FPÖ-Korruptionsskandal und die EU-Wahl: Strache verzichtet auf EU-Mandat
Trotz Korruptionsskandal hat FPÖler Strache ein Mandat für das EU-Parlament gewonnen. Der Exvizekanzler hat nun entschieden, es nicht anzutreten.
Das kommunizierte der gefallene Ex-FPÖ-Chef via soziale Medien am Montag, exakt einen Monat nach der Veröffentlichung des berüchtigten Ibiza-Videos, auf dem Strache einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte fette Staatsaufträge, eine Mehrheitsbeteiligung an der auflagenstarken Kronen Zeitung und selbst Geschäfte mit dem Trinkwasser in Aussicht stellt, wenn sie ihn durch Parteispenden an die Regierung bringt.
Strache war am folgenden Tag als Vizekanzler und FPÖ-Chef zurückgetreten. Wenige Tage später katapultierten ihn fast 45.000 Vorzugsstimmen nach Brüssel. Die Vorzugsstimmenkampagne hatte Identitären-Chef Martin Sellner eingefädelt. Wochenlang hatte Strache Freund und Feind im Unklaren gelassen, ob er das unverhoffte Mandat annehmen würde.
Für die um Schadensbegrenzung bemühte Partei ist der Mann, dessen autoritäre Wunschträume weltweit über die Bildschirme gelaufen sind, gleichzeitig ein Klotz am Bein und ein Stimmenbringer, wie die EU-Wahl zeigte. Sein persönlicher Facebook-Account mit über 800.000 Followern ist der größte eines österreichischen Politikers und ein entsprechend wertvolles Instrument der Wählerbindung. Deshalb dürfte der interimistische Parteichef Norbert Hofer ihm lange zugeredet haben. Jedenfalls zeigte er sich in einer ersten Reaktion erleichtert: „Der Schritt, den Strache getan hat, war richtig“.
Dass er durch einen mit 10.000 Euro monatlich dotierten Beratervertrag mit ruhig gestellt werden sollte, dementierte Hofer. Es ist wohl auch kein Zufall, dass die Wiener FPÖ am Wochenende bestätigte, sie werde bei den vorgezogenen Nationalratswahlen am 29. September Philippa Strache, Straches 31-jährige Frau und Tierschutzbeauftragte der FPÖ, auf einen sicheren Listenplatz setzen. Dass es einen entsprechenden Deal gegeben habe, wiesen alle Beteiligten empört zurück.
„Meine Frau Philippa ist eine unglaublich starke und völlig eigenständige Persönlichkeit, welche politisch sicher viel einbringen wird“, so Strache am Sonntag im Boulevard-Blatt Österreich. Strache, der den Skandal konsequent als „politisches Attentat“ deutet und ab Tag eins an seinem politischen Comeback bastelt, lässt offen, ob er nächstes Jahr als Spitzenkandidat für den Posten des Wiener Bürgermeisters zurückkehrt. Vorher will er aber all seine Tatkraft in die „Aufklärung der Hintergründe, Auftraggeber und Hintermänner“ des Skandal-Videos stecken. Die Stammwähler-schaft, das zeigen auch jüngste Umfragen, hat Strache längst verziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“