Europa und der Friedensprozess in Libyen: Viele Stolpersteine
Die Kriegsparteien in Libyen haben sich auf eine Übergangsregierung geeinigt. Ob ein Friedensprozess gelingt, hängt auch von den Europäern ab.
D as erste Mal seit Jahren haben sich die Kriegsparteien in Libyen auf einen politischen Prozess geeinigt, den bewaffneten Konflikt zu beenden. Sie haben gemeinsam mit UN-Vermittlern in Genf Personen ausgewählt, die die Übergangsregierung formen sollen. Sie soll schon für nächsten Dezember landesweite Wahlen organisieren. Es ist ein wichtiger Schritt, um einem Ende des Libyen-Konflikts näherzukommen – auch wenn noch viele Stolpersteine auf dem Weg zu einer friedlichen Zukunft liegen.
Die neuen Namen an der Spitze der neuen Übergangsregierung sind international kaum bekannt, ebenso wie deren genauer politischer Fahrplan. Die Herausforderungen sind enorm. Die bis auf die Zähne bewaffneten Milizen auf beiden Seiten führen ein politisches Eigenleben. Unklar ist auch, ob die vielen ausländischen Köche in der libyschen Küche mitspielen, vor allem die Türkei, die Tripolis unterstützt und die Arabische Emirate, die den abtrünnigen General Khalifa Haftar im Osten mit Geld und Waffen versorgen, sowie Russland, das zu seiner Unterstützung Söldner geschickt hat.
Mögliche Spielverderber gibt es viele. Da sind die ausländischen Mächte, denen der Krieg Einfluss im ölreichen Land verschaffte. Da ist im Osten der Möchtegerndiktator General Haftar, und im Westen sind die von Muslimbrüdern dominierten Milizen, die beide in einem befriedeten Libyen viel zu verlieren haben.
Ob das Ganze von Erfolg gekrönt ist, dafür trägt auch Europa als unmittelbarer Nachbar Libyens eine Mitverantwortung. Die ausländischen Mächte, die den Krieg bisher befeuert haben, müssen ausgebremst werden. „Wir sind bereit, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die die Stabilität gefährden oder den politischen Prozess in Libyen untergraben“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens und der USA. In den nächsten Monaten wird nicht nur die Durchsetzungskraft der neuen libyschen Übergangsregierung getestet, sondern auch der internationale Wille, ihr den Rücken zu stärken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten