piwik no script img

Finanzexperte über geplatzte Fusion„Die Deutsche Bank will niemand“

Für das größte deutsche Kreditinstitut wird es schwierig, noch Geldgeber zu finden, sagt Finanzexperte Gerhard Schick. Die Bank werde schrumpfen.

Wolken über den Gebäuden der Deutschen Bank. „Die Schwächen sind noch sichtbarer geworden“ Foto: reuters
Ulrike Herrmann
Interview von Ulrike Herrmann

taz: Herr Schick, was wird aus der Deutschen Bank, nachdem die Fusion mit der Commerzbank gescheitert ist?

Gerhard Schick: Die Hausaufgabe bleibt, die Bank stabil aufzustellen. Sie benötigt mehr Eigenkapital, muss ihr riskantes Derivatebuch reduzieren und ihre Strukturen vereinfachen.

Wer soll der Deutschen Bank jetzt noch Geld geben? Die Aktionäre haben bisher nur verloren.

Es wird in der Tat schwierig, noch Geldgeber zu finden. Die Bank wird schrumpfen und einen Teil ihrer Geschäftsaktivitäten verkaufen müssen – zum Beispiel die Vermögensverwaltung.

Die Vermögensverwaltung ist eine der wenigen Sparten, die überhaupt noch Gewinne macht.

Stimmt, die Deutsche Bank hat Jahre verloren; das ist schwer aufzuholen. Bisher hatte der Vorstand kein Interesse an Reformen: Er hat sich hinter der Komplexität der Bank und dem großen Derivatebuch versteckt. Beides hat verhindert, dass eine andere Bank die Deutsche Bank übernimmt. Die Manager haben hohe Boni kassiert und sich bequem darin eingerichtet, dass ihre wacklige Bank im Zweifel vom Steuerzahler gerettet wird.

Wie soll sich das ändern? Die Investmentbanker haben viel Macht in der Deutschen Bank, auch weil sie einen Teil der Aktien besitzen.

Genau deswegen hätten die Politik und die Bankenaufsicht einen Wandel erzwingen müssen, indem sie klare Vorgaben machen.

Konkret: Sollte man die Deutsche Bank zwingen, sich von ihren Investmentbankern in London zu trennen?

Ja, es ist sowieso richtig, das Investmentbanking vom sonstigen Bankgeschäft abzutrennen.

Mit Paul Achleitner ist aber ein Investmentbanker der Chef des Aufsichtsrats.

Ich hielt Paul Achleitner schon immer für überschätzt. Er hat die Fusion mit der Commerzbank sehr aktiv betrieben und ist gescheitert. Die Aktionäre sollten sich fragen, ob die Deutsche Bank jetzt nicht schlechter dasteht als vor der Fusionsdiskussion. Die Schwächen der Bank sind noch sichtbarer geworden. Zudem hat sich herausgestellt, dass es keinen „Plan B“ gibt.

Vielleicht taucht ja noch eine andere Bank auf, die die Deutsche Bank übernehmen will?

Im Interview: Gerhard Schick

47, bis 2018 Bundestagsabgeordneter der Grünen. Jetzt ist er im Vorstand der Bürgerbewegung Fi­nanz­wende.

Die Deutsche Bank will derzeit niemand haben. Das sieht man schon am dramatisch niedrigen Aktienkurs. Es lassen sich höchstens einzelne Teile des Geschäfts verkaufen. Anders ist es bei der Commerzbank, für sie gibt es Interessenten. Allerdings müssen Politik und Bankenaufsicht endlich darauf achten, dass durch eine Fusion nicht eine Bank entsteht, die so groß und so systemrelevant ist, dass der Steuerzahler bei einer Pleite einspringen muss.

Das schließt aber eine Fusion aus. Die Commerzbank ist jetzt schon systemrelevant.

Auch bei der Commerzbank sehe ich nicht, dass alle Arbeitsplätze erhalten werden können. Insgesamt wurden nach Ausbruch der Finanzkrise in Deutschland zu wenige Überkapazitäten im Finanzsektor abgebaut. Andere Länder sind viel weiter als wir.

Die Commerzbank gehört zu 15 Prozent dem Staat. Was würden Sie Finanzminister Olaf Scholz raten?

Er sollte sich von der Hoffnung verabschieden, dass der Aktienkurs noch einmal stark steigt und er die Papiere ohne Verlust verkaufen kann. In der Finanzkrise 2008 war Finanzminister Steinbrück viel zu großzügig bei der Rettung der Commerzbank. Er hat Milliarden an die damaligen Aktionäre verschenkt. Aber diese Steinbrück-Milliarden sehen wir sowieso nicht wieder. Es wäre besser, die staatlichen Aktien zu verkaufen, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt. Sonst tragen die Steuerzahler ewig das Risiko, falls die Commerzbank noch mal in bedrohliche Schieflage rutscht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wird die Bank zu groß, fällt zuviel Geld durch die Latten.

    • @Rainer B.:

      Genau so sieht's aus!