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Extreme KlimaphänomeneWenn das Wetter stehen bleibt

Wettermuster sind wegen des Klimawandels heute beständiger als noch vor einigen Jahrzehnten. Die Folgen: Hitzewellen und Hochwasser.

Dauerregen als Folge des Klimawandels: Hochwasser im Ahrtal vom Juli 2021 Foto: dpa

Berlin taz | Ganz schön kalt geworden in diesen Tagen. In Zeiten des Wieder-mal-Homeoffice und des Wieder-mal-Kontaktbeschränkens kann einen diese winterliche Banalität beim nächsten Wieder-mal-spazieren-Gehen überraschend treffen. Dabei ist ja eigentlich nicht mal mehr das Wetter banal. Schließlich heizen wir ja den Planeten auf, machen unsere Lebensgrundlage und ein sanftes Smalltalk-Thema kaputt.

Die Erwähnung der schönen Sommersonne bleibt einem schließlich im Hals stecken, wenn sie die Temperaturen Tage und Wochen in Folge in tödliche Höhen treibt. Auch die Freude darüber, dass es endlich mal wieder regnet, mag nicht aufkommen, wenn die Wolken gar nicht weiterziehen wollen und die Wassermassen Menschen, Häuser, Autos und Straßen mitreißen. Deutschland hat das diesen Sommer erlebt.

Solche lang anhaltenden Wetterlagen in den Sommern auf der Nordhalbkugel haben wir Menschen durch unsere Treibhausgase wahrscheinlicher gemacht. Sie sind schon in den vergangenen Jahrzehnten häufiger geworden. Das haben Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in einer neuartigen Analyse gezeigt. Dabei wendeten sie Bildvergleichsmethoden auf Atmosphärendaten an und verglichen Millionen aufeinanderfolgender Wetterzirkulationsmuster weltweit aus den vergangenen vier Jahrzehnten.

„Wir haben festgestellt, dass die Wettermuster im Allgemeinen heute beständiger sind als noch vor einigen Jahrzehnten“, sagt der Meteorologe Peter Hoffmann. „Vor allem im Sommer dauern Hitzewellen jetzt oft länger, und auch Niederschlagsereignisse neigen dazu, länger zu dauern und intensiver zu sein.“

Schwächelnde Höhenwinde

Hinter dem Phänomen stecken vor allem schwächelnde Höhenwinde. Das sind Luftströme, die sich in den oberen Atmosphärenschichten bewegen. Wir spüren sie normalerweise also nicht als Brise auf der Haut, aber sie beeinflussen das Wetter. Unter anderem sind sie dafür zuständig, es weiterzupusten. Lassen sie nach, bleibt das Wetter mit ihnen stehen.

Allein in Europa sind bereits rund 70 Prozent der Landfläche von länger an einer Stelle verharrenden Wetterlagen betroffen“, sagt Hoffmann. „Das bedeutet, dass die Menschen, vor allem im dicht besiedelten Europa, wahrscheinlich mehr und auch stärkere und gefährlichere Wetterereignisse erleben werden.“

Sprich: Das Wetter muss gar nicht von vornherein extrem sein – kann es aber durch seine lange Dauer trotzdem werden. Smalltalk schlägt um in ein Krisengespräch. Ganz schön kalt geworden.

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3 Kommentare

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  • Ob das mit dem beschriebenen Wetter wirklich schon eine Folge eines (unumkehrbaren) Klimawandels ist, kann ich mit meiner Schulbildung zu diesem Thema nicht sagen. Allerdings frage ich mich gerade in den letzten Tagen, wie das mit der Energiewende werden soll, wenn sich die aktuelle Wetterlage (grau, windstill, regnerisch, leichter Schnee) zwischen November und März und die Erzeugung von Sonnen- und Windstrom nicht zueinander passen. Zumal Extremlagen mit viel Sonne und Wind demnach genauso oft wie das Gegenteil (keine Sonne, Regen und wenig Wind) passieren. Es ist jedenfalls ziemlich fahrlässig, die Energieerzeugung an den letzten Sommer auszurichten und die Möglichkeit von sonnen- und windarmen aber regenreichen Jahren aufgrund von Durchschnittsberechungen irgendwie auszuschliessen. Ein solches Jahr - ohne Kohle und Atom sowie ohne russisches Gas - bringt uns in eine schwierige Situation. Wenn dann noch amerikanisches Fracking-Gas knapp wird und gerade kein Corona-Lockdown ...

    • @TazTiz:

      Der notwendige Wandel braucht auch Einschränkungen des eigenen Konsumverhaltens!



      gelebte Suffizienz als Schlagwort, oder einfacher gesagt: Genügsamkeit!



      Also einfach mal weniger Bildschirmtime, weniger digitale Medien,weniger Konsum, weniger



      Dauerbespaßung, einfach MEHR leben, mehr Quality-Time, sich mehr auf sich und seine unmittelbar (nahe) Menschen und unseren Lebensraum besinnen!



      Werdann immer noch glaubt Kohle-, Gas- und Atomstrom sind notwendig, verweigert sich dem technischen Fortschritt und zeigt keine Bereitschaft seinen Teil für den Planeten zu leisten!



      FTS

      • @nolongerquiet:

        Keine Lust auf Einschränkungen und Verzicht. Das Wetter verhindert ggfs. Stromerzeugung.Der Ersatz ist CO2 frei und heisst Atomenergie. Und niemand muss einschränken.