. Erst nach 15 Monaten Aufenthalt fällt diese Beschränkung weg.

„Wir wünschen uns, dass die Hürden, die das Asylrecht vorsieht, deutlich gesenkt werden. Flüchtlinge müssten zu den gleichen Bedingungen arbeiten können wie die regulären Saisonarbeitskräfte, die jetzt schon in Deutschland tätig sind“, forderte der Generalsekretär.

Kritik, dass die Landwirtschaft mit Hilfe von Flüchtlingen ihr für viele Tätigkeiten sehr niedriges Lohnniveau fortführen will, wies Krüsken zurück: „Wir haben den Mindestlohn. Der gilt auch für Flüchtlinge.“ Allerdings zahlt die Landwirtschaft wie einige andere Branchen dank Ausnahmeregelungen weniger als die 8,50 Euro pro Stunde. Derzeit müssen die Bauern 7,40 Euro im Westen und 7,20 Euro im Osten zahlen. Erst 2017 steigt der Betrag auf einheitlich 8,60 Euro.

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25 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "Kritik, dass die Landwirtschaft mit Hilfe von Flüchtlingen ihr für viele Tätigkeiten sehr niedriges Lohnniveau fortführen will, wies Krüsken zurück: „Wir haben den Mindestlohn. Der gilt auch für Flüchtlinge.“ (Zitat)

     

    Die Flüchtlinge sind das Objekt der deutschen Ausbeuter - da braucht man sich nichts vormachen. Welcher Syrer hat das Zeug zum Mechatroniker oder wer hat tatsächlich einen Abschluss, der hier anerkannt werden kann? Welcher Syrer hat überhaupt seine Zeugnisse oder Nachweise dabei?

     

    Die Syrer werden in den untereren Lohngruppen und untersten Segmenten der Wirtschaft ihr Auskommen finden müssen. Viele Syrer werden bald enttäuscht sein, wie das ist, wenn man arbeitet und trotzdem arm ist und auch immer bleiben wird.

     

    Ich sage kurz: Deutschland muss seine Wirtschaftspolitik ändern, sonst geht es in die Hose. Für alle.

     

    Die Flüchtlinge sind sicherlich nicht daran schuld, sie suchen einfach nur Sicherheit und Frieden, erst nach einer Weile werden sie merken, wo sie hier sind und wie das hier läuft. Bei gut vier Mio. Arbeitslosen ist der Arbeitsmarkt ein Nachfragermarkt: Es gibt ein Überangebot an qualifizierter und nicht-qualifizierten Arbeitskräften.

     

    Das ist die Realität und ändern kann das nur ein Kurswechsel. Mit ihrem Hartz-Geld werden die Einwanderer keinen echten, nachhaltigen Boom hier auslösen.

  • Solche Berechnungen sind doch recht laienhaft und kindlich naiv. Wirtschaft ist schon etwas komplexer. Allein der Druck durch die Zuwanderer auf den Wohnungsmarkt und steigende Mieten in den Ballungsräumen reduzieren die Gesamtkaufkraft. Ebenso sind Verdrängungseffekte am Arbeitsmarkt und sinkende Löhne zu erwarten. Der Mindestlohn ist ja schön, aber wenn man von 12.50 auf 8.50 gedrückt wird, dann leidet die Kaufkraft.

    • @Manfred Stein:

      Übrigens; wir können froh sein, dass unsere leistungsfähige Landwirtschaft den betroffenen einkommensschwachen Bevölkerungsschichten gute und preiswerte Lebensmittel zur Verfügung stellt. Das kann die Not dann etwas lindern

  • Es gibt viele weiteren Vorteile, wenn unsere gesellschaft durch Einwanderung von Flüchtlingen noch mehrzähliger und vielfältiger wird.

     

    Wir werden nähmlich ein ernstes Problem in etwa 20-50 jahren wegen der Demografischen Entwicklungen haben. Dieses Problem, dass durch mehrere Analysen bestätigt wurde, wurde vor einigen Wochen in der Presse ausführlich diskutiert.

     

    Uns fehlen jedes Jahr immer mehr Arbeitnehmer. Die jeztigen Regelungen bzgl. der Zuwanderung können diese Lücke nicht schließen.

    • @Stefan Mustermann:

      Gäähn! Immer wieder dasselbe Märchen von Überalterung, fehlenden Arbeitnehmern etc. Abgesehen davon, dass demographische Vorhersagen oftmals total unseriös sind, weil menschliche Gesellschaften keine berechenbaren Bakterienkulturen sind, sollte man sich z.B mal besser mit der Frage auseinandersetzen, wieviel menschliche Arbeitskraft durch permanente Produktivitätssteigerung mittels Automatisierung schon überflüssig geworden ist und noch überflüssig wird.

  • Was für eine Milchmädchenrechnung und das auch noch von einer Person an einer Verbandspitze.

     

    Im Durchschnitt kostet ein Flüchtling den Staat ca. 1.000 im Monat.

    Macht bei 800.000 Flüchtlingen 8 Mrd. €. Diese 8 Mrd. fehlen zunächst einmal wo anders!

    Wann kommt wohl diese vorher verausgabte Summe von 8 Mrd. € durch Mini-Konsumausgaben und Leiharbeit der Flüchtlinge wieder zurück? Amortisationzeit?

    Geschweige denn mit Jobs, die sowieso unter der 8,50 € Marke liegen werden?!

    Wie man im Einzelhandel und im Handwerk den Mindestlohn legal "umgeht", davon erzählt der Verbandschef lieber nichts!

    • @Malcon Gandie:

      800.000 x 1000=800.000.000

       

      Sie werfen sehr grosszügig mit Nullen um sich.

      • @Konrad Ohneland:

        Ausgaben aufs Haushaltsjahr bezogen: 800.000.00 x 12 =

         

        Aber es geht nicht um Hummus. Nur um Umverteilung. Die Mittel bleiben ja zum größten Teil in D.

         

        Zu fragen ist dann wer die Mittel aufbringt und wem sie zufliessen.

        • @fly:

          Er hat geschrieben "im Monat".

  • Das ist schon ein merkwürdiger Artikel. Ein massiver Problembestand wird in eine Art intellektuelle Käsereibe gegeben und zerbröselt in wohlschmeckende neue Gerichte. Man kann sicher sein daß in Merkels Hintergrund schön längst derartige kulinarisch-ökonomische Ankurbelungs-Überlegungen angestellt wurden (dafür gibt's ja auch keine "Obergrenze") - aber müssen sie dann in der taz mit einer derartig naiven Freude aufgetischt werden? Insbesondere wo in diesem Land insgeheim immer noch gedacht wird: wer nichts arbeitet soll nichts essen, bzw. möglichst kurz gehalten werden? Und wo ist die Arbeit? Und wo sind die Wohnungen und die anderen Dinge? Die kann man nicht so einfach herumkarren wie Lebensmittel.

    • @Ulrich Frank:

      Wir werden von der taz in Zukunft bestimmt noch mehr naive Freuden aufgetischt bekommen...

  • Wird auch Zeit, dass sich die deutsche Nahrungsindustrie mit Produkten auseinandersetzt, mit denen sie bislang noch nicht den Markt im Trikont überflutet und zerstört hat.

  • Ein guter Zeitpunkt, um - wie auch in den Niederlanden - dem Schächten einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben.

  • Dieser gelungene Artikel hätte wohl in jeder anderen Tageszeitung für Empörung gesorgt. Zumindest unter TAZ-Leserinnen und TAZ-Lesern.

    Auf jeden Fall ist es beruhigend zu wissen , dass die Kreuzberger Redakteurinnen und Redakteure die Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Modelrechnung zur rechten Zeit veröffentlichen.

  • Immer wieder toll zu lesen wie die Linksliberalen die Flüchtlingskrise nutzen um ihre eigenen Gelüste zu befriedigen - ganz schön peride die ganze Sache

    • @Jan :

      Das Wort heisst "perfide" und ist nicht zu verwechseln mit "Pegida". Gern geschehen.

      • @Konrad Ohneland:

        Ich weiss wie perfide geschrieben wird. Leider führt meine Tastatur ein Eigenleben :)

  • Halal...

  • ...nur so nebenbei, Hummus kauft man nicht im Supermarkt, Hummus macht man selber.

    • @Fotohochladen:

      ...man kann fast alles selbst zubereiten, wird in Deutschland zum Beispiel auch gerade beim Wurstmachen wieder in, dagegen ist Brotbacken gerade nicht so hipp (wie in den 80ern).

       

      Die Frage ist doch, ob man Produkte wie Hummus, Suppe, Joghurt oder Brot auch fertig verkaufen kann und es dann auch tut, sowohl herstellen wie kaufen - das ist Marktwirtschaft!

    • @Fotohochladen:

      Stimmt, ich hatte Tahin für die Zubereitung von Hummus im Sinn (kann man aber natürlich auch selbst machen).

  • Tolle Argumente:

    "800.000 neue Flüchtlinge sind 800.000 neue Kunden. Dadurch könnte das Angebot in den Regalen der Supermärkte breiter werden."

     

    Hummus und Couscous, hier als Beispiele genannt, findet man schon heute selbst im ländlichen Raum in den Regalen.

     

    "Für die Agrarwirtschaft könnten Flüchtlinge auch neue Arbeitskräfte sein. Schon jetzt hat sie jedes Jahr 300.000 Saisonarbeiter aus dem Ausland"

     

    Derlei erklärt zwar, warum eine CDU-geführte Regierung die Grenzen so weit geöffnet hatte, nicht aber, warum das untere Drittel der Gesellschaft deswegen Grund zum Jubel hätte.

     

    Denn es ist klar, dass die massive Zuwanderung in der nächsten Zeit zur Freude der Wirtschaft einen deutlichen Nachfrageschub bringen wird, steuerfinanziert allerdings. D. h., es handelt sich in hohem Maß auch wieder um eine Umverteilungsmaßnahme von unten nach oben, wie es schon die Wiedervereinigung war.

     

    Was die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft angeht - und wo immer man sonst noch auf dem Arbeitsmarkt die Zukunft der Migranten sieht - sollte man sich vielleicht auch fragen, was dann die 300.000 bisherigen Saisonarbeiter machen werden. Oder die 26 Mio. EU-Arbeitslosen, z. B aus Griechenland oder Spanien, deren Hoffnung sich großenteils auf Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland richtet.

     

    Besonders, wenn man an den bevorstehenden Automatisierungsschub denkt, der wahrscheinlich gerade im weniger qualifizierten Segment Arbeitsplätze in großer Zahl vernichten wird. Erfahrungsgemäß führt das dann nicht zu einer gerechten Verteilung der Innovationsgewinne, sondern zur Ausgrenzung derer, die nicht mehr benötigt werden.

    • @Marzipan:

      ich glaube die fluechtlinge wuerden gerne, genau wie ich, hummus kaufen der aus zerstampften erbsen gemacht is und nicht wie dieser, mit ungestampften. oben drauf.

      • @Theloneous Honk:

        Hm, lecker deutscher Hummus, der nur aus Erbsen so und nicht anders hergestellt noch kredenzt werden darf.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    „Wir haben den Mindestlohn. Der gilt auch für Flüchtlinge.“

     

    Formell und nominal - ja. Kreative Zeitarbeitsabrechnung, Überstunden auf ein Zeitkonto, Mindestleistungsnormen oder schlich und einfach krimineller Beschiss wären wohl viel einfacher mit Menschen, die es nötiger haben.