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EuGH-Urteil zu LebensmittelverpackungWas draufsteht, muss auch drin sein

Verpackungsbilder von Lebensmitteln müssen dem Inhalt entsprechen, so der Europäische Gerichtshof. Eine korrekte Zutatenliste reicht nicht.

Verpackung = Inhalt? Den Tee sollte man dann wohl besser nicht trinken. Foto: complize / photocase.de

FREIBURG taz | Die Abbildungen auf einer Lebensmittelverpackung dürfen Verbraucher nicht über den Inhalt täuschen. Das folgt aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu einem Kindertee des Hauses Teekanne vom Donnerstag. Es genüge nicht, dass die Zutatenliste auf der Verpackung korrekt ist.

Konkret ging es um Teebeutel, die unter dem Namen „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“ als „Früchtetee mit natürlichen Aromen“ verkauft wurden. Auf der Verpackung abgebildet waren Himbeeren und Vanilleblüten. Zusätzlich gab es eine Art Siegel: „nur natürliche Zutaten“.

Tatsächlich enthielt der Tee aber weder Himbeeren noch Vanille. Stattdessen bestand er laut Zutatenliste auf der Rückseite aus Hibiskus, Apfel, Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren und Holunderbeeren. Für das erwünschte Geschmackserlebnis sorgten natürliche Aromen „mit Himbeergeschmack“ und „mit Vanillegeschmack“, die aber unstreitig weder aus Himbeeren noch aus Vanille hergestellt wurden.

Irreführung des Verbrauchers

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband vzbv sah darin eine Irreführung des Verbrauchers. „Wenn eine Verpackung Bilder von Himbeeren und Vanille herausstellt und mit natürlichen Zutaten wirbt, vertraut der Verbraucher darauf und liest sich nicht noch das Zutatenverzeichnis durch“, argumentierte Susanne Einsiedler, die Verbandsjuristin.

In Deutschland sahen das nicht alle Gerichte so. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage der Verbraucherschützer ab. Wenn die Zutatenliste korrekt ist, sei der Verbraucher ausreichend informiert. Der vzbv ging in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH), der wiederum legte die Frage dem EuGH vor, weil das deutsche Gesetz über den unlauteren Wettbewerb auf EU-Vorgaben beruht.

Der EuGH entschied nun eindeutig: Ein korrektes Inhaltsverzeichnis genügt nicht, wenn die sonstige Aufmachung des Lebensmittels einen falschen Eindruck erzeugt. Wie die Verpackung im Teekanne-Fall zu bewerten ist, muss nun wieder der BGH entscheiden, aber es ist ziemlich sicher, dass er eine Irreführung annimmt.

Der Tee „Felix Himbeer-Vanille-Abenteuer“ ist inzwischen nicht mehr auf dem Markt. (Az. C-195/14)

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2 Kommentare

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  • Würde man durchsetzen, daß jedes Lebensmittel nur noch mit dem bezeichnet wird, was hauptsächlich hineingebracht wurde, dann gäbe es in Deutschland eine totale Knappheit an wirklichen Lebensmitteln und gleichzeitig ein totales Überangebot an Artiklen mit den Bezeichnungen "Sondermüll", "Chemieabfallprodukt", "Leitungswasser" usw.

  • Ob die Düsseldorfer Richter der Ansicht waren, der Kunde (Bedürftige) hätte genug Zeit für das Studium (Lesen mit Brille) der Zutatenliste, wenn er nur lang genug in der Schlange vor der Kasse stehen würde?