Flüchtlinge in Griechenland: Tsipras fordert Umverteilung
Die Odyssee der Migranten endet an der mazedonisch-griechischen Grenze. Und immer mehr Menschen kommen nach.
Tsipras kritisierte die Grenzblockade Mazedoniens: „Diese Alleingänge sind inakzeptabel. Die Flüchtlingskrise kann nicht ein Land allein bewältigen“, sagte er in einem Interview des ZDF-Magazins „Frontal 21“, das am Dienstagabend ausgestrahlt wird. „Wenn wir es nicht schaffen, eine gemeinsame Lösung zu finden, dann wird das nicht nur ein Problem für Griechenland, es wird unsere gemeinsame Zukunft in Europa gefährden.“
Mazedoniens Außenminister Nikola Poposki verteidigte die Grenzschließung. Mit dem Grenzzaun werde „die Flut von illegalen Migranten“ gestoppt. „Es handelt sich dabei überwiegend um Wirtschaftsmigranten und nicht um Kriegsflüchtlinge“, sagte Poposki.
Kanzlerin Angela Merkel dringt darauf, die Krise an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland vor Ort zu lösen. Es gelte, eine Politik des Durchwinkens zu beenden, sagte Merkel nach einem Gespräch mit dem kroatischen Regierungschef Tihomir Ore?kovic in Berlin. „Es gibt Übernachtungsmöglichkeiten und Aufenthaltsmöglichkeiten auch in Griechenland. Die müssten auch von den Flüchtlingen genutzt werden.“ Es gebe „eben nicht ein Recht, dass ein Flüchtling sagen kann, ich will in einem bestimmten Land der Europäischen Union Asyl bekommen.“
Die Kanzlerin betonte zugleich, dass die EU Griechenland zur Seite stehen müsse. Die Situation zeige, dass einseitiges Vorgehen nicht weiterhelfe. Alle 28 EU-Mitgliedstaaten müssten zusammen Beschlüsse fassen, „damit wir genau sehen, was bedeutet das für jedes Mitgliedsland“.
Hunderte Menschen aus der Ägäis gerettet
Die griechische Küstenwache und die Besatzungen der Patrouillenboote der europäischen Grenzagentur Frontex retteten binnen 48 Stunden 1.272 Migranten aus den Fluten der Ägäis. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in diesem Jahr bis Ende Februar bereits 122.637 Migranten aus der Türkei nach Griechenland gekommen.
Athen arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, neue und größere Migranten-Aufnahmelager zu bauen. Um die Lage bei Idomeni am Grenzübergang nach Mazedonien zu entschärfen, werden sieben neue Lager für mehr als 20.000 Menschen südlich der Grenze gebaut.
Athen habe ein EU-Hilfspaket in Höhe von 470 Millionen Euro beantragt, berichtete der griechische Fernsehsender ANT1 am Dienstag. Der Plan sehe vor, dass etwa 50.000 Menschen in Aufnahmelagern und weitere 50.000 in einfachen Hotels untergebracht werden sollen.
Die EU-Kommission will nach eigenen Angaben noch an diesem Mittwoch einen Rechtsrahmen vorstellen, der die Grundlage für eine Ausweitung von Nothilfen innerhalb der EU schafft. Ziel ist es, eigentlich für humanitäre Hilfe außerhalb der EU vorgesehene Mittel und Gelder auch innerhalb der EU nutzen zu können. „Das ist ein notwendiger Schritt, um zu verhindern, dass die beispiellosen Flüchtlingszahlen in der EU menschliches Leid verursachen“, sagte ein Sprecher.
8.000 Flüchtlinge an der Grenze
An der Grenze zu Mazedonien, wo es am Montag schwere Ausschreitungen gegeben hatte, warten inzwischen mehr als 8.000 Flüchtlinge auf die Weiterreise. Am Dienstag war die Lage im Raum Idomeni relativ ruhig. Flüchtlinge, die nicht nach Mazedonien weiterfahren können, blockierten dort die Trasse der Eisenbahnverbindung Griechenlands zu Mazedonien. Mehrere Güterzüge warteten auf beiden Seiten der Grenze.
Die Regierung in Athen bereitet sich unterdessen auf den EU-Türkei-Gipfel am 7. März vor. Regierungschef Tsipras und die Vorsitzenden der wichtigsten Parteien im griechischen Parlament wollen sich am Freitag in Athen treffen. Unter Vorsitz von Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos will die politische Führung beraten, wie es mit der Flüchtlingskrise weitergehen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt