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Fangmenge von NordseekrabbenWird das Krabbenbrötchen zum Luxus?

Ein Brötchen mit Krabben kostet mitunter 15 Euro. Andere Betriebe bieten sie nicht mehr an, verzichten auf Gewinn oder servieren nur geringe Mengen.

Lecker, aber teuer und leider auch ökologisch bedenklich: Brötchen mit Nordseekrabben Foto: dpa

Hamburg/Travemünde/Cuxhaven dpa | Nordseekrabben sind teuer und selten geworden. „Es ist im Moment nicht nur eine Frage des Geldes“, sagte der Fischereiberater bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Philipp Oberdörffer, der Deutschen Presse-Agentur. Demnach haben einige Discounter keine Nordseekrabben mehr im Sortiment. Auch manche Restaurants im Norden verzichten auf Krabbengerichte oder servieren nur geringe Mengen. Die Zahl der gefangenen Krabben reiche nicht für alle aus, sagte Oberdörffer.

In vielen Urlaubsorten gibt es weiter Krabbengerichte, die Menschen müssen dafür aber deutlich mehr bezahlen als früher. So lag der Preis für ein Krabbenbrötchen an den Landungsbrücken in Hamburg Anfang Mai bei bis zu 15 Euro. Auch in den Urlaubsorten Travemünde und Timmendorfer Strand kostete das bei Touristen beliebte Brötchen ähnlich viel.

Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Schleswig-Holstein sind die Krabbenpreise aktuell hoch. Demnach geben die meisten Gastronomen die Preissteigerungen allerdings nicht an die Verbraucher weiter und verdienen mit diesen Gerichten dann nicht viel oder nichts. Es sei unklar, wie lange das noch leistbar sei.

Der Fischhändler Gosch verkauft aktuell an den meisten Standorten Krabbenbrötchen und verweist darauf, dass sich die Lage im Vergleich zum März und April etwas verbessert habe. Krabben seien weiter sehr teuer, aber wenigstens verfügbar, sagte ein Unternehmenssprecher. Ende März und im April sei dies noch viel dramatischer als jetzt gewesen. „Da galt es nicht nur die Frage zu klären, ob und zu welchem Preis man die Krabbenbrötchen noch an die Gäste verkauft, sondern auch, ob man überhaupt Ware bekommt.“

Zeitweise verkaufte Gosch daher nur noch auf Sylt Krabbenbrötchen. Dem Sprecher zufolge kostet ein Krabbenbrötchen dort aktuell weiter 6,50 Euro, weil es für den Unternehmer eine „Herzensangelegenheit“ ist. Er verwies darauf, dass es auch früher preisliche Schwankungen durch unterschiedliche Verfügbarkeiten von Nordseekrabben gegeben habe. Eine so geringe Verfügbarkeit habe das Unternehmen aber noch nicht erlebt.

Extrem niedrige Fangmengen im Jahr 2023

„Die Situation ist besonders, weil die niedrigen Fänge seit Jahren anhalten“, sagte Fischereiexperte Oberdörffer. „In der deutschen Krabbenfischerei erleben wir seit nunmehr vier bis fünf Jahren deutlich unterdurchschnittliche Fänge.“ Er verwies darauf, dass die deutschen Krabbenfischer in den Jahren 2000 bis 2015 im Durchschnitt zwischen 12.000 und 13.000 Tonnen angelandet hätten.

Im Jahr 2023 habe die Menge bei 5.500 bis 6.000 Tonnen gelegen. Auch in anderen Ländern seien die Fangmengen im vergangenen Jahr extrem gering gewesen und hätten den niedrigen deutschen Fang nicht ausgleichen können. „Eigentlich hätte hier der Preis schon deutlich ansteigen müssen, aber höhere Preise sind im Markt aktuell kaum umsetzbar. Und daher hat es bis in den Herbst 2023 gedauert, bis die Preise sich deutlich aufwärts bewegt haben.“

Die nun hohen Preise basieren demnach auf der extremen Verknappung und fehlenden Lagerbeständen. „Der Absatz ist zwangsläufig eingebrochen, da aktuell die Nachfrage die Fangmengen deutlich übersteigt“, so Oberdörffer. „Wir hoffen aber, dass sich dieses Verhältnis im Spätsommer wieder normalisiert, da dann der neue Krabbenjahrgang in der Fischerei auftaucht und hoffentlich höhere Fangmengen bei auskömmlichen Preisen ermöglicht.“ Eine Vorhersage sei nicht möglich. Wie viele Krabben es in der Nordsee gibt, hängt demnach von sehr vielen Faktoren ab – unter anderem vom Wetter, Nahrungsangebot und von der Zahl der Fressfeinde.

Wie viele Krabben es künftig zu welchen Preisen geben wird, ist auch mit Blick auf politische Entscheidungen ungewiss. Die EU-Kommission will die Fischerei mit Grundschleppnetzen – der typischen Fangmethode der Krabbenfischer – in Meeresschutzgebieten untersagen. Grundschleppnetze sind Fanggeräte, die etwa von einem Kutter geschleppt werden und für das Fischen beispielsweise von Schollen oder Krabben am Meeresboden oder in Bodennähe konzipiert sind. Meeresschützer kritisieren die Fangmethode, da sie den Meeresboden und dort lebende Organismen schädigt.

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11 Kommentare

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  • Mit dem "arme Leute Essen" Hering hat man dass ja auch mal komplett ohne Klimawandel hinbekommen, da kann bei den Krabben nichts schiefgehen.



    Vielleicht die Krabbenfischer außerhalb der Schutzgebiete mal machen lassen und wenn die alle aufgeben mussten haben die Krabben in und außerhalb der Schutzgebiete eine Chance zur Regeneration.

  • „Die Situation ist besonders, weil die niedrigen Fänge seit Jahren anhalten“, sagte Fischereiexperte Oberdörffer. „In der deutschen Krabbenfischerei erleben wir seit nunmehr vier bis fünf Jahren deutlich unterdurchschnittliche Fänge.“

    Was für ein "Zufall", dass die letzten Jahre die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen waren.

    Da die Menschen aber lieber weiter Öl für Autos verheizen wollen, werden Tiere wie Krabben und Fische im immer wärmer werdenden Wasser immer seltener. Dagegen hilft es auch nicht, sich über zu niedrige Fangquoten zu beschweren, im Gegenteil.

    Viel Spaß beim Klimawandel, die Menschheit schafft sich gerade ab!

    • @Thomas Schnitzer:

      *Nord- und Ostsee sind deutlich wärmer als früher. [...] Die Temperaturen auf dem Planeten steigen durch die Treibhausgase der Menschen – und Deutschland und seine Meere sind keine Ausnahme.*, hat die taz am 12.01.2024 geschrieben.

      Warum sollte es in Deutschland auch anders sein, als zum Beispiel am Great Barrier Reef (Australien), wo die Korallen schon seit Jahren absterben(?). Ein Hauptgrund für den Rückgang der empfindlichen Korallen ist der sich erwärmende Ozean, sagen die Wissenschaftler. Aber egal, ob nun Korallen oder Krabben verschwinden; Hauptsache das Wirtschaftswachstum schwächelt nicht, denn das ist alles, was unsere "Volksvertreter" interessiert.

      Sie haben mit Ihrem letzten Satz vollkommen recht. Wir Menschen müssen uns endlich eine andere Denkweise aneignen, sonst wird der Klimawandel nämlich auch der Menschheit ein Ende bereiten.

  • taz: *In vielen Urlaubsorten gibt es weiter Krabbengerichte, die Menschen müssen dafür aber deutlich mehr bezahlen als früher.*

    Krabben sind schon seit Jahren unbezahlbar. Heute gibt es 10 Krabben auf's Brötchen, die mit "einem Pfund Mayonnaise" zugekleistert sind - und dafür verlangen sie dann einen Haufen Geld.

    Man darf aber auch nicht vergessen, dass der Mensch die Natur immer bis zum bitteren Ende ausbeutet. Schuld ist dann natürlich jemand anderes, wie zum Beispiel der Kormoran, der angeblich alle Fische wegfängt und deshalb vom Menschen abgeschossen wird. Tja, so ist der Homo sapiens eben, der sicherlich alles ist, aber bestimmt nicht 'sapiens' (sapiens = vernünftig, klug, weise).

  • Preise sollten die echten Kosten, die echte Knappheit auch widerspiegeln.



    Das scheint inzwischen ja zu laufen.

    Und vielleicht gibt es sogar Wichtigeres global als Krabbenbrötchen. Vielleicht auch für den Inhalt der taz.

  • ist das nicht genau der Markt, der immer dann angerufen wird, wenn es darum geht eine aktive politische Steuerung zu verhindern und jetzt wo er greift und Wirkung zeigt beklagt wird, dass alles so teuer ist...?

    Da kann man nur mit den Schultern zucken, ist halt so, wenn mehr Menschen Krabben essen wollen, als es Krabben gibt, dann sind steigende Preise die Folge.



    Krabbenessen ist ja kein Grundrecht, billige Krabben essen auch nicht.



    Man kann sich natürlich Gedanken machen, ob es ginge Krabben wieder billiger zu machen, aber da wird es keine Lösung geben, die praktikabel sind.



    Sicher ist nur das Gejammer derer, die ansonsten immer alles über den Markt regeln wollen.

  • "Wie viele Krabben es in der Nordsee gibt, hängt demnach von sehr vielen Faktoren ab – unter anderem vom Wetter, Nahrungsangebot und von der Zahl der Fressfeinde."

    Genau. Zahl der Fressfeinde. Es ist nur frustrierend. Hört fünf Jahre auf,Krabben zu fischen und wundert euch dann drüber, dass es jetzt wieder mehr Krabben gibt, als ihr euch erinnern könnt.



    Ihr Fischer seid der einzige Fressfeind, der irgendwie Einfluss auf die Population hat.

  • "Zeitweise verkaufte Gosch daher nur noch auf Sylt Krabbenbrötchen. Dem Sprecher zufolge kostet ein Krabbenbrötchen dort aktuell weiter 6,50 Euro, weil es für den Unternehmer eine „Herzensangelegenheit“ ist." - Das ist wieder typisch: dort, wo die Reichen wohnen, bekommen die das Krabbenbrötchen praktisch geschenkt; alle anderen müssen darben oder verzichten. Dagegen muss der Staat doch etwas tun.

    Mal ehrlich: darüber einen Artikel? Verhungert jetzt jemand, weil er anstatt Krabben "nur" Matjes auf das Brötchen nimmt? Mit dem argumentativen Ansatz des Artikels kann man sich auch über die hohen Preise für einen Ferrari beklagen.

  • Wer hätte gedacht, dass die Überfischung irgendwann dazu führt, dass Bestände überfischt sind...

    • @Luebke:

      Nicht die Fischer jedenfalls.

  • Wenn jetzt auch noch der Kaviar knapp wird, weiß ich nicht mehr, wie ich mich ernähren soll.