Flüchtlinge in Uganda: Viel Applaus, wenig Geld
Uganda ist vorbildlich, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht. Doch es fehlt an Geld. Nun wurde gesammelt.
Auf Twitter ging es unter dem Hashtag #UGsolidarity zu wie auf einer Auktion, nur ein wenig anders: Italien bewilligt fünf Millionen Dollar, China sagt 500.000 zu, Irland verspricht weitere 2,3 Millionen, die Vereinigten Arabischen Emirate fünf Millionen, Großbritannien 50, Norwegen fünf Millionen, Schweden 5,7 Millionen, selbst Kenia gibt 200.000, das Bürgerkriegsland Somalia ebenfalls 100.000.
Auch Firmen wie der afrikanische Telekommunikationsriese MTN zeigten sich großzügig: 250.000 Dollar. Die EU bot 85 Millionen Euro, und die EU-Mitgliedstaaten setzten noch einmal 125 Millionen obendrauf. Insgesamt kamen 352,6 Millionen Dollar zusammen – immerhin.
Zwei Milliarden Dollar pro Jahr für die nächsten vier Jahre würden benötigt, um die Flüchtlinge zu versorgen – das war die vom Flüchtlingsminister Ugandas erklärte Summe. Um das Geld lockerzumachen, hatte Ugandas Regierung einen globalen Flüchtlingssolidaritätsgipfel in Kampala anberaumt, der an diesem Freitag mit zahlreichen Geldversprechen der internationalen Geber zu Ende ging. Für jede Million gab es Applaus.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni hatte die Welt zuerst in die völlig überfüllten Flüchtlingslager an der nördlichen Grenze zu Südsudan und dann ins Luxusressort am Ufer des Victoriasees geladen. Das kleine Land in Ostafrika beherbergt mittlerweile gute 1,2 Millionen Flüchtlinge, so viel wie kein anderes afrikanisches Land.
„Ein Beweis für Gerechtigkeit“
Die größten Lager der Welt stehen hier in der Savannenlandschaft. „Nur solange die Internationale Gemeinschaft uns dabei hilft, mit den Herausforderungen umzugehen, können wir der Lage Herr werden, wie wir es auch in der Vergangenheit getan haben“, plädierte Museveni in seiner Eröffnungsrede.
Am liebsten würde Alina Lanisch ihre Mutter niemals wiedersehen, zu oft wurde sie verletzt. Ihre Mutter ist manisch-depressiv. In der taz.am wochenende vom 24./25. Juni schreibt sie über die Hilflosigkeit einer Tochter, die nie eine Tochter sein konnte. Außerdem: Ein Ex-SED-Funktionär gibt sich als jordanischer Honorarkonsul aus und lebt viele Jahre in einem Schloss. Und: Neil Harbisson ist der erste anerkannte Cyborg der Welt. Im Gespräch erzählt der Brite, wie der Himmel klingt. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
Ziel des Gipfels war es, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die eigentliche Flüchtlingskrise in Afrika selbst zu lenken. Über 1,8 Millionen Südsudanesen sind seit dem Ausbruch des Konfliktes 2015 in die Nachbarländer geflohen, die Hälfte davon nach Uganda. Im benachbarten Kongo sind 3,7 Millionen Menschen innerhalb ihres riesigen Landes vertrieben, auch von da fliehen Hunderttausende über die Grenzen. Uganda verfügt über eine der liberalsten Flüchtlingspolitiken weltweit. Hier ist jeder willkommen, hatte Flüchtlingsminister Musa Ecweru der taz im Interview bestätigt: „Die Türen bleiben offen.“
Doch das Geld reicht bei Weitem nicht. Uganda ist selbst ein armes Land. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR benötigt für Uganda 2017 schätzungsweise rund 500 Millionen Dollar, bereitgestellt wurden gerade einmal 15 Prozent der Summe. Hilfswerken und NGOs geht es ähnlich – alle sind unterfinanziert. Der Grund: Die westlichen Geber legen ihren Fokus auf die Flüchtlingskrise in Europa, der Türkei und Syrien. Auch Gelder des Bundesentwicklungsministeriums fließen in Flüchtlingsunterkünfte im eigenen Land.
Die internationale Solidarität mit Uganda sei „keine Sache der Großzügigkeit, sondern ein Beweis für Gerechtigkeit“, betonte UN-Generalsekretär Antonio Guterres in seiner Rede in Kampala. Präsident Museveni hatte ihn als Schirmherren gewinnen können. Der UN-Chef besuchte vor dem Gipfel die vollen Lager: „Nicht Flüchtlinge sollten gestoppt werden, sondern die Kriege, die Flüchtlinge erzeugen“, twitterte Guterres von Uganda aus.
Lesen Sie auch: Ugandischer Politiker über Flüchtlinge „Unsere Grenzen bleiben offen!“
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