Financial Fair Play der Uefa: Loden-Kalle gefällt das
Der Europapokal-Bann von Manchester City überrascht. Finanzdoping wurde bisher vor allem in fußballerischen Randgebieten bestraft.
A m Samstag erwartet Manchester City ein eher schweres Spiel. Es geht gegen Leicester City, den Tabellendritten. Und obwohl die Citizens in der Tabelle vor dem Überraschungsmeister des Jahres 2016 liegen, ist es eine gebrauchte Saison für den Klub. Sie können nicht mehr Meister werden, weil Jürgen Klopps FC Liverpool zu weit enteilt ist. Und dann flatterte auch noch diese Meldung in die Ashton New Road, an der das Stadion der Hellblauen steht: Der Ausschluss aus der Champions League in den kommenden zwei Spielzeiten droht.
Die Uefa möchte offensichtlich beweisen, dass sie mit ihrem Controlling, Financial Fairplay genannt, ein Instrument zur harten Sanktion in der Hand hält. Ein bisschen überraschend kommt es schon, dass die Uefa plötzlich ernst machen will, denn bis dato kam eher der Eindruck auf, der Kontinentalverband lasse die Großen laufen und bestrafe die Kleinen, um den Anschein zu erwecken, er sei handlungsfähig und halt irgendwie gewillt, für lauteren Wettbewerb zu sorgen.
Ermittelt wurde in den vergangenen Jahren etwa beim FC Kairat Almaty, CFR Cluj und FK Vardar, PFC Levski Sofia, beim FC Sion und FK Vojvodina, KF Tirana, FC Irtysch, Kardemir Karabükspor und FC Botosani, FC Astra Giurgiu, Pallohonka Oy, ASA 2013 Targo Mures oder beim FC Honka, der identisch ist mit Pallohonka Oy, aber wer weiß das schon.
Es ist ja schön, dass die FKKK der Uefa, also die Finanz-Kontrollkammer für Klubs auch in die weniger bedeutenden Ligen und die europäischen Randbezirke schaut. Aber existiert das Problem der Wettbewerbsverzerrung durch potente Geldgeber wirklich nur in Klubs, deren Namen nicht einmal umtriebige Fußballfans unfallfrei aussprechen können? Bisher, so ließ sich bilanzieren, hat die Uefa den Job eines beflissenen Ermittlers mit Tunnelblick gemacht. Die Zentren des großen Geldes gerieten eher nicht in den Fokus.
Die Kunst des Betrügens
Sie schuf ein Regulierungsmonstrum, schien nach Gutdünken mal hier und da eine Strafe auszusprechen – und erfüllte damit fast punktgenau die Erwartungen, die Kritiker des Financial Fairplay zu Beginn der Implementierung gehabt haben. Der englische Wirtschaftsexperte Stefan Szymanski prognostizierte schon vor Jahren im Fußballmagazin 11Freunde, es werde künftig weniger gerecht zugehen als zuvor: „Wann immer man Marktaktivitäten reguliert, muss man sehr lange, detaillierte Spielregeln aufstellen, was erlaubt ist und was nicht. Selbst wenn man 95 Prozent der Betrüger fassen kann, werden die fünf Prozent, die man nicht erwischt, die Erfolgreichen sein.“
Es sei ein System, „das am Ende die geschicktesten Betrüger“ belohne. Auch Manchester City schien lange Zeit durch die Netze zu schlüpfen, doch nach den Veröffentlichungen im Zuge der Football Leaks muss auch die Uefa das allzu Offensichtliche zur Kenntnis nehmen. Allerdings wundert man sich in Manchester schon ein bisschen, warum an ihnen nun ein Exempel statuiert werden soll, andere Großklubs aber wohl nur mit ein paar Schrammen davonkommen sollen.
Bei so einer Sachlage gedeihen gern mal Verschwörungstheorien, und eine davon besagt, dass die eher Katar-nahe Uefa – der Katari und PSG-Eigner Nasser Al-Khelaifi sitzt im Uefa-Exekutivkomitee – Manchester City eins auswischen will, weil die Citizens dank der üppigen Geldspritzen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten spielerisch dominant geworden sind.
Gleich drei Anwaltskanzleien bemühen sich nun um die Reinwaschung von ManCity vorm Sportgerichtshof CAS. Und aus der Ferne schaut ein Bayern-Funktionär dem Treiben mit großem Amüsement zu: Karl-Heinz Rummenigge, Loden-Kalle also, der 2008 mit dem ehemaligen Uefa-Chef Michel Platini den Plan fürs Financial Fairplay ausheckte. Ein Schelm, wer denkt, dem FC Bayern sei es dabei um das Wohlergehen des europäischen Fußballs gegangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?