Flucht nach Großbritannien: Asylgesetz nimmt erste Hürde
Das britische Unterhaus hat für eine Verschärfung des Asylverfahrens gestimmt. Derweil sind in nur drei Tagen 800 Bootsflüchtlinge angekommen.
![Menschen verlassen ein Rettungsboot an einem Strand. Menschen verlassen ein Rettungsboot an einem Strand.](https://taz.de/picture/4991271/14/boot-gefluechtete-grossbritannien-1.jpeg)
Mit 366 zu 265 Stimmen ging der Gesetzentwurf durch, der unter anderem Einreise ohne Einreisegenehmigung zum Verbrechen erklärt, illegal eingereiste Flüchtlinge auf ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht beschränkt und die Strafen für Menschenschmuggel drastisch verschärft; zugleich soll er es leichter machen, im Ausland Asyl in Großbritannien zu beantragen.
Der Gesetzentwurf tritt damit noch lange nicht in Kraft. Er muss noch ins Oberhaus, wo er auf Kritik stoßen dürfte, woraufhin er in den Ausschüssen neu beraten werden müsste. Das wird nicht mehr vor der parlamentarischen Sommerpause geschehen, die am Freitag beginnt und erst am 6. September endet. Danach gibt es nur wenige Wochen bis zur traditionellen erneuten Unterbrechung für die Jahresparteitage der großen Parteien. Es wird also mit einer Verabschiedung frühestens gegen Jahresende gerechnet, wenn überhaupt.
Während die linke Opposition und Flüchtlingsorganisationen gegen die neuen Hürden für illegal Eingereiste Sturm laufen, erregt sich die Rechte über die immer größeren Zahlen erfolgreich eingereister Flüchtlinge. Am Montag erreichte die Rekordzahl von 430 Bootsflüchtlingen britische Gewässer im Ärmelkanal, gefolgt von weiteren 287 am Dienstag und rund 100 am Mittwochmorgen – etwa 800 in drei Tagen, fast so viele wie im gesamten Jahr 2019. Bis Dienstag sind damit dieses Jahr bereits 8.474 Flüchtlinge auf dem Seeweg nach Großbritannien gekommen – im gesamten Jahr 2020 waren es 8.420 gewesen, damals ein Rekord.
Gesetz mit überschaubarem Nutzen
Experten weisen darauf hin, dass das neue Asylgesetz daran nichts ändert. Die Bootsflüchtlinge werden fast alle in britischen Gewässern abgefangen und von ihren Schlauchbooten auf die Schnellboote der britischen Küstenwache transferiert. Die bringt sie dann an die Küste, womit sie rechtlich gesehen nicht illegal einreisen und daher auch unter dem neuen Gesetz nicht verfolgt werden dürften.
Ohnehin hat die britische Generalstaatsanwaltschaft es bereits abgelehnt, das von Patel geplante neue Delikt der illegalen Einreise zu verfolgen, da Aufwand, Kosten und Nutzen unverhältnismäßig seien.
Augenzeugen behaupten derweil, dass die französische Küstenwache Flüchtlingsboote bewusst ziehen lässt, um die wilden Lager an Frankreichs Stränden zu leeren. Am Dienstag überließen die Franzosen ein Schlauchboot mit 13 Sudanesen einer überrumpelten britischen TV-Crew, die im Meer gerade die Flüchtlingskrise filmte. Nach amtlichen Angaben hat Frankreich in der ersten Hälfte des Jahres rund 6.000 Flüchtlinge an der Überfahrt gehindert, etwa so viele wie die Zahl derjenigen, denen im gleichen Zeitraum die Überfahrt gelang.
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