piwik no script img

Ferien in Zeiten von CoronaStrand okay, Strandparty nicht

Gesundheitsminister Jens Spahn mahnt Reisende zur Vorsicht auch im Urlaub. Zum Feiern sei „gerade nicht die Zeit“.

Hier mit viel Abstand: Urlauber am Strand von Mallorca Foto: Enrique Calvo/reuters

Berlin taz | Eigentlich ist der Blick auf die Coronazahlen in Deutschland derzeit nicht besorgniserregend. Die täglichen Neuinfektionen sind im Sieben-Tage-Mittel wieder auf unter 350 gefallen – und damit fast so niedrig wie vor den Ausbrüchen beim Fleischfabrikanten Tönnies im Kreis Gütersloh und in mehreren Wohnblocks in Berlin und Göttingen.

Die Zahl der im Schnitt täglich gemeldeten Coronatoten lag mit sieben zuletzt sogar so niedrig wie noch nie seit Beginn der Epidemie. Die Zahl der Coronatests erreichte mit knapp 500.000 pro Woche einen Höchststand, der Anteil der positiven Testergebnisse lag dabei mit 0,6 Prozent so niedrig wie noch nie.

Und die deutsche Corona-Warn-App wird mit 15,5 Millionen Downloads von mehr Menschen genutzt als die Apps in anderen europäischen Ländern zusammen; über 500 NutzerInnen haben bisher einen Code angefordert, mit dem sie ihr positives Testergebnis in der App melden können.

Doch von Entwarnung wollten CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn und der Präsident des staatlichen Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, nichts wissen, als sie am Montag erstmals seit längerer Zeit mal wieder gemeinsam vor die Presse traten. „Wir sollten uns nicht in falscher Sicherheit wiegen“, sagte Spahn. „Auch wenn es sich manchmal so anfühlt: Diese Pandemie ist noch nicht vorbei.“

Gefahr der zweiten Welle

Ein Grund für die Sorge ist die Tatsache, dass es in mehreren bisher erfolgreichen Ländern, etwa Israel, Japan oder Südkorea, zu einem erneuten Anstieg der Infektionen gekommen ist. „Die Gefahr einer zweiten Welle ist real“, sagte Spahn. „Unachtsamkeit nutzt das Virus aus“, mahnte auch Wieler. „Wie schnell das gehen kann, haben wir in den letzten Wochen wirklich in anderen Ländern ge­sehen.“

Wir müssen aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird

Jens Spahn (CDU), Minister

Zudem könnte die gerade angelaufene Urlaubssaison zur Verbreitung des Virus beitragen, warnte Spahn. Mit Blick auf Bilder von gemeinsam feiernden Mallorca-Touristen sagte er: „Wir müssen aufpassen, dass der Ballermann nicht ein zweites Ischgl wird.“ Partys in dem österreichischen Ski-Ort gelten als wichtiger Hotspot für die Verbreitung des Coronavirus in Europa.

Problematisch sei es vor allem, wenn Menschen unter Alkoholeinfluss aus der gleichen Flasche trinken oder „Nähe suchen“, sagte Spahn – und mahnte: „Ich bin jetzt wirklich kein Feier-Verächter, aber es ist jetzt gerade nicht die Zeit dafür.“

Fliegen unproblematisch

Weniger nervös machen den Minister dagegen die Bilder von vollen Ostseestränden. Denn inzwischen sei klar, dass bei der Übertragung feinste Tröpfchenwolken, sogenannte Aerosole, eine wichtige Rolle spielen – und die seien vor allem in geschlossenen Räumen ein Problem. Auch das Fliegen in voll besetzten Flugzeugen halten Spahn und Wieler für unproblematisch, weil die Luft dabei gut gefiltert werde. Wichtig sei allerdings, sowohl während des Flugs als auch beim Einchecken eine Maske zu tragen, sagte Wieler.

Dass die Sorge vor einer zweiten Coronawelle nicht nur in der Politik, sondern auch in der Bevölkerung verbreitet ist, zeigt eine im Juni durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa, die am Dienstag vorgestellt wurde: 40 Prozent der Befragten halten eine zweite Welle in Deutschland für wahrscheinlich, nur 21 Prozent für unwahrscheinlich; 37 Prozent gehen von einer 50:50-Chance aus.

Dementsprechend finden nur 15 Prozent der Befragten, dass die seit Mai eingeleiteten Lockerungen der Corona­beschränkungen nicht weit genug gehen; 47 Prozent finden sie genau richtig, 34 Prozent meinen, die strengeren Regeln hätten länger bestehen bleiben sollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das halte ich jetzt aber auch für Panikmache. Mallorca-Bashing kommt halt immer gut und sorgt für Schlagzeilen.



    Insbesondere am Ballermann sind die Deutschen komplett unter sich. D.h. wir können dort von einer importierten Corona-Lage wie in Deutschland ausgehen. Die Zahlen für Mallorca sehen mit derzeit 138 aktiven Fällen nur unwesentlich schlechter aus und Kellner, die ohne Mundschutz arbeiten werden mit 3.000,00 € Bußgeld belegt. Seit dem 10.07. können gegen Gastronomen sogar Strafen bis zu 600.000,00 € verhängt werden, wenn sie sich nicht an die Regeln halten. All diese Bestimmungen sind richtig und sinnvoll.



    Dann ist es aber auch mal gut.