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FFF und Extinction RebellionBlockaden und Massenproteste

Extinction Rebellion plant für kommende Woche zahlreiche Aktionen, Fridays for Future will Ende November einen weiteren globalen Protesttag begehen.

Aktivisten von Extinction Rebellion kippen künstliches Blut vor das britischen Finanzministerium Foto: dpa

Berlin taz | Noch am Donnerstag stand die Aktivistin Carola Rackete bei einem Auftritt im EU-Parlament in Brüssel und erntete unter den Parlamentariern für ihr Engagement für Flüchtlinge viel Applaus. Doch die Flüchtlinge sind nicht das einzige Anliegen der 31-Jährigen. Am heutigen Freitag tritt sie bereits auf einer Pressekonferenz für die Klimaschutzinitiative Extinction Rebellion auf.

Diese Gruppe will sich mit dem wöchentlichen SchülerInnenstreik von Fridays for Future nicht mehr zufrieden geben. Sie ruft gleich zu tagelangen Blockaden von Berliner Hauptstraßen auf.

Bereits ab dem kommenden Montag sollen „mehrere Tausend Menschen beim friedlichen ‚Aufstand gegen das Aussterben‘ zentrale Straßen und Plätze in Berlin blockieren“, kündigte die Initiative vorab in einer Presseerklärung an. Darin bezeichnen sie das vor zwei Wochen beschlossene Klimapaket der Bundesregierung als ein „Schlag in das Gesicht von 1,4 Millionen Demonstrant*innen. „Da Petitionen und Demonstrationen nichts nützen, müssen wir jetzt den Alltag der Hauptstadt stören, bis die Politik uns zuhört“, sagte Carola Rackete.

Sie hatte im Juni 2019 als Kapitänin der Sea-Watch 3 insgesamt 53 aus Libyen kommende Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot gerettet und war nach wochenlangem Warten auf eine Genehmigung in der Nacht zum 29. Juni trotz eines Verbots durch italienische Behörden den Hafen der Insel Lampedusa angelaufen. Für diese Aktion verhafteten die italienischen Polizisten sie und stellten sie unter Hausarrest. Eine italienische Untersuchungsrichterin hob den Arrest nach drei Tagen jedoch wieder auf.

Klimanotstand gefordert

Drei Forderungen stellt sie nun als Klimaaktivistin auf: Die Bundesregierung müsse die existenzielle Bedrohung der ökologischen Krise offenlegen und sofort den Klimanotstand ausrufen. Alle politischen Entscheidungen, die der Bewältigung der Klimakrise entgegenstehen, müssten revidiert werden.

Zudem fordert sie die Bundesregierung auf, mit allen Mitteln dazu beizutragen, dass das Artensterben gestoppt wird. Ziel der Gesellschaft müsse es sein, „das Klima und die Ökosysteme der Erde so zu stabilisieren, dass sie allen Menschen und allen Arten ein sicheres Zuhause bietet“.

Aktivistin Rackete fordert Bürgerversammlungen

Und sie fordert die Regierung auf, Bürgerversammlungen einzuberufen. Darin könnten zufällig ausgewählte Bürger darüber beraten und entscheiden, wie die oben genannten Ziele erreicht werden können. Sie würden dabei von Experten unterstützt.

Durch die zufällige Auswahl der Bürger würden alle gesellschaftlichen Gruppen eingebunden. Die Bedürfnisse der Menschen, die von der ökologischen Krise am stärksten betroffenen seien, hätten allerdings Priorität und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte müsse eingehalten werden. Die Regierung habe sich zu verpflichten, die Beschlüsse der Bürgerversammlung umzusetzen.

Auch die Klimaschutzbewegung Fridays for Future hat die schwarz-rote Koalition in einem offenen Brief aufgefordert, ihr am 20. September verabschiedetes Klimapaket grundlegend zu überarbeiten. Die Entscheidungen der großen Koalition bezeichnete Fridays for Future als „politische Bankrotterklärung“. „Zwar behaupten Sie inzwischen, Fridays for Future hätte Sie aufgerüttelt – doch angesichts dieses lächerlichen Maßnahmenpakets befinden Sie sich offenbar weiterhin im politischen Tiefschlaf.“

Die Maßnahmen würden nicht nur das Ziel verfehlen, die Erderwärmung unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten, „sondern sogar die deutlich zu niedrigen Klimaziele der Bundesregierung für 2030 nicht einhalten“.

FFF kündigt weiteren globalen Klimaaktionstag an

Die Bewegung kündigte einen weiteren globalen Aktionstag für den 29. November an. Er findet direkt vor Beginn der Weltklimakonferenz in Chile (2. bis 13. Dezember) statt. In über 100 Städten seien bereits Aktionen geplant, teilten die Organisatoren mit. Neben klassischen Streiks solle es auch „kreative Proteste“ geben.

Die Aktionen von Extinction Rebellion ab kommenden Montag sind ebenfalls eingebettet in weltweiten Aktionen. Eigenen Aussagen zufolge sei Extinction Rebellion in mehr als 60 Großstädten aktiv. Zu den Blockaden in Berlin rufen sie bundesweit auf.

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19 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Die Frage ist doch was passiert, wenn die Repression einsetzt.

    Keine Hauptstadt der Welt kann es sich bieten lassen, dass ihre Magistralen tagelang blockiert werden.

    Also macht man entweder einen Deal, dass die Blockaden beispielsweise auf fünf Minuten pro Stunde begrenzt bleiben oder man riskiert die Konfrontation.

    Und die bedeutet Wasserwerfer, Pfefferspray und schmerzhafte Griffe. Dazu kommen möglicherweise vorübergehende Verhaftungen und Strafanzeigen.

    Ich tippe mal auf Szenario Eins.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Wäre doch super. Reduced to the max!

      Botschaft kommt knackig rüber und null ewige Diskussionen in der taz über Revolutionsgedöns in der taz. Und keine Verletzten, weil irgendwelche wieder auf Französchiche Revolution machen und mit Widerstand gg. „Cops“ bei ihrer Liebsten punkten wollen.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Und am besten lässt man die ganze Sache von einer Werbeagentur organisieren, dann gibt es die besseren Bilder.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      UND:



      "…dass ihre Magistralen tagelang blockiert werden."



      Wenn sich nicht sehr bald sehr viel sehr grundlegend ändert, ist in Kürze viel mehr "blockiert" – das gesamte (Über)Leben.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Die Konfrontation könnte diesmal aber auch schlimmer enden… bei bürgerkriegsähnlichen Zuständen, denn Extinction Rebellion meint den zivilen Ungehorsam m. E. ernst.



      Da is nichts mit "fünf Minuten"…



      Ich weiß nur noch nicht, ob ich das hoffen oder befürchten soll.

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Frau Kirschgrün:

        Das geht mir auch so, will man es hoffen oder muss man es befürchten.

        Das Problem scheint mir Folgendes zu sein: Um der Klima-Problematik Herr werden zu können, müssten sich einige systemrelevante Dinge ändern.

        Systemrelevante Dinge haben aber eine ungute Eigenschaft: Sie sind systemrelevant.

        Es wäre dann wohl so, wie wenn ich nach Zehlendorf fahren würde und an einer Villentür klopfen würde, um zu sagen: Also hier ist Platz für zwanzig Leute, wir ziehen gleich ein.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Naja, wenn genug Menschen auf "Systemrelevanz" – sprich den alltäglichen Luxus im Vergleich zum Rest der Welt – verzichten können|wollten…



          Es wird ein "change by desaster" werden – obwohl, ich will die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass das Desaster nicht allzu groß werden müsste (ganz ohne allerdings wird es wohl nicht abgehen können).



          Wir bräuchten eine andere Kommunikation(sart). Die Mainstream-Medien, die Reichen und ihre Politiker müssen daran gehindert werden, nicht mehr so viel zerstörerisch dazwischenquatschen zu können…



          Wenn alle auf AlG2-Niveau leben würden – eher noch etwas darunter – würden schon mal Wirtschaft und Verschwendung Bedrängnis geraten. Deutschen Export zum Erliegen bringen, alle freien Flächen sofort in Eigenregie der Anwohner landwirtschaftlich für Ernährung bebauen.



          Kommunikationszentren verlagern oder besetzen.



          🔺Und



          "…an einer Villentür klopfen würde, um zu sagen: Also hier ist Platz für zwanzig Leute, wir ziehen gleich ein." Ohne das wird's auch nicht gehen, denn freiwillig geben die ja nichts her, die Villenbesitzer glauben ja, das Bewohnen von Villen sei Menschenrecht, während es hunderttausende Obdachlose in D gibt.🔺



          Das wird heftig.



          Solidrität müssten unbedingt die "Ärmeren" untereinander haben, aber das dürfte das größte Problem werden, denn der "Nachholbedarf" dürfte riesig sein. Die haben als allerletzte Lust auf "Darben" bzw. mit deutlich weniger auskommen zu müssen.



          Was wird passieren?



          Wir sitzen alle in unseren Buden und warten weiter auf Godot, weil das in D schon immer so war.



          Die Herausforderung wäre doch genau die:



          Eine Regierung oder eine Kommission oder was auch immer, müsste den geordneten Ausstieg aus dem Konsumwahn organisieren, Freizeitbeschäftigungen mit Mehrwert "verordnen" bzw. Lust dauf wecken, zwischenmenschliche, offene Kommunikation müsste wieder an erster Stelle stehen. Ein Zusammenstehen wäre nötig, das über Jahrzehnte hin systematisch abgeschafft wurde. Naja, mal so in den Papierkorb, 2000 Zeichen FIN.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Da rechnen Sie falsch. Das Ding mit den Supersuperreichen ist, dass es viel zu wenige von denen gibt. . Da kommt Plan B eher in Betracht. Die überwiegend vielen freien Zimmerchen beim Rest. Insbesondere in Ossiland gibts ja Wohnungsleerstand ohne Ende (10%)

        • 0G
          05158 (Profil gelöscht)
          @88181 (Profil gelöscht):

          Vielleicht etwas weit hergeholt, aber meine Uroma hatte sechzehn Russen zur Einquartierung. Da wurde nicht angeklopft, die Tür wurde eingetreten!



          Mir geht durch den Kopf, welche Lanzeitwirkungen hatten(haben) die großen Weltkriege in bezug auf die Umwelt! Von den Atomtests (unfällen) mal ganz abgesehen. Wie schon mal geschrieben, kommt mir das Millitär zu kurz(s.Umwelt). Läuft da was schief, wars das! Egal wie groß die Extiction Rebellion ist. Das sich in diesem Bereich (MIK) etwas ändern lässt-unrealistisch!

  • "Und sie (Carola Rackete) fordert die Regierung auf, Bürgerversammlungen einzuberufen. Darin könnten zufällig ausgewählte Bürger darüber beraten und entscheiden, wie die oben genannten Ziele erreicht werden können. Sie würden dabei von Experten unterstützt."



    ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️



    Yesss!



    ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️



    Was für eine tolle Idee!



    ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️

    • @Frau Kirschgrün:

      Yesssss!

      Gebt mir vier Jahre Zeit !?



      Die Experten müssen natürlich linientreu sein, aber das sind Forscher und Wissenschaftler ja immer, denn sie stehen qua Definition über allen Anderen, sagt ja schon der Name, denn wer forscht, sündigt nicht.

      Noch wähle ich, auch wenn das was Sie tun, nicht wirklich das ist, was mir weiterhilft, aber ich könnte es noch beeinflussen. Wie müsste ich denn gegen eine Entscheidung dieser „Räte“ vorgehen, wenn sie offensichtlich falsch, bzw. von persönlichen Interessen geleitet gewesen wäre? Man kennt diese kommunikative Art örtlicher Zufallspersonen ja aus den Ortschafts- und Gemeinderäten. Einfach auf’s Maul hauen? Schützt die dann am Ende auch die Polizei mit Gewalt, weil du nicht auf den Lesch, Quaschnigg, Paech, oder sonst wen gehört hast?

      Und wenn ich an die kommunikative Art jener, die Scholle brechenden und sich gerade einmal so selbst versorgen könnenden Vorfahren zurückblicke, dann hätten die vieles gemacht übern Tag, aber niemals auch noch Jemand etwas abgegeben.

      • @Weidle Stefan:

        Grade noch vergessen:



        ZUSAMMEN nicht GEGENEINANDER.



        Das ist das Zauberwort.



        Vertrauen. Jeder Mensch ist gleich viel wert.



        Schöne Woche, beim "Planeten-unbewohnbar-machen".

      • @Weidle Stefan:

        "Und wenn ich an die kommunikative Art jener, die Scholle brechenden und sich gerade einmal so selbst versorgen könnenden Vorfahren zurückblicke, …"



        Und ganz genau das wird (wieder) auf uns zukommen.



        Es wird ums nackte Überleben (mit Frieren, Hungern, Darben, Krankheiten, etc.) gehen, spätestens für unsere Kinder.



        Wir haben's verka…kt. Total verka…kt.



        Durch Gier, durch Unvernunft, durch Verschwendung von allem, durch Ignorieren des vorhandenen Wissen, durch "Wider-Besseren-Wisssens Handeln", durch Besserwisserei, durch Bequemlichkeit, durch Dummheit (darf nicht vergessen werden), durch Rechthaberei, durch Nicht-Gleichberechtigung aller Menschen, durch Ausbeutung, durch Ressourcenverschwendung, durch Auslagerung der Umweltverschmutzung, durch Ausbeutung der Dritt- und Viertweltländer, durch… … usw., usw..



        Wie Sie sehen, kann ich auch (wie Sie) "Furor" – nur in die m. E. positive bzw. realistische Richtung. Gefällt mir besser so.



        Und sollten ein paar mehr von uns überleben, wird es spätestens dann nicht mehr ohne Abstimmungen auf der unteren Ebene des Gesellschaftsgebildes gehen, denn alle werden irgendwie gleich betroffen sein, falls genug Menschen die Verteilungskämpfe und Verteilungsungerechtigkeiten der Reichen überleben sollten.



        Und alles nur, weil wir zu doof sind, den Realtitäten ins Auge zu blicken und entsprechend gerecht und konsequent zu handeln. "Richtig" wählen hätte auch geholfen…



        Darf ich sagen "wie blöd ist der Mensch eigentlich"? Darf ich.



        Jeder Mensch, der glaubt, besser zu sein, als sein Nebenmensch hat schon wieder die Arschkarte, denn was für ein Menschenbild hat er denn?! Ein mieses, denn er ist kein Stück besser als sein Nebenmensch. So schaut's aus. Dieses ständige Misstrauen und diese ständige Missgunst, das verschwendet Energie, vernichtert Menschen, zerstört Gemeinschaften.



        Alles bekannt.



        Na dann, gute Nacht.

    • @Frau Kirschgrün:

      „ Darin könnten zufällig ausgewählte Bürger darüber beraten und entscheiden, wie die oben genannten Ziele erreicht werden können.„

      Nö. Not my vote. Ich habe keinen Bock auf Gremien mit dem 15% rechtspopulistischen Bodensatz, in dem diese Hansels irgendetwas mitentscheiden.

    • @Frau Kirschgrün:

      Zufällig bin ich der entscheidende Bürger :-)

  • Da Extinction Rebellion und Fridays for Future ja aus der Mitte der Gesellschaft kommen und mit links nichts am Hut haben, könnten sie ja bei ihren Blockaden von Kampfgas und Wasserwerfern verschont bleiben.



    Wenn das Ganze dann von neoliberalen "Experten" begleitet wird, die deutlich höhere CO2 Steurn verlangen, ist ja alles perfekt.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Es ist eben die Frage, ist eine Blockade eine Blockade oder ist es nur das Bild einer Blockade.

      Man kann natürlich den lieben langen Tag Inszenierungen aufführen, die keinem wehtun.

      Warten wir es ab.

  • Gut! Locker lassen wäre jetzt genau das falsche Signal.



    Der Abstand ist auch ok. Man kann das - in dem Umfang - nicht alle 14 Tage machen - aber 2 Monate sind ein guter Vorlauf (auch was die Organisation angeht).

    Im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu halten, dass die Maßnahmen des "Klimapakets" der GroKo nicht einmal in der Nähe eines Lösungsansatzes sind, gelingt offensichtlich am besten auf der Straße.



    Die Breite und die Formen des Widerstandes auszuweiten halte ich ebenfalls für einen vernünftigen Schritt. Dabei den Verkehr anzugreifen ... perfekt.



    FFF sollte sich dabei allerdings nicht verzetteln.



    Solche Aktionen von Extinction Rebellion - oder regionaler - von Ende Gelände können da einfach die Flanke - und das Thema in der Öffentlichkeit - halten.

  • Wenn die Jugend überhaupt eine Chance haben sollte zu überleben, bleibt nur massiver, weltweiter ziviler Ungehorsam enormen Ausmaßes...