piwik no script img

Fangewalt in DortmundNeue Dimension, die keine ist

Derzeit überwiegen populistische Forderungen fernab der Realität. Stattdessen müsste konstruktiv über die Gewalt von Fußballfans diskutiert werden.

Nicht jede Provokation führt zur Gewalt, Niveau ist trotzdem anderswo Foto: dpa

Als am Samstag das Bundesligaduell von Borussia Dortmund gegen RB Leipzig zu Ende ging, setzte eine Welle der Empörung ein. Ums Sportliche ging es kaum noch. Das große Thema waren stattdessen die diffamierenden Spruchbänder auf der „Gelben Wand“, dem Fanblock im Dortmunder Stadion: „Burnout-Ralle, Häng dich auf“ stand da, gerichtet gegen Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick. Dazu kamen die Übergriffe auf RB-Leipzig-AnhängerInnen vor dem Spiel. Mindestens zehn Leipziger Fans und auch PolizistInnen waren dabei durch Stein- und Flaschenwürfe verletzt worden.

Attacken auf StadionbesucherInnen und geschmacklose Spruchbänder sind nicht zu rechtfertigen, so viel sollte klar sein. Doch leider reicht die Problematisierung von Fangewalt auch dieses mal nicht über populistische Äußerungen hinaus.

Von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ konnte man am Dienstag im Weser-Kurier und in der Augsburger Allgemeinen lesen. Der Chef des Deutschen Fußball-Bundes, Reinhard Grindel, stellt sich einen „Aufstand der Anständigen in den Kurven“ als Gegengift vor.

Gunter A. Pilz, Deutschlands bekanntester Fanforscher und Experte in Fachausschüssen von Vereinen und Ministerien, sprach derweil von einer „neuen Dimension der Gewalt“ im Fußball und forderte ein vermehrtes Einschreiten der Ordner im Block: „Für das, was im Stadion passiert, ist der Verein verantwortlich. Wenn solche Plakate ins Stadion gebracht werden, müssen sie konfisziert und weggebracht werden.“ Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, setzte noch einen drauf: „Das Spiel hätte schon gar nicht angepfiffen werden dürfen.“

Noch mal: Gewalt und persönliche Angriffe per Spruchband gehören nicht zu einer guten Fankultur. Und doch ist dieses gegenseitige Überbieten in Katastrophenfloskeln unangemessen und wenig hilfreich. Dem Problem der Fangewalt kommt man mit solchen Schnellschussäußerungen nicht bei, im Gegenteil, man verklärt es.

Intervention in die Fanszene

So ist der Ruf nach Zivilcourage von Grindel zwar medienwirksam, aber realitätsfern. Gegenüber der konzertierten Aktion einer Gruppe hat der Einzelne deutliche Grenzen. Es kann nicht verlangt werden, dass Individuen sich gegen einen geschlossen auftretenden Fanblock stemmen.

Genauso am Ziel vorbei schießen Forderungen nach dem Einschreiten von Ordnungskräften im Fanblock oder danach, ein Fußballspiel mit über 80.000 ZuschauerInnen kurz vor Anpfiff abzusagen. Denn damit läuft man erst recht Gefahr, die Eskalation, die es eigentlich zu verhindern gilt, zu befördern.

Gewalt und persönliche Angriffe gehören nicht zu einer guten Fankultur. Aber gegenseitiges Überbieten in Katastrophenfloskeln ist wenig hilfreich

Das Problem, so wie auch mögliche Lösungen, ist komplexer. Dass hier das Thema Fangewalt isoliert am Beispiel von RB Leipzig diskutiert wird – einem Verein, der innerhalb von sieben Jahren künstlich zum Bundesligisten gepusht wurde und deshalb besonders in der Kritik steht –, trübt den Blick auf das Wesentliche. Dasselbe gilt für das Reden von der „neuen Dimension“.

Was es wirklich braucht, ist Intervention in die Fanszene, in deren Eigendynamik und Selbstorganisation. Gewaltprävention und Antidiskriminierungsarbeit gibt es schon, muss aber weiter ausgebaut werden. Das heißt: soziale Arbeit mit Fußballfans, die durch die FanbetreuerInnen in den Vereinen und den PädagogInnen der Fanprojekte geleistet wird. Hier braucht es Geld, Personal und ein stetiges Überprüfen und Evaluieren pädagogischer Ansätze, auch anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Keine unmittelbar messbaren Resultate

Fangruppen werden immer ausdifferenzierter, Fußball wird immer politisierter. Drei hauptamtliche Mitarbeiter im Fanprojekt Dortmund und sieben BVB-FanbetreuerInnen können das nicht leisten. Um weit genug zu den Fans durchzudringen, um Gewaltsensibilisierung nachhaltig voranzutreiben und eine selbstverantwortliche Fankultur zu fördern, braucht es Personal.

Aber das sind langfristige Ansätze, sie kosten Geld, sind schwerer zu bewerben und bringen keine unmittelbar messbaren Resultate. Da ist es einfacher, sich mit inhaltslosen Äußerungen als besorgt zu inszenieren, von Strafen und Verboten zu fantasieren – und die Verantwortung letztlich an die einzelnen Fans abzugeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

41 Kommentare

 / 
  • "Um weit genug zu den Fans durchzudringen, um Gewaltsensibilisierung nachhaltig voranzutreiben und eine selbstverantwortliche Fankultur zu fördern, braucht es Personal."

     

    Ähm. Was sind denn das für Wesen, diese "Fans"? Sollten das nicht vor allem ganz normale Menschen, mithin Mitglieder unserer Gesellschaft sein, denen im Erwachsenenalter extrem klar sein sollte, was rechtlich möglich ist und was nicht? Sollte es da nicht doch vor allem angemessen sein, dass der Staat versucht, seine Gesetze durchzusetzen statt mit pädagogischen Wattebäuschen und Dutzidutzi-Fanbetreuung zu agieren? Bei allem Respekt, wenn der Südkurvendortmunder ob jetzt Nazi oder "nur" Ultra, meint, Familien angreifen zu können, nur weil die einen Kommerzverein toll finden, dann braucht der keine "Gewaltsensibilisierung" sondern Knüppel und Haftstrafe. Hier geht es ja noch nichtmal um Unterdrückung politischer Meinungsäußerungen, hier geht es um Hass und Spaß an der Gewalt.

    • @LeSti:

      Sie sehen also keinen Bedarf an PRÄVENTION? Denn um nichts anderes ging es an dieser Stelle.

       

      Das ist so als würden sie fordern, die Verkehrserziehung in der Schule einzustellen, dann Däumchen zu drehen und abzuwarten, bis es auf der Strasse kracht, um dann die Polizei erstmal auf alle Anwesenden einprügeln zu lassen und sie danach möglichst lange in ein finsteres Loch zu stecken.

       

      Wow. Das klingt ja wirklich sehr... "zivilisiert"? Nicht.

      • @cursed with a brain:

        Nein, bei Erwachsenen sehe ich in diesen Dimensionen keinen Bedarf mehr an Prävention. Richtig, es gibt Verkehrserziehung in der Schule, üblicherweise so im Alter von 8-10 Jahren. Das ist auch das Alter, wo ich erwarte, dass Menschen gelernt haben, dass man nicht wild aufeinander eindrischt. Wer in seinen Zwanzigern hasserfüllt auf andere einschlägt, braucht keine Prävention oder Erziehung. Zumindest nicht ohne Freiheitsentzug.

        Wenn für Sie "zivilisiert" bedeutet, dass Erwachsene, nur weil sie sich im Umfeld eines Fussballspiels bewegen, wieder den kognitiven Status eines Achtjährigen einnehmen dürfen, dann habe ich tatsächlich ein eklatant anderes Verständnis von Zivilisation.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    Wenn es so etwas wie einen 'Plastikclub' geben sollten, dann findet man die Leipziger bestimmt nicht unter den Top5 der 'Plastikclubs' in der Bundesliga. Spitzenreiter ist für mich noch immer der FC Bayern München (FC Hollywood), dicht gefolgt vom BVB (Echte Liebe?!).

    Ja, RB Leipzig macht Werbung für RB? Wie schlimm. Bremen wirbt für einen Unternehmer, der mit skrupelloser Massentierhaltung sein Geld verdient. Der BVB hat mit Evonik einen sog. Sponsor, der mit 'Zyklon B' vor Jahren gute Geschäfte machte. Oder Leverkusen, wow, Glyphosat und andere Pestizide, mit denen unsere Nahrungsmittel vergiftet werden. Soviel zur sog. 'Tradition'.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Bei "Zyklon B" handelt es sich um ein Mittel zur Desinfektion und Schädlingsbekämpfung, das Anfang der 1920er Jahre von der Firma Degesch ("Deutsche Schädlingsbekämpfungsgesellschaft") entwickelt wurde. Ab 1936 gehörte neben der IG Farben und Degussa auch die Th. Goldschmidt AG aus Essen zu den Gesellschaftern. In den dreißiger Jahren wurden in Deutschland monatlich etwa 100 t von Zyklon B zur Desinfektion (z.B. Silos, Lager, Bekleidung) angewendet. Die Nationalsozialisten kamen dann auf die Idee, Zyklon B zum Massenmord in ihren Vernichtungslagern einzusetzen (Motorabgase erwiesen sich als ineffektiv und teuer) und orderten ab 1941 das Mittel ohne die Zusatzstoffe, die über Farbe und Geruch der Warnung vor Gefahr dienten. Es ist bis heute unbewiesen und eher unwahrscheinlich, dass auch die Gesellschafter der Degesch über diese Anfragen informiert wurden.

       

      Die Th. Goldschmidt AG nutzte eine Marktnische durch die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufkommende Bedeutung von Konservendosen aus Weissblech mit Zinnüberzug. Der Überzug schützte das Blech vor Korrosion, machte den Abfall aber unbenutzbar als Sekundärrohstoff für die Stahlindustrie. Mit der Erfindung eines einfachen Entzinnungsverfahrens stieg Goldschmidt zum Weltmarktführer auf, verlor aber infolge des ersten Weltkriegs alle Rechte und Patente. So spezialisierte man sich auf Korrosionsschutzfarben und Kunstharzleime. Nach dem zweiten Weltkrieg kam dann noch die Entwicklung sog. Tenside ("waschaktive Substanzen"), Silikone und PUR-Stabilisatoren hinzu. 1999 wurde die Goldschmidt AG fast vollständig vom amerikanischen Evonik-Konzern übernommen.

       

      Die Behauptung, Evonik oder auch die Th. Goldschmidt AG hätte zu irgendeinem Zeitpunkt bewußt ein Mittel produziert oder produzieren lassen, in der bewußt kalukierten Absicht, mit der massenhaften Ermordung von Menschen Geld zu verdienen, entbehrt nicht nur jeglicher Grundlage, sie ist schlicht verleumderischer Rufmord.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      RB Leipzig ist zwar formalrechtlich ein "Verein", strukturell aber eben nur eine Unterabteilung des Marketings eines Brausekonzerns.

       

      Deshalb kann sie auch nicht in eine wie-auch-immer-geartete Liste von echten VEREINEN aufgenommen werden.

       

      Stimmberechtigte Mitgliederzahlen einiger Vereine:

      FC Bayern München: 284.000

      FC Schalke 04: 144.700

      Borussia Dortmund: 144.100

      1. FC Köln: 85.200

      Bor. Mönchengaldbach: 77.800

      Hamburger SV: 77.000

      Werder Bremen: 36.500

      FC St. Pauli: 29.500

      Dynamo Dresden: 19.000

      FC Hansa Rostock: 11.000

      SV Darmstadt: 7.600

      TSG Hoffenheim: 6.900

      1. FC Magdeburg: 4.200

      FC Carl-Zeiss Jena: 4.000

      Chemnitzer FC: 2.000

      FSV Zwickau: 2.000

      Hallescher FC: 1.500

       

      Stimmberechtigte Mitgliederzahl der Marketing-Maßnahme zur Verkaufszahlenförderung eines Getränkeproduktes:

       

      RB Leipzig: 17

      • @cursed with a brain:

        Ahso. Sie meinen die 284.000 Mitglieder des Vereins über den Franz Beckenbauer mal gesagt hat das seien "die Schachspieler". Die Profimannschaft ist seit 1996 eine AG und hat mit den 284.000 von denen vermutlich 282.000 nur wegen der Profimannschaft eingetreten sind nicht mehr gemeinsam als den Namen. http://www.11freunde.de/artikel/kapitalgesellschaften-der-bundesliga

      • 8G
        81331 (Profil gelöscht)
        @cursed with a brain:

        Vereine?

        Unternehmen.

        • @81331 (Profil gelöscht):

          In welchem "Unternehmen" kann man per Beitrittserklärung Mitglied werden, auf jährlichen "Betriebsversammlungen" Anträge zur Unternehmensgestaltung und Vorstandsarbeit einbringen ohne dort beschäftigt zu sein und den Aufsichtsrat mitwählen?

           

          Ich kenne da keines.

           

          Vereine.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Wie viel Geld für den Fußball aus dem Fenster geworfen wird ärgert mich seit Jahren. Einfach alle Kosten die im Zusammenhang mit Fußballspielen anfallen an die Vereine in Rechnung stellen und fertig!

  • Junge weiße dumme Männer.

    • @Maria Burger:

      Na, Maria, wer hat's gesagt?

       

      "Ich sortiere Menschen nicht in Schubladen ein wie: Weiß-schwarz-rot-gelb-grün oder hetero- oder Homosexuell, trans, reich, arm, gebildet, ungebildet, belesen oder nicht, alt oder jung.

      Es gibt diese Schubladen alle nicht, außer zweien: Borniert oder weise."

    • @Maria Burger:

      "Ich sortiere Menschen nicht in Schubladen ein wie: Weiß-schwarz-rot-gelb-grün oder hetero- oder Homosexuell, trans, reich, arm, gebildet, ungebildet, belesen oder nicht, alt oder jung. "

       

      Zitat Maria Burger.

       

      Ich befürchte Sie tun dies doch.

    • @Maria Burger:

      Gott sei Dank.

       

      Wären es Moslems oder Schwarze hätten sie jetzt nen Hasspost. :)

  • Es gibt zwei Problemvereine in Deutschland, Dresden und den BVB. Der eine wird ständig bestraft und beim anderen tut man immer ganz überrascht, wenn die Altnazis dort Ärger machen.

    Ich kanns nicht mehr hören, das dumme Gerede von der tollen Stimmung auf der Süd.

    Und Tuchels Kommentar gestern spricht dafür, dass sich auch weiterhin nix ändert.

  • Was für ein Schwachsinn.

     

    Es gibt immer genau dann Probleme beim Fußball wenn irgendwelche Deppen anfangen von "Tradition" reden.

     

    Was in Dortmund passiert ist war vorhersehbar - lest euch nur mal das Sport1 Interview mit diesem Dortmunder Ultra-Deppen durch.

    Erschien letzten Donnerstag.

     

    //

    Ich persönlich hoffe auf mehr RB und mehr Hoffenheim.

    Komischerweise sind in diesen Plastikclubs deutliche mehr Familien und deutlich weniger bis keine Ultras.

     

    Und der Fußball auf dem Platz ist auch besser.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Thomas_Ba_Wü:

      "Was in Dortmund passiert ist war vorhersehbar - lest euch nur mal das Sport1 Interview mit diesem Dortmunder Ultra-Deppen durch."

       

      Wieder mal ein kümmerliches Bild, das die Polizei in NRW abgiebt. Der Laden scheint nicht reformierbar zu sein.

  • Das kann man effektiver und preiswerter lösen.

     

    Seit Jahren oder Jahrzehnten gibt es bei den Spielen Ajax - Feyenoord keine Auswärtsfans mehr. Die Supportercards mögen lästig für den Gelegenheitsfan sein, verhindern aber Verletzungen und Beschädigungen.

     

    Gegen Gewalt nur Fußballfans zu sensibilisieren würde auch nur sehr partiell in unserer Gesellschaft was bringen. Wenn die Hools dann zum IS oder zum "Asylantenabklatschen" gehen ist niemandem geholfen.

  • Attacken auf StadionbesucherInnen und "geschmacklose" Spruchbänder in einen Topf zu werfen (wie in diesem Artikel geschehen) ist erstmal schon gar nicht zu rechtfertigen...

  • Der zu Tage getragene Hass in Form von Transparenten in der " gelben Wand" war schon erschreckend.

    Kann mir mal jemand erklären was er gravierende Unterschied von RB Leipzig zu anderen subventionierten Fußballvereinen ist ?

     

    Dortmund ( Signal Iduna)

    Bayern ( Allianz,Audi, Telekom)

    HSV ( Milliardär Kühne aus der Schweiz)

    usw, usw.

     

    Ich finde das ziemlich verlogen, sagt ein St. Pauli Fan.

    • @Senza Parole:

      Könnte es sein, dass die Fans eigentlich Recht haben, aber der Fairness halber noch mehr solche Banner tragen müssten?

      Natürlich ohne St. Pauli?

       

      Für mich hat diese Forderung nach Hauptsache Ruhe und Sozialarbeit mit Fans auch einen Hauch von Brave New World.

      • @Sonntagssegler:

        St. Pauli kommerzialisiert sein Image auch. Nicht zuletzt deswegen begeistere ich mich seit dieser Saison für diesen Verein (dummer Einstieg, ich weiß). Ich sehe das aber genauso wie Senza Parole. Die Red Bull-Vereine, wie auch Hoffenheim, Ingolstadt und Konsorten zeigen überdeutlich, dass es im Fussball heute vor allem auf Geld ankommt, um erfolgreich zu sein. Der FC Bayern kam zu Geld, weil er sich durch Erfolge vor einem halben Jahrhundert eine große, sich erweiternde Anhängerschaft geschaffen hat, mit den entsprechenden Auswirkungen auf Fernsehgelder, Werbeeinnahmen usw. (Eine Imagereise nach Fernost hat natürlich nur was mit deutscher Vereinskultur zu tun, überhaupt nix mit Einnahmengenerierung). Genauso ist es bei den anderen. Dass gerade die Fans des BVB sich hier so aufspielen, ist nur lächerlich, wenn man sich die finanziellen Auswüchse beim BVB um die Jahrtausendwende anschaut. Wie man hier die Rolle der Finanzen ignorieren und sich an irgendwelchen angeblichen Traditionen aufgeilen kann, ist mir ein absolutes Rätsel.

    • @Senza Parole:

      Die kritische Auseinandersetzung mit sog. "Plastik-Clubs" hat im Dortmunder Anhang eine gewisse Tradition. Schon die Etablierung Hoffenheims wurde dort kritisch bis ablehnend begleitet. Hoffenheims Antwort auf persönliche Schmähungen gegen Clubboss und Mäzen Hopp bestand unter anderem im Beschuss des Auswärtsblockes beim Heimspiel der Kraichgauer gegen den BVB mit Hilfe einer selbstgebauten Schallkanone, die hohe Frequenzen in einer Stärke im eindeutig gesundheitsgefährdendem Bereich für alle dort stehenden Zuschauer abgab. Der DFB kündigte zwar eine "Untersuchung" des Vorfalls an, liess diese dann aber im Sand verlaufen. Wo waren da eigentlich die jetzt in den Medien so lautstark auftretenden Kritiker der "Gewalt im/am Stadion"?

       

      Die Jagdszenen vom Wochenende sind von der grundsätzlich berechtigten Kritik an einem Pseudo-"Verein" wie RB Leipzig strikt zu trennen. In Deutschland bildete das Vereinswesen im 19. Jahrhundert die Vorstufe zur Demokratisierung der Gesellschaft, die Abkehr vom Adelsherrschaftssystem hin zu einer modernen Gesellschaft gleichberechtigter Bürger. Menschen versammelten sich in Vereinen, um gemeinsam in demokratischer Weise einen selbstgesetzten Vereinszweck zu verwirklichen und das Vereinsleben zu organisieren.

       

      RB Leipzig ist dagegen ein abzulehnendes, rein wirtschaftlich ausgelegtes Konstrukt mit nur einer handvoll stimmberechtigter, "echter" Mitglieder, die allesamt in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zum Vorsitzenden Mateschitz stehen. Die übliche Mehrheitsfindung und Beschlussfassung auf demokratischer Basis ist defacto der autokratischen Herrschaft einer Einzelperson gewichen.

       

      Wie Herr Mateschitz mit Oppositionellen und dem internen Ruf nach Mitbestimmung umgeht, dafür bietet der Fall des Senders "Servus TV" ein klares Exempel.

       

      Mann muss sich nichts vormachen, wer sich mit dem Typus "RB Leipzig" in der Vereinslandschaft anfreunden kann, der hat offenbar auch kein Problem mit Alleinherrschaft und Führerprinzip.

      • @cursed with a brain:

        Mann muss sich nichts vormachen, wer sich mit dem Typus "RB Leipzig" in der Vereinslandschaft anfreunden kann, der hat offenbar auch kein Problem mit Alleinherrschaft und Führerprinzip.

         

        *lol*

        Genau und wer den Börsenverein Dortmund unterstützt befürwortet Turbokapitalismus, Ausbeutung und ein Kasinofinanzwesen.

        • @Thomas_Ba_Wü:

          Borussia Dortmund hat etwas mehr als 144.000 Mitglieder, RB Leipzig genau 17.

           

          Die Mindestzahl zur Gründung eines Vereins beträgt 7 Mitglieder. Erst infolge zwangsweiser Auflagen durch den DFB infolge des Aufstiegs in die zweite Bundesliga ("Profi-Bereich") führte Leipzig überhaupt (aber nur formal) die Möglichkeit zur Antragstellung auf eine stimmberechtigte "Vollmitgliedschaft" ein. Bis dahin gab es lediglich die "Fördermitgliedschaft", sprich Beitragszahler ohne Mitbestimmungsrechte

           

          Bei Borussia Dortmund kann jeder Mitglied werden (Minderjährige benötigen die Unterschrift eines Erziehungsberechtigten) und ab Vollendung des 18. Lebensjahres mit Rede- und Stimmrecht an den jährlichen Mitgliederversammlungen teilnehmen, bei RB Leipzig kann nur "stimmberechtigtes" Mitglied werden, wer dem Vorsitzenden paßt.

           

          Bei Borussia Dortmund beträgt der Jahresbeitrag 60 Euro, bei RB Leipzig bis zu 1000 Euro.

           

          Aber Du hast Deine elitenbewußte und tendenziell demokratiefeindliche Haltung ohnehin schon mehr als ausreichend dokumentiert.

          • @cursed with a brain:

            Wie schon weiter oben angeführt:

            die Fußballabteilung des "BVB" ist eine GmbH & Co KG a. A. also eine börsennotierte Kapitalgesellschaft.

            Hat sich was mit "Verein"

            • @Saccharomyces cerevisiae:

              Die Mehrheit der börsennotierten Kapitalgesellschaft hält der Verein, dessen Vorstand von einem Aufsichtsrat bestimmt und kontrolliert wird, dessen mitglieder eine VOLLVersammlung wählt, an der JEDES VERINSmitglied teilnehmen und mitbestimmen kann.

               

              Hat sich was mit "Unternehmen".

    • @Senza Parole:

      Gibt es immernoch fussballaffine Menschen, die den Unterschied zwischen Sponsor und Investor nicht verstehen? Die nicht verstehen, dass in Dortmund, Hamburg oder Gelsenkirchen Werbung gemacht wird um Fussball zu spielen aber in Leipzig Fussball gespielt wird um Werbung zu machen? Wenn man sich zusätzlich noch die jüngere Geschichte von Austria Salzburg (den Verein gibt es in seiner urspünglichen Form nicht mehr) zu Gemüte führt könnte man darauf kommen worin die gravierenden Unterschiede zwischen anderen Fussballvereinen und den RB gesteuerten Produkten liegen.

      • @Nur so:

        Der fuballaffine Mensch weiß aber auch, dass Dortmund, Bayern, BAYER Leverkusen ohne Sponsoren und Werbung nicht mehr spielen könnten.

        Ich glaube da wünschen sich Menschen die gute alte Zeit zurück. Man müsste mal schauen wer bei Dortmund und dem HSV die Mehrheitsanteileigner in den AG's sind

        • @Senza Parole:

          Hast Du etwa noch nie etwas von der "50+1"-Regel gehört?

           

          Wenn ja, dann solltest Du eigentlich nicht fragen. Gerade die von Dir genannten "Volks"- und Breitensportvereine aus Dortmund (144.000 Mitglieder) und Hamburg (im HSV treiben rund 77.000 Mitglieder in 33 verschiedenen Abteilungen Sport) müssen so strukturiert sein, dass der "Hauptverein" immer die absolute Stimmmehrheit in den Gremien der ausgelagerten Firmen zur Durchführung des Lizenzspielbetriebes inne haben.

           

          Etwas anders sieht es bei Vereinen wie Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, TSG Hoffenheim oder dem SV Hannover aus. Hier dürfen die Geldgeber die Mehrheit der Stimmrechte in den ausgelagerten Firmen haben, weil sie aufgrund einer Novellierung der "50+1"-Vorschrift den Gesamtverein (bzw. die Lizenzspielerabteilung) 25 Jahre oder länger ununterbrochen als größter Sponsor unterstützen. Bayer 04 Leverkusen wurde sogar als Betriebsmannschaft gegründet. Erst seit 1984 ein eigenständiger Sportverein (TSV Bayer Leverkusen), wurde 1999 die Fußballabteilung aus diesem in eine GmbH ausgegliedert.

           

          Ohne Sponsoring und Werbung kann kein Verein heute mehr überleben, nicht mal in der Kreisklasse reichen Mitgliedsbeiträge und Zuschauereinnahmen alleine aus, um die Ausgaben durch den sportlichen Betrieb zu stemmen.

           

          Auch Vereine, wie der FC St. Pauli und der HSV unterscheiden sich da nur noch in der Höhe der gehandelten Summen.

    • @Senza Parole:

      Ganz einfaches Beispiel: http://www.lvz.de/Sport/RB-Leipzig/News/RB-Leipzig-kauft-Red-Bull-Arena-und-will-Stadion-auf-57.000-Plaetze-ausbauen

       

      Ähnlich lief es in Hoffenheim. Die Vereine mussten für ihr Stadion nicht zahlen. Das erklärt die Situation schon in einem entscheidenden Aspekt.

       

      Und grundsätzlich geht es um den Erhalt der 50+1 Regel. Wenn diese fällt oder DFB/DFL noch mehr Ausnahmen nach Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig zulassen, wird auf Dauer die Liga immer uninteressanter. Vereine wie 1860, Bochum, Duisburg, Kaiserslautern, Braunschweig, Hannover und und und werden es über kurz oder lang nicht mehr zurück ins Oberhaus schaffen können. Und die Zuschauerzahlen und Einschaltquoten von Vereinen wie Wolfsburg und Hoffenheim sind das Resultat.

    • @Senza Parole:

      Der große Unterschied ist, dass sich die Vereine daß Interesse von Investoren mit Erfolgen erarbeitet haben!

       

      Genauso haben die genannten Vereine demokratische Strukturen, die in Leipzig nicht vorhanden sind.

       

      Dortmund ist als börsennotierter Club sogar der demokratischste Verein, weil hier durch den Erwerb von Aktien sogar Anteile an die Mitglieder gegeben werden.

      • @GuGrum:

        Achso? Und wieso werden dann immer mehr Mannschaften aus den demokratischen Vereinen als Kapitalgesellschaft ausgegliedert? Bestimmt um die Demokratie zu stärken. Ich bin nun auch kein Fan der Red Bull Projekte. Aber im Fussball geht es seit Jahrzehnten nur um Geld. Ob sich die Bayern das nun durch Erfolg "erarbeiten" oder von Konzernen in Werksmannschaften gesteckt wird: Wer viel Geld hat, hat gute Chancen, die beste Show zu liefern und bekommt dadurch auch die meiste Aufmerksamkeit.

      • @GuGrum:

        *lol*

         

        Kaum geht's um den BVB wird der Kasinokapitalismus als "Demokratie" verkauft.

        • @Thomas_Ba_Wü:

          Sie benutzen politische Schlagworte ohne deren Inhalt zu kennen.







          Unter Kasino-Kapitalismus versteht man im konkreten "ein hoch risikoreiches Geschäftsgebaren mit dem Effekt einer globalen Finanzkrise". Sie glauben doch nicht wirklich, ein möglicher Bankrott der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA würde eine globale Finanzkrise nach sich ziehen?







          [...] Beitrag gekürzt. Bitte beachten Sie die Netiquette. Vielen Dank. Die Moderation

          • @cursed with a brain:

            Da wird es wirklich schwer sich zu entscheiden, welches eigentlich die größere Beleidigung für den Intellekt ist, der mutwillige, populistische verbale Übergriff oder die perpetuelle Willkür der Scherenhände...

  • Immer wieder der fussball...

    Ich werde diesem sport nie etwas abkönnen.

    Aber anscheinend eins der zahlreichen Ventile die es braucht wenn mann nur noch testosteron im kopf hat...

    • @Pepe le Pew:

      Ein anderes solches "Ventil" besteht wohl darin, sich abfällig über Dinge zu äußern, die man nicht versteht, obwohl sie einen angeblich "gar nicht interessieren"...

      • @cursed with a brain:

        Hm... das ist möglich

        Es interessiert mich nicht die bohne wer kickt

         

        Ich verstehe nur diese Gewalt nicht im Zusammenhang mit ... Sport

         

        Ich möchte nicht den Fussball per se als schlecht bezeichnen.