Finnland will Nerzzucht weiterführen: Weiterquälen dank Impfung
Ein Ende der Nerzzucht durch Corona? Offenbar nicht in Finnland: Dort hofft man gar auf einen profitablen Aufschwung.
Warten auf den Impfstoff, das gilt auch für die Pelztierzüchter in Finnland. In wenigen Monaten soll nämlich ein Spezialimpfstoff für Nerze einsatzbereit sein. Wird vermutlich bereits durch das Impfen der Bevölkerung im Laufe der nächsten Monate die Gefahr von Infektionen zwischen Mensch und Tier verringert, hofft die Branche, mit dem Nerz-Impfstoff dann ganz aus dem Schneider zu sein.
Finnische TierschützerInnen hatten damit gerechnet, dass mit dem Massenausbruch von Corona in den dänischen Ställen, den Virusmutationen, dem Abschlachten von Millionen Tieren und den Zuchtverboten in Dänemark und den Niederlanden das endgültige Aus der umstrittenen Zucht auch im eigenen Land gekommen sei.
Die Tierschutzorganisation „Oikeutta eläimille“ startete im November eine Unterschriftensammlung und forderte die finnische Regierung auf, dem dänischen Beispiel zu folgen. „Corona ist der letzte Nagel zum Sarg dieser Branche“, erwartete auch Mai Kivelä, Reichstagsabgeordnete der Linken: „Nun muss jeder einsehen, dass die Nerzzucht keine Zukunft hat.“
Doch diese Hoffnungen waren wohl verfrüht. Den ZüchterInnen half, dass es in Finnland vergleichbare Corona-Ausbrüche bislang nicht gab. Wozu die von Beginn der Pandemie an relativ geringe Infektionsrate unter der finnischen Bevölkerung ebenso beigetragen haben dürfte wie die im Vergleich zu Dänemark fehlende räumliche Konzentration der Zuchtbetriebe.
Branche träumt von Verdopplung der Produktion
Ein zusätzliches Argument gegen mögliche übereilte Beschlüsse wurde der Branche auch noch durch die Radikalmaßnahmen der dänischen Regierung geliefert, bei denen sich dann bald die fehlende gesetzliche Grundlage herausstellte. Und ein Aussitzen der Coronakrise verspricht sich zu lohnen: Finnlands Nerzzucht könnte vom Ende der europäischen Konkurrenz wirtschaftlich profitieren und träumt von einer Verdopplung der Produktion.
Ganz am Ziel ist die Branche aber noch nicht. Die Lebensmittelbehörde hat angeordnet, dass bei einem einzigen positiven Befund der ganze jeweilige Bestand geschlachtet werden muss. Die Besamung der Weibchen beginnt im März, die Welpen werden im Mai und Juni geboren. Dann sind die Tiere empfänglicher für Infektionen, am größten ist das Risiko im Herbst. Doch bis dahin hofft man mit der Impfung durch zu sein.
Auch wenn es bisher keine politische Mehrheit für ein Zuchtverbot gibt: Ein größerer Corona-Ausbruch in den Ställen könnte das schnell ändern. Finnland ist neben Island das einzige europäische Land, in dem die 14-Tage-Inzidenz unter 100 gehalten werden konnte, aktuell beträgt sie 78,4. Ihre bislang erfolgreiche Strategie würde Ministerpräsidentin Sanna Marin sicher nicht aus Rücksicht auf die Nerzzucht gefährden.
Mehrheit der Bevölkerung für langfristiges Verbot
Die Pelztierzucht hat in Finnland zwar eine 100-jährige Tradition und ist mit knapp 800 Farmen, von denen etwa 5.000 Arbeitsplätze abhängig sind, in einigen Kommunen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Viel Unterstützung in der Gesamtbevölkerung genießt die Branche aber nicht. 38 Prozent würden gern ein sofortiges Verbot sehen, 70 Prozent möchten der Zucht nur noch eine Übergangszeit einräumen.
In Schweden, dem einzigen weiteren skandinavischen Land, in dem noch Nerzzucht betrieben wird, wird im Reichstag demnächst über einen Antrag für einen Zeitplan für ein Verbot beraten. Womöglich ist aber bereits im Frühjahr Schluss. Die zuständigen Behörden haben noch nicht entschieden, ob dann eine Besamung stattfinden darf. In Schweden wurden nämlich infizierte Nerze gefunden, und auf einigen Farmen haben sich Menschen mit dem mutierten Virus angesteckt.
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