Flüchtlinge in Ungarn ohne Nahrung: Hunger als Waffe
Mehreren Flüchtlingen wurde in Ungarn die Nahrung verweigert. So sollte der Druck erhöht werden, dass sie nach Serbien zurückgehen.
Seit dem 1. Juli gilt ein verschärftes Asylrecht, wonach Asylanträge von Flüchtlingen, die aus sicheren Drittstaaten kommen, automatisch abgelehnt werden. Sämtliche Nachbarländer werden als solche eingestuft.
Das Ungarische Helsinki Komitee (HHK), eine der wenigen Organisationen in Ungarn, die die Rechte von Flüchtlingen wahrnehmen, hat jetzt drei Fälle vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gebracht und recht bekommen. Eine fünfköpfige afghanische Familie – das jüngste Kind hängt mit drei Monaten noch an der Mutterbrust – war wegen anhaltender Gewalt in einem serbischen Lager nach Ungarn weitergezogen. Dort wurde ihr Asylantrag binnen kürzester Zeit abgelehnt.
Die Einstufung Serbiens als sicherer Drittstaat wird von der jüngsten Beurteilung des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR nicht geteilt. Dennoch steckte man die Familie in eine nach Serbien hin offene „Transitzone“ an der Grenze. Dort sollte sie den Abschluss der Berufung abwarten. Es stehe der Familie aber frei, vorher nach Serbien auszureisen, ließ das ungarische Amt für Immigration und Asyl die Betroffenen wissen. Dem halfen die Behörden nach, indem sie dem 26jährigen Familienvater die Nahrung verweigerten. Frau und Kinder durften ihre Essensrationen nicht mit ihm teilen.
Beschwerde beim EGMR erfolgreich
In diesem und einem ähnlich gelagerten Fall einer anderen afghanischen Familie hat das Ungarische Helsinki Komitee am 10. August den EGMR angerufen und eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Flüchtlinge müssen jetzt ernährt werden. Zwei syrischen Brüdern in der Transitzone wurde auf Anordnung des EGMR ab 11. August auch nicht mehr die Nahrung verweigert. Am 14. August hätten sie aber kein Frühstück mehr bekommen, so das HHK in einer Presseerklärung (pdf). Zwei Tage später sei eine weitere Beschwerde beim EGMR erfolgreich gewesen.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán brüstet sich damit, dass seine harte Abwehrpolitik Europa vor einer Überflutung mit Flüchtlingen gerettet habe. Nach der ungarischen Sprachregelung sind praktisch alle Asylbewerber „Wirtschaftsflüchtlinge“. Organisationen, die sich für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen, werden bestraft. Das HHK wird unter anderen von der Open Society Foundation des Milliardärs George Soros unterstützt, den Orbán für sämtliche Übel des Landes verantwortlich macht.
Das im Juni beschlossene Stopp-Soros-Gesetzespaket belegt Flüchtlingshilfsorganisationen, die ausländische Gelder beziehen, mit einer 25-prozentigen Strafsteuer auf diese Mittel. Das Innenministerium kann sie auch ganz verbieten. Die Regierung investiert mehr Geld in die Propaganda gegen Soros und Flüchtlinge, als in deren Versorgung.
Bei der Bevölkerung kommt die gnadenlose Abschiebepolitik gut an. Bei den Wahlen im April wurde Orbáns Koalition mit einer knappen Stimmenmehrheit ausgestattet, die ihr eine Zweidrittelmehrheit im Parlament einbrachte.
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