Europäische Landwirtschaft: EU bei Lebensmitteln Exportchampion
Auch 2023 exportierte die EU viel mehr Lebensmittel als sie importierte. Trotzdem beklagen viele Bauern, dass ihre Existenz durch Billigimporte bedroht sei.
Tatsächlich fordert der Bauernverband regelmäßig, die „Wettbewerbsfähigkeit“ der Landwirtschaft zu verbessern, indem die EU „Bürokratie“ abbaut. Damit ist auch gemeint, Umweltvorschriften abzubauen, die die Landwirte erfüllen müssen, wenn sie die jährlich 55 Milliarden Euro Agrarsubventionen erhalten wollen. Viele Bauern argumentieren zudem, Regeln für Natur- und Tierschutz würden dafür sorgen, dass Importe von außerhalb der EU die heimischen Produkte verdrängten.
„Es gibt eine große Diskrepanz zwischen der Realität und der öffentlichen Wahrnehmung, wenn es um den Agrar- und Lebensmittelhandel der EU geht“, sagt Gill. „Wir schlagen uns sehr gut im internationalen Agrar- und Lebensmittelhandel.“ Die EU sei zum Beispiel „Weltmeister bei Export von Käse und Schweinefleisch“. Beides seien Produkte mit einer hohen Wertschöpfung. Auch bei „sensiblen“ Produkten, bei denen die EU nicht immer wettbewerbsfähig ist, sei die Bilanz positiv. „Der Wert unserer Rindfleischexporte ist doppelt so hoch wie der unserer iImporte. Das nützt unseren Bauern.“
Bei Freihandelsabkommen schütze die EU gerade die sensiblen Sektoren innerhalb der Landwirtschaft. So habe sie es auch bei dem Vertrag mit Kanada (Ceta) getan, der seit 6 Jahren angewendet wird. „Wir haben kaum Rindfleisch aus Kanada importiert, obwohl dem Land ein zollfreies Importkontingent eingeräumt wurde. Warum? Weil wir in der Union kein mit Hormonen erzeugtes Rindfleisch zulassen“, so der Kommissionssprecher. Kanada hat der Behörde zufolge 2023 die Quote nur zu rund 3 Prozent ausgeschöpft. Das waren lediglich 1030 Tonnen Rindfleisch.
Hormonverbot schützt EU-Bauern
Bauernvertreter und Umweltschützer hatten gewarnt, dass das Abkommen den Wettbewerbsdruck auf EU-Rinderhalter erhöhe. Fleisch von Rindern, die mit Wachstumshormonen gemästet werden, würde den europäischen Markt überschwemmen.
Das Hormonverbot sei auch ein Beispiel dafür, dass die EU bereits einen Teil ihrer Umwelt- und Tierschutzstandards auf Einfuhren anwende, wie es viele Landwirte verlangen. „Unsere Tierschutzanforderungen in Schlachthäusern gelten schon jetzt für jedes Stück Fleisch, das wir importieren.“ Gill wies aber ebenfalls darauf hin, dass die Bauern etwa in Brasilien nicht von den milliardenschweren Subventionen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU profitieren.
Die Europäische Union importiere vor allem Obst und Nüsse, Ölsaaten und Eiweißpflanzen sowie Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze, die sie selbst gar nicht oder nur in nicht genügenden Mengen erzeugt. Beide Kategorien machten 2023 jeweils 13 Prozent der Einfuhren aus. „Viele der Produkte, die wir importieren, werden nicht direkt von den Verbrauchern gegessen, sondern weiterverarbeitet zu Waren mit höherer Wertschöpfung“, so Gill. Er nannte Futtersoja aus Brasilien als Beispiel, mit dem Bauern in der EU Schweinefleisch erzeugen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe