Flüchtlinge mittellos: „Müssen ihr Geld bekommen“
Über 1.000 Flüchtlinge warten in den Erstaufnahmeunterkünften auf Taschengeld und Gesundheitskarten. Behörde im Verzug.

In Hamburg bekommen mehr als 1.000 Flüchtlinge in den Erstaufnahmen bisher kein Geld und keine Gesundheitskarte. Das ergab eine kleine Anfrage der Linksfraktion. „Sie kriegen in den Unterkünften Essen und Trinken, aber nicht mehr“, sagt Mehmet Coban, der ehrenamtlich Geflüchtete unterstützt und bei Behördengängen begleitet. Die Asylsuchenden müssten oft mehrere Monate warten, bis sie die Leistungen tatsächlich bekämen, die ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustünden, sagt Coban.
Sie seien auf das sogenannte Taschengeld von rund 140 Euro aber angewiesen. „Allein schon, um sich ein Busticket zu kaufen“, sagt Coban, „oder mal einen Kaffee.“ Den Menschen bleibe nichts anderes übrig, als sich Geld von Freunden zu leihen. „Sie hören von den Behörden immer: Im nächsten Monat.“
Die schwierige Situation leugnet auch der Senat nicht: In der Antwort auf die Linken-Anfrage heißt es, dass derzeit über 1.000 Fälle offen seien, bei denen die Anspruchsberechtigung geprüft werde – die Betroffenen bekommen also noch kein Geld. Allerdings benötige die Ausländerbehörde nicht mehr acht, sondern nur noch sechs Wochen, um Geld und Gesundheitskarten zu bewilligen, sagt Norbert Smekal, Sprecher des zuständigen Einwohner-Zentralamtes.
Ohne medizinische Versorgung lasse man die Menschen in den Erstaufnahmeunterkünften aber auch in dieser Zeit nicht, vor Ort gebe es Hausärzte, so Smekal. „Und wenn sie doch zu einem anderen Arzt müssen, bekommen sie einen vorläufigen Krankenschein, der 24 Stunden gilt.“
Flüchtlinge haben in Hamburg Anspruch auf Unterbringung, Verpflegung und Betreuung.
Ein sogenanntes Taschengeld in Höhe von 143 Euro steht Geflüchteten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu.
Um die medizinische Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen, kooperiert Hamburg mit der Krankenkasse AOK: Asylsuchende bekommen eine Chipkarte, mit der sie zum Arzt gehen können.
Grund für die Wartezeiten bei der Bearbeitung seien die hohen Flüchtlingszahlen. Die Menschen seien zwar registriert, aber bei der Bewilligung der Leistungen komme es zu Verzögerungen, sagt Smekal. Mittlerweile seien zusätzlich Mitarbeiter eingestellt worden, um die Fälle zügiger zu bearbeiten. Nochmals 20 Stellen seien ausgeschrieben.
Cansu Özdemir, Vorsitzender der Linksfraktion in der Bürgerschaft, reicht das nicht. „Das ist seit fast einem Jahr die gleiche Situation.“ Auch damals sei von 20 Stellen gesprochen, aber kein geeignetes Personal gefunden worden. „Die Stellen müssen jetzt schnellstmöglich besetzt werden“, fordert Özdemir. „Die Menschen müssen ihr Geld bekommen.“
Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat bezeichnete es als „absoluten Skandal“, dass die Geflüchteten in den Erstaufnahmen unter der Überforderung der Behörden leiden müssten. „Das verstößt gegen alle Gesetze und jedwede Menschlichkeit“, sagt er. Die Asylsuchenden müssten die Leistungen erhalten, die ihnen zustünden. „Das gehört zu einer angemessenen Unterbringung dazu.“
Wie viele Asylsuchende sich gerichtlich dagegen wehren, dass sie kein Geld bekommen, konnte der Senat in der Anfrage nicht beantworten. Das Sozialgericht habe für den Zeitraum Oktober 2015 „zwischen neun und zwölf entsprechende Anträge“ verhandelt. Die meisten wurden „unstreitig erledigt“. In drei Fällen entschieden die Richter aber für die Geflüchteten.
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