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Flüchtlinge auf Mare Jonio im MittelmeerHilfsschiff darf nicht in Italien anlegen

Matteo Salvini untersagt einem Schiff mit 49 Flüchtlingen an Bord das Anlegen im Hafen von Lampedusa. Italiens Innenminister setzt damit seine Weigerungshaltung fort.

Flüchtlinge auf einem Schlauchboot im Mittelmeer (Archivbild) Foto: ap

Rom afp | Nach der Rettung von rund 50 Flüchtlingen vor der libyschen Küste durch ein italienisches Hilfsschiff hat Italiens Innenminister Matteo Salvini der Forderung nach einem Anlegen in einem italienischen Hafen eine Absage erteilt. „Die Häfen wurden und bleiben geschlossen“, schrieb Salvini am Montagabend auf Twitter. Sein Ministerium veröffentlichte zugleich eine an Hilfsorganisationen gerichtete achtseitige Anweisung hinsichtlich geltenden Rechts bei der Seenotrettung.

Das italienische Hilfsschiff „Mare Jonio“ hatte zuvor vor der libyschen Küste 49 Flüchtlinge gerettet, während die libysche Küstenwache präsent war. Das Hilfsbündnis Mediterranea teilte mit, das Schlauchboot mit den Flüchtlingen an Bord sei rund 40 Seemeilen vor Libyen in Seenot geraten und gesunken. Unter den Geretteten seien zwölf Minderjährige. Die Flüchtlinge seien bereits zwei Tage im Mittelmeer unterwegs gewesen und „erschöpft und dehydriert“.

Die Organisation bat Italien darum, einen Hafen zum Anlegen zu nennen. Die „Mare Jonio“, die unter italienischer Flagge fährt, steuert demnach auf die italienische Insel Lampedusa zu. Der dortige Hafen sei „der sicherste“.

In der Anweisung von Salvinis Ministerium hieß es, zwar sei die Rettung von Menschen in Lebensgefahr eine „Priorität“, es müsse aber „Sanktionen“ für diejenigen geben, die „die explizit gegen internationale, europäische und nationale Regeln für Rettungseinsätze verstoßen“. Nach der Rettung von Flüchtlingen müssten Vorschriften eingehalten werden. Ansonsten könne den Helfern vorgeworfen werden, vorsätzlich illegale Einwanderer nach Italien bringen und „Menschenhandel erleichtern“ zu wollen.

Überdies dürfe nicht über „das Risiko hinweg gesehen werden, dass die Gruppe von Migranten in terroristische Aktivitäten verwickelte Personen verstecken könnte“, hieß es.

Salvini ist die Führungsfigur der einwanderungsfeindlichen, rechtsradikalen Regierungspartei Lega in Italien. Er ist zugleich stellvertretender Ministerpräsident. Wegen seines harten Kurses in der Einwanderungspolitik wird ihm immer wieder vorgeworfen, Hass gegen Ausländer zu schüren.

Die Mare Jonio ist derzeit das einzige private Hilfsschiff im zentralen Mittelmeer

Salvini hat die Häfen des Landes bereits mehrfach für Rettungsschiffe gesperrt, um eine Verteilung der Flüchtlinge in Europa zu erzwingen. Schiffe, die Migranten bei nicht mit Rom abgestimmten Einsätzen in Gebieten des Mittelmeers retteten, die unter die Verantwortung Libyens fielen, hätten kein Recht in Italien anzulegen, erklärte Salvini am Montag.

Überdies seien die italienischen Küsten nicht die einzigen Anlegestellen. Auch „die libyschen, tunesischen und maltesischen Häfen“ könnten „angemessene Unterstützung bei Logistik und Gesundheitsfragen leisten“ und seien zudem „in Sachen Seemeilen näher“.

Die „Mare Jonio“ ist derzeit das einzige private Hilfsschiff im zentralen Mittelmeer. Die anderen werden derzeit repariert, wechseln ihre Besatzung oder sind wegen juristischer Hürden blockiert.

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7 Kommentare

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  • Das hatten wir bereits. Es waren wohl 46 Flüchtlinge, die bereits vor Wochen von einem Hafen zum anderen geschickt wurden. Kein Land wollte sie aufnehmen, auch Deutschland nicht, das andererseits seine Hilfsbereitschaft betont und zumindest kaum einen zurückschickt. Offensichtlich handelt man nun etwas anders, und will die Aufnahme von weiteren Flüchtlinge mit allen Mitteln verhindern, wo es nur möglich ist. Das könnte man auch als Ende einer Willkommenskultur bezeichnen.

    • @Frank Bauer:

      Ich würde nicht sagen dass es sich hier um das Ende einer ja gesellschaftlichen Willkommenskultur handelt, denn diese ist nach Umfragen in Deutschland entgegen der von AfD und Pegida gern behaupteten Mehrheiten breit vorhanden. www.dw.com/de/stud...skultur/a-47209792.



      Es wäre aber mal sehr interessant wenn jemand klagt und damit überprüft ob die italienische Regierung die ja die Schließung der Häfen damit begründet, dass europäische und andere nicht libysche Schiffe Flüchtlinge zurück nach Libyen bringen sollen/müssen ein Rechtsbruch der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist. Denn das dürfen diese Schiffe ganz klar nach den internationalen und rechtsverbindlichen Menschenrechtskonventionen die auch in der EMRK verankert sind nicht. Es ist verboten Menschen in Länder auszuliefern in denen ihnen Gefahr für das Leben oder Folter und andere Misshandlungen drohen.

  • Man sollte in solchen Artikeln besser nur noch Fotos von geflüchteten Frauen und Kindern verwenden. Ein Boot voller kräftiger junger Männer erregt sehr viel weniger Mitleid und ist eher kontraproduktiv. Es geht darum, dem Leser zu zeigen, dass hilflose Menschen unseren Schutz suchen und von Italien grausam ausgesperrt werden.

    • @Mareike:

      nein. auch junge Maenner duerfen nicht nach Libyen zurueckgebracht werden wo sie erneut Haft auf unbestimmte dauer und folter ausgesetzt werden. In Libyen beuten die Kuestenwache in Kooperation mit privaten Banden und staatlichen Gefaengnissen Fluechtlinge brutal aus. Mit Folter werden sie erpresst sich freizukaufen wer nicht zahlen kann landet im guenstigsten Fall auf dem Sklavenmarkt oder stirbt um Platz fuer andere zu machen. am amnesty bericht: Libya's Dark Web of collusion von dez. 2017 hat sich diesbezueglich leider nichts geændert.

      • @Nina Janovich:

        Was glauben Sie, geschieht Frauen, die auf der Flucht von ihren Männern zurück gelassen wurden?

        Was passiert ihren Kindern?

        Von den Wehrlosen, denen von diesen wehrhafen Männern die Plätze im Schlauchboot weggenommen wurden, hören wir nichts mehr.

    • @Mareike:

      Mich hat die Bildauswahl eines eher linken Mediums auch überrascht, aber positiv, da sie die Realität abbildet.