Ferienwohnungen in Berlin: Willkommen in der Illegalität
Ab Mittwoch braucht jede Ferienwohnung eine Registriernummer. Doch kaum ein Anbieter hat sie beantragt. Jetzt drohen hohe Strafen.
Einen Tag bevor die Übergangsfrist für das überarbeitete Zweckentfremdungsverbotsgesetz ausläuft, gehört Bernd zu den wenigen Anbietern von Ferienwohnungen, die sich gesetzeskonform verhalten. Auf Nachfrage bestätigt das Bezirksamt, diese Nummer erteilt zu haben.
Nach Ablauf einer dreimonatigen Karenzzeit brauchen ab 1. August alle Anbieter von Ferienappartements eine bezirkliche Genehmigung. Dies galt auch schon vor der Novelle. Neu ist die Vergabe einer individuellen Registriernummer. Diese muss im Angebot sichtbar sein, nur dann ist es auch legal.
Auf diese Regelung hatte sich der Senat im März geeinigt. Ziel ist, dem Ausbreiten des Geschäftsmodells Ferienwohnungen bei gleichzeitiger Verknappung bezahlbaren Wohnraums einen Riegel vorzuschieben. Weiterhin gilt: Wer weniger als 50 Prozent seiner selbstgenutzten Wohnung anbieten will, darf das. Nötig ist dennoch, dies anzuzeigen und sich eine Registriernummer zu besorgen. Neu geregelt ist auch: Zweitwohnungen erhalten eine maximale Vermietungsgenehmigung von 90 Tagen im Jahr.
Kaum Anträge
Bisher haben allerdings nur einige hundert Anbieter einen Antrag auf Genehmigung gestellt. Dabei listet der kalifornische Konzern laut dem Portal „Inside Airbnb“ mehr als 26.000 Unterkünfte in der Stadt. Bis zum Wochenende gingen 151 Anträge in Pankow, 190 in Mitte, 58 in Neukölln und 145 in Friedrichshain-Kreuzberg ein, wie die Bezirke auf taz-Anfrage mitteilten: 544 Anträge insgesamt. Dabei gibt es wohl allein in diesen vier Bezirken mindestens 20.000 angebotene Wohnungen oder Zimmer. In anderen Bezirken kommen laut Tagesspiegel noch einmal etwa 250 Anträge hinzu.
Fast alle Anträge wurden bislang genehmigt. Dabei fehlen noch die Kriterien dafür, wann eine Nutzung als Ferienwohnung erlaubt ist. Die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz will der Senat erst im September nachreichen. Bis dahin handeln die Bezirke autonom. Das Bezirksamt Pankow teilt mit: „Für die Fälle des selbstgenutzten Wohneigentums oder der Mietwohnung, die während der eigenen Abwesenheit als Ferienwohnung angeboten werden soll, gilt, dass entsprechende Anträge durchaus genehmigt werden, soweit nachgewiesen wird, dass die Eigennutzung überwiegt.“
Im Podcast Lokalrunde sprechen Katharina Schipkowski (taz Nord) und Erik Peter jeden Sonntag über das Stadtgeschehen in Berlin und Hamburg.
In Folge 11 geht es um Berlins Kampf gegen Airbnb, um St. Paulis Großgrundbesitzer und die S-Bahn fahrende NPD. Hörbar auf blogs.taz.de/lokalrunde; Spotify, Soundcloud, itunes. (taz)
Auch aus Mitte heißt es: „Es muss der Charakter als Hauptwohnung eines Nutzungsberechtigten erhalten bleiben; d. h. es muss durch den Antragstellenden überwiegend dort gewohnt werden. Das ist überprüfbar.“ In einigen Bezirken werden Nachweise über Abwesenheit wie Urlaubsbuchungen oder eine Bestätigung des Arbeitgebers verlangt. Wer seine Wohnung während eines Urlaubs oder Arbeitsaufenthaltes vermieten will, erhält dafür eine Genehmigung.
Wohnungen wie Hotelzimmer
Bei vielen Angeboten auf Airbnb ist jedoch davon auszugehen, dass niemand in den Wohnungen lebt, sie also gewerblich genutzt werden. Bilder von Appartements ohne jegliche private Gegenstände sind dafür ein guter Hinweis. Mehr als 6.000 Anbieter auf Airbnb bieten mehr als eine Wohnung an. Professionellen Anbietern dürfte es kaum gelingen, eine Genehmigung zu erhalten. Ihre Angebote sind illegal, so wie alle, die ab August keine Registriernummer haben
Was also wird am Mittwoch geschehen? Auf Nachfrage schreibt Sandra Obermeyer (Linke), zuständige Bezirksstadträtin von Mitte: „Die Plattformbetreiber wollen ja angeblich kooperativ sein, so dass Anzeigen ohne Registrierungsnummer nicht vorkommen sollten.“ Airbnb selbst ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet. Dass die große Mehrheit der Angebote am Mittwoch aus dem Netz verschwindet, kann aber dennoch bezweifelt werden. Schließlich hat Airbnb auch bislang schon illegalen Angeboten eine Plattform geboten.
Mindestens für die Anbieter ist das aber heikel. Die Strafen bei Verstößen gegen das Zweckentfremdungsverbot sind hoch. Schon im vergangenen Jahr wurden Bußgelder in Höhe von 2,6 Millionen Euro ausgesprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!