Essen im Übermaß: Verbietet „All you can eat“!

Ein „All you can eat“-Restaurant in Norden will eine Strafgebühr für nicht angerührte Teller einführen. Das Problem liegt aber am Vollfress-Prinzip.

Im Vordergrund ein Teller mit Essen auf den gerade noch mehr Essen aufgegeben wird, im Hintergrund ein Buffet

Lecker, Schnitzel! Wer sich einfach nur auftut, ohne zu probieren, soll in Norden Strafe zahlen Foto: Christoph Soeder/dpa

Der Chef eines Asia-Restaurants in Norden hat die Nase voll davon, jeden Tag kiloweise Reste wegzuwerfen. Er will künftig eine Strafgebühr erheben, wenn Leute sich am Büfett den Teller vollschaufeln und das Zeug nachher stehen lassen. Klingt doch erst einmal gut, gegen Lebensmittelverschwendung sind wir schließlich alle. Er ist auch nicht der erste, der auf diese Idee kommt. In den Kommentarspalten häufen sich folgerichtig die Beifall-Klatscher.

Der Haken ist nur: Wer die Leute mit dem Angebot „All you can eat“ (zu Deutsch: „Friss, bis du platzt“) in sein Restaurant lockt, trägt erst einmal selbst zu einer Haltung bei, die Essen nicht besonders wertschätzt. Und wer stellt eigentlich fest, wie viel Liegengelassenes zu viel ist? Der Restaurantchef spricht von vollen Tellern, die nicht einmal angerührt werden. Muss dann irgendeine arme Servicekraft mitzählen, wie oft man mit der Gabel darin herumgestochert hat oder nicht? Was ist, wenn das Essen schlicht nicht schmeckt?

Dass hungrige Augen größer sind als der Magen, ist ein allgemein menschliches Phänomen. Kinder zum Aufessen zu zwingen, ist übrigens der sicherste Weg, ihnen eine Essstörung anzutrainieren – weil man ihnen auf diese Weise beibringt, das natürliche Sättigungsgefühl zu ignorieren.

Das ist bei Erwachsenen nicht anders, unsere zunehmend adipöse Gesellschaft ist der Beweis. Wer Gäste erziehen will, sollte vielleicht den wichtigsten Grundsatz der Pädagogik überhaupt beherzigen: keine Erziehung ohne Beziehung.

Hilfe am Buffet kann für soziale Kontrolle sorgen

Statt Strafgebühren zu kassieren, könnten kleinere Teller am Büfett stehen, daneben eine freundliche Auffüllhilfe, die etwas zu den Speisen sagt, zu ihrer Wertschätzung beiträgt und ganz nebenbei – allein durch die soziale Kontrolle, die aus einem Paar menschlicher Augen spricht – blindwütiges Vollschaufeln verhindert.

Oder die Kell­ne­r*in­nen könnten höchst besorgt nachfragen, warum es denn nicht geschmeckt habe, wenn der Teller voll stehenbleibt. Jeder normale Mensch würde sich beim nächsten Mal zweimal überlegen, wie voll er diesen macht. Aber das setzt voraus, dass im Restaurant genug qualifiziertes Personal herumläuft.

Das läuft natürlich dem „All you can eat“-Prinzip entgegen, das letztlich darauf zielt, Personal einzusparen. Vielleicht ist die Lösung doch eine Strafzahlung für geizige Gastronomen. Wer seine Ware verramscht und auf Massenabfütterung setzt, sollte jedenfalls nicht rumheulen, wenn er die Kunden bekommt, die er verdient.

Oder noch besser: „All you can eat“ verbieten. Viel gerechter wäre ja ohnehin das Prinzip „comida a kilo“, wie es in vielen südamerikanischen Ländern üblich ist. Da bedient sich der Gast selbst am Buffett, lässt den Teller an der Kasse wiegen und zahlt Summe x pro 100 Gramm. So macht man keine Mischkalkulation auf, die am Ende immer darauf setzen muss, dass sich die Vielfraße und die Spatzenesser irgendwie die Waage halten.

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Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020

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