Falscher Bericht über Monsanto-Kauf: Bundesbank finanziert deine Mudda

Das Magazin „Telepolis“ von „heise.de“ behauptet, der Bayer-Konzern habe für den Monsanto-Kauf Zuschüsse aus Steuermitteln bekommen. Das ist falsch.

Bayer-Zentrale

Finanzielles Fiasko Monsanto-Kauf: Bayer-Zentrale in Leverkusen Foto: reuters

BERLIN taz | Der US-Konzern Monsanto galt vielen als Ausgeburt des Bösen. Er verkaufte genmanipuliertes Saatgut, trieb Bauern in den Suizid, verdiente viel mit dem Umweltgift Glyphosat. Als der Leverkusener Chemiekonzern Bayer Monsanto im vergangenen Jahr für 63,5 Milliarden Dollar übernahm, warnten Umweltschützer vor den Risiken.

Nun will Telepolis, ein Online-Magazin von heise.de, enthüllt haben: „Kauf von Monsanto mit Steuergeldern finanziert.“ Was eine Story. Haben etwa Bund, Länder oder Kommunen die Früchte unserer Arbeit für diesen Horror-Deal verpulvert? Viele teilten den Text auf Twitter, darunter die Grünen-Politikerin Renate Künast. Einen Schuldigen nennt die Autorin auch, den Chef der Bundesbank: „Es war Jens Weidmann, der den Kauf Monsantos finanziert hat.“

Die taz kritisierte die Übernahme Monsantos durch Bayer stets und enthüllte, wie Bayer mit Studien zu Glyphosat schummelte. In diesem Fall allerdings nicht: Den Monsanto-Deal haben weder Bund, Länder noch Kommunen mit auch nur einem Cent finanziert. Der vielgeklickte Telepolis-Artikel unterliegt zwei Denkfehlern: Erstens, die Bundesbank verfüge über Steuergelder. Und zweitens, dass die Geldpolitik von Notenbanken so etwas wie Subventionierung ist. Ist es nicht.

Was passiert ist, ist, dass Bayer den Kauf von Monsanto teilweise mit neuen Schulden finanzierte – und dafür Anleihen, also Schuldscheine, verkaufte. Auch Sie, die Sie dies lesen, hätten die Monsanto-Übernahme mit ermöglichen können, mit dem Kauf von Anleihen – über die Börse in Luxemburg, beispielsweise mit einer Laufzeit von 4,5 Jahren und einem jährlichen Zinssatz von 0,625 Prozent von der niederländischen Bayer Capital Corporation B.V.

Flächenbombardement mit Geld

In Europa hat Bayer auf diese Weise fünf Milliarden Euro eingesammelt, in den USA 15 Milliarden US-Dollar. Und da kommt die Bundesbank ins Spiel: Die hat einen Teil der in Europa ausgegebenen Anleihen gekauft, zum gleichen Zinssatz wie private Marktteilnehmer. So etwas machen nationale Notenbanken öfter, und zwar seit 2016. Den Auftrag dazu haben sie von der Europäischen Zentralbank. So sind seither für insgesamt 177 Milliarden Euro von 274 Unternehmen oder deren Tochterfirmen Anleihen gekauft worden. Das muss man sich aber nicht wie einen Deal im Hintergrund vorstellen, den Bayer-Chef und Bundesbank-Chef zusammen im Pfingstrosen-Züchterverein aushecken.

Hinter dem Kauf steht vielmehr ein geldpolitisches Programm, das CSPP heißt und das wiederum Teil eines als Quantitative Easing bezeichneten Vorgangs ist: Eine Art Flächenbombardement mit Geld (circa 2,5 Billionen Euro). Es existiert seit der Finanzkrise 2008 und wegen des schwachen Wachstums. Die Geldflut soll die Inflation hochtreiben, auf 2 Prozent, was nach Ansicht der EZB gut für das Wachstum ist.

Die Zentralbank kauft dabei vor allem Staatsanleihen, aber auch Unternehmensanleihen wie die von Bayer. Sie hat dabei aber nicht zu beurteilen, was die Unternehmen mit dem Geld anstellen. Genauso, wie die Zentralbank auch Banknoten ausgibt, egal, ob die nachher von der Mafia oder deiner Mudda ausgegeben werden. Das sind die Regeln, die sich die Zentralbanken der Eurozone selbst gesetzt haben. Bedingung ist lediglich, dass die Unternehmen ein bestimmtes Rating („BBB Minus“) nicht unterschreiten.

Notenbanken verfügen nicht über Steuergeld. Sie machen Geldpolitik

Wohl gemerkt, an dem ganzen Quantitative Easing gibt es eine Menge berechtigter Kritik: Es bläht die Märkte auf, verringert Zinsen aufs Sparbuch, lässt Wohnungspreise explodieren – und viele meckern, warum die EZB Anleihen von Unternehmen kauft, die Öko-Schweinereien machen. Wie eben jetzt Bayer.

Geld aus dem Nichts

Auf gar keinen Fall handelt es sich bei den Bundesbank-Krediten aber um Steuergelder. Wenn die Bundesbank die Anleihen kauft, erschafft sie Geld aus dem Nichts. Klick. Was Zentralbanken halt so machen. Die Steuerzahlenden investieren dabei keinen müden Cent in Bayer. Sollte der Konzern wegen der vielen Klagen gegen Monsanto pleitegehen und die Schulden nicht tilgen können, dann würde lediglich der Gewinn der Bundesbank etwas kleiner ausfallen, den sie jedes Jahr ans Finanzministerium überweist. Sollte Bayer nicht pleitegehen, verdient der Finanzminister an den Zinsen.

Kommen wir zum letzten Punkt: Wie viel Anleihen zum Monsanto-Kauf hat die Bundesbank Bayer abgekauft? Dazu gibt es von der Bundesbank nur Angaben im Hintergrund. Maximal 3,5 Milliarden Euro wären nach den EZB-Regeln möglich gewesen. Bayer sagt, es handle sich nur um einen kleinen Bruchteil der möglichen 3,5 Milliarden. Das muss man nicht glauben, ist aber plausibel: Die Nachfrage nach den Anleihen zur Finanzierung des Monsanto-Deals waren sowohl in den USA als auch in Europa viermal so hoch wie das Angebot.

Entscheidend ist: Auch ohne Bundesbank hätte Bayer 20 Milliarden Euro in Europa und 60 Milliarden Dollar in den USA einsammeln können. Das zeigt vor allem, dass Anleger manchmal ziemlich unvorsichtig sind: Bisher ist der Kauf von Monsanto für Bayer ein finanzielles Fiasko. Verluste machen die Käufer der Anleihen freilich nur, wenn Bayer an dem Deal pleitegeht.

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