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Europa und die CoronakriseMoral? Nein danke

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Der EU-Gipfel ist gescheitert, weil die reichen Staaten Ökonomie und Moral verwechseln. Die Deutschen verpassen damit das beste Geschäft ihres Lebens.

Ungleich verteilt in Europa: Anstehen zum Einkaufen oder für das Arbeitslosengeld Foto: Michele Tantussi/reuters

D ie Dänen, Schweden und Niederländer sind kompromisslos klar, wenn es um die Coronakrise geht: Sie haben selbst genug Probleme, da können sie nicht noch anderen EU-Ländern helfen. Solidarität? Nein danke.

Kanzlerin Merkel äußert sich zwar weniger klar und typisch verschwurbelt, aber auch sie will anderen Ländern nur sehr begrenzt und widerwillig Hilfe gewähren. Ihr Ansatz ist politisch: Deutschland soll nicht gänzlich herzlos wirken; also müssen ein paar Milliarden wohl fließen.

Der EU-Gipfel hat damit erneut gezeigt, woran die Coronadebatte krankt: Statt rein ökonomisch zu denken, wird moralisch argumentiert. Es geht um „Solidarität“, um „Hilfen“, um den Gegensatz von „Arm“ und „Reich“. Zudem werden Schulden schnell mit Schuld verwechselt: Wer Hilfskredite benötigt, muss als Staat irgendwie gesündigt haben. Sonst bräuchte er ja keine Hilfe. Die Gläubiger haben recht, weil sie den rechten Glauben verkörpern.

Doch Moral führt völlig in die Irre, wenn es um Wirtschaft geht – wie als Erster ausgerechnet der Moralphilosoph Adam Smith erkannte, der dann als einer der größten Ökonomen aller Zeiten in die Geschichte einging. Smith gilt heute als Urvater der Neoliberalen, aber das ist ein Missverständnis: Smith war viel zu intelligent, als dass er sich auf die platten Rezepte der Neoliberalen reduzieren ließe.

Falsch verstandener Wettbewerb

Der Schotte Smith lebte im 18. Jahrhundert, und schon damals hingen viele Briten der Idee an, dass die Nationen miteinander im „Wettbewerb“ stünden und dass es den starken Ländern egal sein könne, ob ihre Nachbarn arm sind. Smith hatte für diesen Unsinn nur beißenden Spott übrig: „Eine Nation, die durch den Außenhandel reich werden will, kann dies am ehesten erreichen, wenn auch ihre Nachbarn reiche und betriebsame Handelsnationen sind.“ Es sei völlig unmöglich. zu exportieren, wenn man „auf allen Seiten von wilden Nomaden und armen Barbaren umgeben“ sei.

Wer seine Nachbarn darben lässt – der darbt auch selbst. Dies ist keine abstrakte Erkenntnis, sondern bittere Realität

Wer seine Nachbarn darben lässt – der darbt auch selbst. Dies ist keine abstrakte Erkenntnis oder ein hübscher Spruch fürs Poesiealbum, sondern bittere Realität, wie die Bundesrepublik in der Eurokrise erfahren musste. 2012 und 2013 wuchs die deutsche Wirtschaft nur um jeweils magere 0,4 Prozent, weil der europäische Süden als Kunde ausfiel. Es rächte sich bitter, auch für die Deutschen, dass sie darauf bestanden hatten, große Wirtschaftsnationen wie Italien oder Spanien zu behandeln, als wären sie potenzielle Pleitekandidaten.

Fehler wie bei der Finanzkrise

Jetzt wird dieser Fehler wiederholt, obwohl 35 Prozent der deutschen Exporte in den Euroraum gehen. Für die hiesige Wirtschaft dürfte es daher demnächst sehr unerfreulich werden, wie der Rückblick zeigt: 2012 schrumpfte die italienische Wirtschaft um „nur“ 2,8 Prozent, was aber reichte, um auch Deutschland an der Rezession vorbeischrammen zu lassen. Die Coronapandemie ist jedoch weitaus schlimmer als die Eurokrise. Die italienische Wirtschaft dürfte in diesem Jahr um mindestens 9 Prozent einbrechen, wie der Internatio­nale Währungsfonds (IWF) schätzt. Die deutschen Exporteure können sich also auf harte Zeiten einstellen.

Niederländer, Dänen, Finnen und Deutsche erzeugen gern den Eindruck, als sei das Geld knapp. Der eigene Haushalt sei schon sehr angespannt, ließ die dänische Ministerpräsidentin kühl wissen. Ein europäisches Hilfsprogramm könne man sich daher nicht leisten.

Doch dieser Zwang zur Sparsamkeit ist reine Fiktion. Das nötige Geld ließe sich mühelos mobilisieren, wenn die Europäer gemeinsame Kredite aufnehmen würden. Diese Coronabonds würden auch gar nichts kosten, schon gar kein Steuergeld. Denn die Zinsen lägen tendenziell bei null. Selbst deutsche Neoliberale werben daher für Corona­bonds.

Die Deutschen lassen sich gerade das Geschäft ihres Lebens entgehen: Wenn sie dem Süden Europas „helfen“, helfen sie sich selbst. Und es wäre sogar umsonst!

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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23 Kommentare

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  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ein paar Anmerkungen zur Diskussion:

    - Italien hat selbst eine positive Handelsbilanz, außerdem muss man nicht nur auf Import und Export schielen, Arbeiter schicken Geld nach Hause, Firmen investieren im Ausland, Touristen etc. schaffen auch Geldflüsse von Nord nach Süd. D.h. es sind nicht die bösen Deutschen die Italien kaputt exportieren, Italien müsste nach der Logik gut dastehen und selbst Ländern "kaputt" exportieren.



    tradingeconomics.c...y/balance-of-trade

    - Niedriglöhne Land Deutschland, die Arbeitskosten in Deutschland (Löhne, Sozialabgaben, etc.) sind in Deutschland höher als in Italien, Spanien, etc.



    ec.europa.eu/euros...nd_labour_costs/de



    Auch das Median-Einkommen (viel verlässlicher als das Durchschnittseinkommen 50% haben mehr, 50% haben weniger) ist in Deutschland höher als in Italien und seit 2018 auch höher als in Frankreich.



    appsso.eurostat.ec...t=ilc_di03&lang=de

    - Italien ist genau wie Deutschland überaltert (Durchnttsalter 46,3 und 46 Jahre) d.h. es gibt nicht mehr so "viele" Junge die Firmen gründen, Patenten anmelden etc. um die Wirtschaft ankurbeln, im Gegenteil in den nächsten Jahren ist vllt. sogar ein Schrumpfen der Wirtschaft zu erwarten, insbesondere wenn es starke Migranten-feindliche Parteien gibt.

    - Wir haben den Klimawandel wir brauchen ein negatives Wachstum auf Jahre hinaus um einigermaßen nachhaltig zu werden, d.h. jetzt Geld zu verwenden um die Wirtschaft zu retten ist falsch, von der Klimaperspektive, stattdessen muss das Geld verwendet werden den wirtschaftlichen Abschwung gerecht und geplant durchzuführen (Airlines pleite gehen lassen, Investitionen zur Fabrikschrumpfung etc.)

  • Ja, damit die EU zusammenbleibt muß den schwächeren Ländern geholfen werden!



    Nein ein gutes Geschäft ist das natürlich erstmal nicht!



    Mit Bevölkerungen, die zu einem großen Teil Politiker wie Salvini oder Orban unterstützen sind gute Geschafte langfristig nicht möglich. Langfristig gute Geschäfte haben als Mindestvoraussetzung Rechstaatlichkeit, Gewaltenteilung, freie Presse und ein Minimum an Menschenrechten!



    Die Konsequenz aus diesen Überlegungen: Die Eu muß den Eliten und Bevölkerungen der betroffenen Länder klar machen, das es Geld von der EU nicht ohne politische Bedingungen und messbare politische Fortschritte gibt. Mein persönlicher Katalog sehe da so aus:

    -Freie Presse



    -Gerechte Beteiligung an der Aufnahme von Flüchtlingen/Migranten



    -Korruptionsbekämpfung



    -Recht auf reproduktive Selbstbestimmung (Zugang zu Verhütungsmitteln und Abtreibungen)



    - Gute kostenlose Bildung



    - Klimaschutz

    Machen Eliten und Bevölkerungen bei diesen Zielen mit gibts Geld von der EU, ansonsten halt nicht.



    Dann haben Bevölkerungen von Ländern wie Italien und Ungarn die Wahl: wollen sie Politiker wie Orban und Salvini oder Geld von der EU.

    Gelingt es die Vergabe von Geldern an die Erreichung dieser Ziele zu koppeln kann es bei allen resultierenden Belastungen ein gutes Geschäft werden.



    Andernfalls mästen wir nur die Faschisten und das ist mit Sicherheit kein gutes Geschäft für Demokratien!

    • @Thomas Dreher:

      Die EU ist nicht dazu da, Wahlen und die Innenpolitik der Mitglieder massiv zu beeinflussen. Man kann Rechtsnationalismus nicht mit faschistoiden Methoden bekämpfen, indem mit der Macht des Kapitals rigoros Bedingungen gestellt werden.

      Der Rechtsnationalismus in Europa hat ja Ursachen.



      Vielleicht fangen wir mit der Analyse des Rechtsnationalismus mit Selbstkritik an, um die Frage zu beantworten, in welchem Maße deutsche Großmäuligkeit und deutsches Desinteresse an der Lösung EUROPÄISCHER Probleme beteiligt ist.

  • Ich glaube sowieso nicht daran, das irgend ein Land seine Schulden jemals zurück zahlt. Das System funktioniert, solange die Illusion darüber aufrecht erhalten wird.



    Irgendwann gibt es den großen Knall, und dann fangen wir von vorne an. Hoffentlich bin ich dann nicht mehr dabei.

    • @Aymen:

      Also die Schweiz hat seit ihrer Gründung keine Währungsreform gemacht und hat ihre Schulden seit 150 im Griff.

  • Es ist schon traurig, dass der moralische Aspekt einer Hilfsleistung so wenig zieht, dass man jetzt den wirtschaftlichen Nutzen hervorheben muss. Unfassbar!

    • @Ein alter Kauz:

      Wenn Sie das im Kapitalismus, in dem selbst zwischenmenschliche Beziehungen kapitalisiert werden, "unfassbar" finden, haben Sie bisher erfolgreich wesentliche Punkte des Wirtschaftssystems ausgeblendet.

      Zudem ist die Moral ein schwieriges Feld; für 25 Euro (ich nehmen mal extra nicht die Lebensrettung sondern einen abgeschwächten Aspekt) könnten Sie einem erblindeten Menschen in einem 3. Weltland das Augenlicht zurückgeben. Wenn Sie Ihr Konsumverhalten dadurch filtern, was könnten Sie sich außer Brot, Wasser und Vitaminpillen zukünftig noch kaufen, um sich selbst noch für moralisch integer zu halten?



      Bitte nicht als persönliche Kritik verstehen, auf mich trifft das ja ebenso zu.

  • Natürlich ist das Geld immer knapp. Unter der einzigen, unanfechtbaren Prämisse "MEHR" ist niemals von irgendwas genug da.



    Ein Begriff, den ich schon lange nicht mehr hören/sehen kann ist Solidarität... Das ist was für Freaks und "Kommunisten". Fragen Sie einfach mal Herrn Lindner...

  • Moralisch wäre es, jetzt:

    In allen europäischen Staaten gibt es ökonomische Profiteure, die von der fremden lohnabhängigen Arbeitskraft leben, so auch in den sozioökonomischen Schwellen- und europäischen Entwicklungsländern: Griechenland, Mazedonien, Albanien Kosovo, Ungarn, Polen, Rumänien, Bulgarien, Italien, Spanien und Portugal etc. So analog auch in den europäischen Wirtschaftsmetropolen Frankreich, Deutschland, Norwegen, Schweden, Finnland, Niederlande, Österreich und Schweiz etc.

    In allen europäischen Krisenstaaten, auch in den EU-Schwellen- und EU-Entwicklungsländern, gibt es eine persönlich leistungslose Bourgeoisie: Millionäre, Erbschafts-Multimillionäre und Kapital- und Dividenden-Milliardäre.

    Von der kapitalistischen Nachkriegsentwicklung, so seit Kriegsende 1945 und seit den 1950er Jahre bis heute, haben die jeweiligen nationalen Bourgeoisie von der Wertschöpfung und Mehrwertschöpfung der meist eigentumslosen Mehrheit der Bevölkerung profitiert und sich auch nach den bürgerlichen Gesetzen häufig widerrechtlich und insbesondere auch durch Steuerhinterziehung und Vermögens-Unterschlagung, Korruption und Vetternwirtschaft, bereichert.

    ►Jetzt wäre es in ganz Europa, aber insbesondere auch in der EU notwendig, dass die (meist) eigentumslose Erwerbsbevölkerung von ihren jeweiligen nationalen Bourgeoisien die Übernahme der Folgekosten für die sog. Gesundheitskrise und vor allem für die Finanz- und Wirtschaftskrise aus ihrem Raubvermögen übernimmt und mit ihrer Enteignung zum Wohle der Mehrheit der Bevölkerung bezahlt.

    Merke: Im Kapitalismus gibt es keine Moral, deshalb kann man nur im Klassenkampf die notwendigen humanistischen Ziele für die ganze Gesellschaft durchsetzen, so auch für die bisherigen Kinder der Bourgeoisie.

    • @Reinhold Schramm:

      Völlig richtig. Aber die Reichen werden durch die Gesetze geschützt, da Sie diese seit Jahrhunderten wesentlich gestalten. Ein Wandel innerhalb des Systems ist illusorisch, die Alternative (leider) auch.

  • Es wird nicht besser. Der Komentar schrammt oft genug scharf am Thema vorbei. Ich glaube, dass den meisten Menschen in Deuschland, Dänemark, Holland usw. klar ist, DASS man den Menschen in den besonders stark betroffenen Nachbarländern helfen muss. Die Frage nach dem WIE scheidet leider noch die Geister.



    "Diese Coronabonds würden auch gar nichts kosten, schon gar kein Steuergeld." Unter welchen Prämissen gilt denn das? Doch wohl nur, wenn mit dem eingesammelten Geld alle Anstrengungen für den Hochlauf der Wirtschaft, für Innovationen und zukunftsfähige Investitionen getätigt werden - und keine Wahl- und Sozialgeschenke finanziert oder unrentable Dinosaurier gefüttert werden. Dass darüber Zweifel bestehen, ist angesichts der jüngeren (Regierungs)krisen in Italien, in Spanien und auch in Frankreich keine Schande. Wenn selbst in Spanien die wohlhabenderen Regionen sich geweigert haben, für ihre überschuldeten Nachbarregionen in gemeinschaftliche Haftung spanischer Nationalfonds einzutreten (de.wikipedia.org/w...eihe#cite_note-27), warum sollen dann im Ernstfall Holländer, Dänen oder Deutsche haften?

    • @Edward:

      Die Italiener kaufen ja auch nicht ihre eigenen Bonds, zu wenig Vertrauen in Staat und Regierung.



      Frau Herrmanns Denken ist zu sehr in klassischen Wirtschaftsmodellen verhaftet und vernachlässigt Soziologische. Ich sage nicht, dass die deshalb keine Wirksamkeit hätten, die Neoklassik ist nicht umsonst relativ dominant, aber X führt eben in Deutschland zu einem anderen Y als in Italien oder Spanien, weil Individuen eben aufgrund diverser Faktoren begrenzt rational handeln und keine Homo Oeconomiküsse sind.

  • Es gelingt mir einfach nicht, Antwort auf zwei eigentlich naheliegende Fragen zu bekommen:



    1) Warum lernen nicht die betreffenden Staaten von uns, wie man aus eigener Kraft zurechtkommt. Oder haben sie das Recht, stets Hilfestellung von außen einzufordern? Auch wenn Corona beendet ist, wird es bald wieder Gelegenheiten geben, „Solidarität“ von D, NL, DK … zu fordern.



    2) Wenn D., wie häufig gefordert, die „schwarze Null“ aufgegeben, den Geldhahn kräftig aufgedreht und sich immer weiter verschuldet hätte, wer könnte jetzt und künftig den betreffenden Staaten Unterstützung geben?



    Auf diese Fragen bekomme ich meistens ganz viele Antworten auf ganz andere Fragen, die ich gar nicht gestellt habe!

    • @Pfanni:

      Der niederländische Ministerpräsident Rutte sprach mal vom "Pech der Geographie" (hab das Zitat leider grad nicht wörtlich zur Hand, aber sinngemäss war's das), da könne er Italien leider auch nicht helfen. Das war, als es um Leute ging, die über's Mittelmeer Richtung Italien flüchteten. Heute hat Italien halt nochmal das gleiche Pech in Sachen Corona, warum sollte man diesmal helfen wollen? Und dankt Gott täglich im Gebet, dass der IS sein Kalifat nicht in Grossbritannien zu errichten versuchte und die Fernflieger aus Wuhan nicht Amsterdam als erstes ansteuerten. Gott meint es wirklich gut mit uns. Und dem Süden Europas sei viel Glück gewünscht. Er darf sich wieder melden, wenn er bei uns einkaufen will/kann.

      • @Stechpalme:

        Wieso hat Italien "nochmal das gleiche Pech in Sachen Corona"? Das Desaster in den Pflegeheimen, das dann zu einem Msasensterben geführt hat, ist doch ein ganz eigenes Kapitel.



        Italiens Überschuldung noch einmal ein altes und mit diesen Politikern unlösbares Thema.

    • @Pfanni:

      dann sollten Sie sich einmal mit



      dem Unterschied zwischen Makronomie und Mikronomie informieren und sich mit verschiedenen Geldtheorien auseinandersetzen (nicht nur die neoliberale aus dem VWL Lehrbuch).



      die Antworten auf Ihre Fragen stehen eigentlich schon im Artikel, wenn man sich in der Materie etwas auskennt.



      aber konkret:



      1) es kann nicht jedes Land einen Exportüberschuß haben, es muß auch jemand ein Exportdefizit aufweisen, d.h. Importüberschuß.

      2) D gäbe keine Unterstützung. D zahlt auch bei Eurobonds kein Steuergeld, auch kein gespartes Geld an irgendjemand. Italien z.B. nimmt selbstständig Kredite auf und zahlt diese auch selbstständig zurück. D müsste lediglich leicht höhere Zinsen auf eigene Kredite zahlen.

      • @nutzer:

        Zu 1): nein, so muss es selbstverständlich nicht sein - ein ausgeglichener Haushalt hat mit Ex- oder Import Überschüssen bzw. Defiziten nicht direkt etwas zu tun. Auch D. könnte durch schlechtes haushalten trotz Exportüberschuss tief verschuldet sein.



        Zu 2): leider auch völliger Unfug; da die sog. „Eurobonds“ gemeinsame EU-Schulden sind, haftet natürlich am höchsten der größte Nettozahler ( das ist D.). Und da das Geld, über das D. verfügt, nur aus einer Quelle kommt - nämlich vom deutschen Steurzahler - wird auch genau dieser deutsche Steuerzahler letztendlich die Schulden von z.b. Italien zurückzahlen müssen. Denn wer glaubt, dass Italien seine Schulden je bezahlen können wird, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Das ist bitter aber leider die Realität..

      • @nutzer:

        zu 1) Wieso nicht? Es halten sich doch auch 80% der Autofahrer für überdurchschnittlich gut....

        • @Stechpalme:

          wenn alle mehr exportieren als importieren, wo gehen die Güter dann hin?

      • @nutzer:

        zu 2) Und wenn sich die Zinszahlungen für unsere eigenen Kredite erhöhen? Wo würde dann eingespart werden müssen? Wo wird umgeschichtet werden? Welche Steuern werden erhöht werden, um die Zinsmehrkosten zu begleichen?

      • @nutzer:

        Mal eine ganz dumme Frage an einen Experten wie Sie,wo bekommen eigentlich Staaten,die Pleite sind,immer wieder Geld her und wieso bekommen sie es unbegrenzt und wieso spart dann ein Staat auf der anderen Seite wieder?



        Das Steuergeld ist doch begrenzt,das kann die Antwort deswegen nicht sein.

        • @Markus Müller:

          das Staaten pleite gehen können ist eine irrige Annahme. Wenn ein Staat eigenes Geld besitzt kann er gar nicht pleite gehen, er kann höchstens Probleme beim Import bekommen, weil niemand sein Geld haben will (siehe DDR), dann muß getauscht werden, intern funktioniert die Geldwirtschaft nach wie vor, nur auf einem miesen Niveau.



          Ein Staat kann nur Pleite gehen, wenn er in einem Währungsverbund ist (Euro) und kein Zugriff auf die Geldpolitik (EZB) hat, dann hat er wirklich kein Geld, das ist aber eine politische Entscheidung (siehe Hellas). Dann funktioniert sein Haushalt nämlich nach BWL Prinzipien (schwäbische Hausfrau) und nicht nach makronomischen Mechanismen.



          Der zweite Punkt ist die irrige Annahme ein Staat sei steuerfinanziert.



          Bei gleichbleibender Geldmenge ist kein Wachstum möglich, woher soll das Lohnplus, der zusätzliche Unternehmergewinn auch kommen?



          Wachstum lässt sich z.B. durch Export, d.h. Geldimport aus dem Ausland oder Kreditaufnahme (Geldschöpfung) realisieren. Geldschöpfung passiert auch bei uns permanent, das ist kein Teufelswerk.



          Wenn ein Staat aber Geldschöpfung verteufelt, kann er nur exportieren, um zu wachsen, Da die Summe aller Ex- und Importe weltweit nur 1 sein kann, muß jemand anders sich verschulden. Wir stehlen anderen das Wachstum.



          In der jetzigen Situation schwingen wir obendrein noch die Moralkeule und ermahnen diese Länder sie hätten schlecht gewirtschaftet. Dabei basiert das dt Wirtschaftsmodell genau auf diesem Prinzip.

          • @nutzer:

            „Da die Summe aller Ex- und Importe weltweit nur 1 sein kann, muß jemand anders sich verschulden. Wir stehlen anderen das Wachstum“



            Unsinn! Dass „die Summe aller Ex- und Importe weltweit nur 1 sein kann“ stimmt zwar. Aber wo steht, dass immer nur ein und dieselben Staaten Importeure, bzw. Exporteure sein MÜSSEN? Angenommen, einige der bisherigen Importeure sind klug und lernen von uns, wie die Produktqualität und das Preis-/Leistungsverhältnis so verbessert wird, dass es auch im Ausland Anklang findet: Könnte es sein, dass DIESE dann UNS das Wachstum stehlen?



            Ach so, und wenn unser Wirtschaftsmodell wirklich so schlecht wäre, dann hat es aber gegenüber anderen erstaunlich viel Erfolg!