Fernbahntunnel für Main-Metropole: Frankfurt bald unterirdisch
Die Planung eines unterirdischen Bahnhofs in Frankfurt am Main beginnt. Angeblich kostet er 3,6 Milliarden Euro – droht ein neues Stuttgart 21?
Durch einen 10 Kilometer langen Tunnel in Ost-West-Richtung wird der neue Bahnhof an das europäische Netz des Schienenschnellverkehrs angebunden werden. Nach Angaben der Bahn hat eine Machbarkeitsstudie ergeben, dass ein solcher unterirdischer Fernbahnhof realisiert werden kann. Bahn und Bund rechnen mit Kosten von 3,6 Milliarden Euro – „Stand jetzt“ – und einer reinen Bauzeit von 10 Jahren. Beim umstrittenen Fernbahnprojekt Stuttgart 21 stiegen die Kosten seit der Planungszeit in den 90er Jahren von damals 2,6 Milliarden Euro auf derzeit avisierte 8,2 Milliarden Euro.
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Mit dem Land Hessen, den Städten Frankfurt, Offenbach und Hanau haben sich allerdings bereits bedeutende Player für das Projekt in Frankfurt ausgesprochen, ebenso zahlreiche Verbände und Organisationen. Anders als bei Stuttgart 21 sind in Frankfurt auch Umweltverbände und Klimaschützer wie BUND und ProBahn mit an Bord. Das liegt daran, dass es eine deutliche qualitative Verbesserung für Bahnfahrer bedeutet.
„Nadelöhr“ Rhein-Main-Gebiet
Wer mit dem ICE aus Berlin oder München das Rhein-Main-Gebiet erreicht, erlebt alltäglich das, was Verkehrsstrategen als „Nadelöhr“ bezeichnen. Der Zug zockelt südlich des Mains durch die Stadtgebiete von Hanau, Offenbach und Frankfurt, fährt dann über die westliche Mainbrücke in das riesige Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs ein.
Regelmäßig kommt es dabei zu Staus. Züge müssen warten, weil alle Wege des Fern- und Regionalverkehrs sich in dem Kopfbahnhof kreuzen. Der Bau separater S-Bahn-Gleise und des unterirdischen S-Bahnhofs mit vier Bahnsteigen hat den Engpass zwar bereits entlastet. Von einer dem Fernverkehr vorbehaltenen unterirdischen West-Ost-Achse erwarten die Planer jedoch eine erhebliche Kapazitätssteigerung.
Die Fahrtzeitverkürzung wird mit acht Minuten berechnet. Wichtiger aber ist es, dass für die Fernverkehrszüge der Fahrtrichtungswechsel entfällt und oberirdisch der Regional- und Nahverkehr nicht länger beeinträchtigt wird.
1.250 Züge täglich verkraftet der Bahnhof zur Zeit, bereits in neun Jahren sollen es 1.500 sein. Wegen der bestehenden Engpässe lassen zur Zeit viele Fernverkehrsverbindungen den Frankfurter Hauptbahnhof aus und halten stattdessen ausschließlich am Fernbahnhof Flughafen Frankfurt.
„Großer Wurf für den Bahnverkehr“
Bahnvorstand Ronald Pofalla versprach am Montag bei der Vorstellung des Projekts den zügigen Beginn der Planung. „So befreien wir das Netz von einem chronischen Engpass und steigern die Attraktivität der Schiene“, sagte er. „Das stärkt die Schiene und schützt das Klima“, sagte der hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir. Der Grüne sprach von einem „großen Wurf für eine intelligente und umweltgerechte Steuerung und Abwicklung des Bahnverkehrs“.
In der Studie werden einige Streckführungen für die unterirdischen Fernverkehrsgleise verworfen. Der Tunnel muss südlich an den Hochhäusern der Frankfurter City vorbeigeführt werden, weil deren bis zu 50 Meter tiefe Fundamente nicht untertunnelt werden könnten. Im Westen dürfte der Tunnelausgang ähnlich positioniert werden wie der des bestehenden S-Bahn-Tunnels.
Für das östliche Tunnelportal wurde ein Dreieck an der Stadtgrenze zwischen Frankfurt und Offenbach ausgemacht. Die genaue Streckenführung wird nach weiteren Untersuchungen und Erkundungen festgelegt.
Mit einer frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit soll für die Akzeptanz geworben werden. Ein Newsletterservice ist eingerichtet. Die „Öffentliche digitale Live-Veranstaltung“ zur Vorstellung der Machbarkeitsstudie allerdings begann am Montagnachmittag holprig. Der angekündigte Link zur Veranstaltung stand nicht rechtzeitig auf der Homepage.
Gerd-Dietrich Bolte, Bahn-Projektleiter Infrastruktur, stand gleichwohl zwei Stunden lang Rede und Antwort. Er betonte die große Bedeutung eines leistungsfähigen Knoten Frankfurt für den Deutschlandtakt im Fernverkehr, also die regelmäßige verdichtete Bedienung von größeren Bahnhöfen durch die Bahn. Zu einer unterirdischen Lösung gebe es keine Alternative, „wenn man nicht anfangen will, Häuser zu opfern“, sagte er; das komme aber angesichts des angespannten Wohnungsmarkts nicht in Frage.
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