Filmtipps der Woche: Bildkomplexe Dokus
Die University of Arizona stellt mit dem AIFG ein neues Filmarchiv zu Native American Life online. Eine Doku zu Max Beckmann folgt dem Maler ins Exil.
E in lispelnder Sänger, ein tauber Gitarrist und ein Bassist mit steifem Arm: gute Voraussetzungen, um eine Punkrockband zu gründen? Naja, höchstens in Koen Mortiers restlos finsterer Quasi-Komödie „Ex Drummer“ (2007), in der auch noch ein Schlagzeuger dazu kommt, der nicht Schlagzeug spielen kann (behauptet er jedenfalls). Denn die abgerissenen Gestalten stehen eines Tages vor der Tür des erfolgreichen Autors Dries, den sie als Trommler für einen Auftritt gewinnen wollen. Der Zyniker akzeptiert – mit dem Hintergedanken, auf diese Weise einen guten Einblick in das Leben verwahrloster und psychisch schwer gestörter Unterprivilegierter zu bekommen.
Den erhält man fortan auch als Zuschauer, und er ist vom belgischen Regisseur, der hier einen Roman von Herman Brusselmans verfilmt, ganz schön provokant und eklig gestaltet. Aber eben auch mit überberstender Energie gesegnet und einem Blick fürs Surreale, bei dem die Bilder auch gern einmal Kopf stehen oder rückwärts laufen (Stream auf den Plattformen Amazon Prime Video, iTunes, Videociety und Google. Außerdem ab 19.2. erhältlich als Blu-ray-Mediabook).
Native Americans ins Bild gesetzt
Blickt man auf das klassische amerikanische Western-Genre der 30er- bis 50er-Jahre, dann wird schnell deutlich, dass die Filmemacher doch recht lange benötigten, um von den Ureinwohnern des Landes ein komplexeres Bild zu zeichnen, als das der fiesen Wilden, die friedliche Siedler massakrierten. Doch wie sah es im selben Zeitraum mit Dokumentarfilmen aus? Welches Bild der Native Americans wurde dort präsentiert? Wen das interessiert, der ist auf der Webseite „American Indian Film Gallery“ der Universität von Arizona an der richtigen Stelle. Hier ist digital versammelt (und wird kostenfrei gestreamt), was seinerzeit in dieser Hinsicht produziert wurde.
Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.
Das reicht von Filmen mit ethnologischen Anspruch („Indians of the Plains – Sun Dance Ceremony“, 1954), in denen das Errichten eines Tipis und religiöse Zeremonien in einer „sweat lodge“ erläutert werden, bis zu Absurditäten wie dem von Standard Oil gesponserten Film „The Navajos Look Ahead“, der uns erklärt, warum Ölförderung im Reservat ein zukunftsweisender richtiger Schritt ist. Klar (und auch nicht anders zu erwarten) wird dabei, dass auch in jenen Filmen, die deutliche Sympathien für die Ureinwohner aufbringen, stets von Weißen über sie geredet wird – und nicht wirklich mit ihnen (www.aifg.arizona.edu).
Abheben mit Max Beckmann
Der Maler Max Beckmann war ein moderner Einzelgänger, der in einer Vielzahl von Selbstporträts sowie insgesamt zehn großen Triptychen, die metaphysische, mythologische und erotische Themen miteinander verbinden, ein vielseitig interpretierbares Werk hinterließ. Die Dokumentation „Max Beckmann – Departure“ (2013) von Michael Trabitzsch nähert sich dem Künstler, indem sie seinen Lebenslauf, der ihn vom anerkannten Großkünstler der 1920er-Jahre zum von den Nazis geächteten Exilanten in Amsterdam bis zu einem Neubeginn in den USA im Jahr 1947 führte, mit ebenjenen Selbstporträts und drei ausgewählten Triptychen verbindet, die von verschiedenen Kunsthistorikern kundig kommentiert werden.
So entsteht ein überzeugendes Porträt eines immer wieder an sich selbst zweifelnden Künstlers, der seiner trotzdem nicht versiegenden Hoffnung in seinen Gemälden Ausdruck verlieh (Stream bei www.vod.goodmovies.de).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!