piwik no script img

Essay über das KopftuchVerschleierte Unterordnung

Kommentar von Güner Yasemin Balci

Alle Islamisten lieben das Kopftuch. Grund genug, über den Unsinn dieser Uniform zu streiten. Für das Recht darauf, es zu tragen – oder auch nicht.

Schülerinnen sollten das Recht darauf haben ein Kopftuch zu tragen – und darauf, keines zu tragen Foto: dpa

H aare können sexy sein. Manche mögen sie am ganzen Körper, andere bevorzugen das Haupthaar, möglichst lang und gepflegt und mit Vorliebe auf dem Kopf einer Frau.

Die erotische Wirkung schönen Haars hat eine lange Geschichte. Als aufreizende weibliche Körperzonen nennen die meisten Menschen aber Busen, Po, Schenkel und Lippen weit vor der Frisur. Viele Muslime scheinen da anders zu ticken, denn die Verhüllung von Frauen nimmt bisweilen bizarre Formen an: Mit knallengen Hosen, die Brüste gepresst in farbenfrohe Stretchklamotten, auf hohen Schuhen und mit einem Make-up, das mehr Kunst als Schminke ist, prägen die unter Jugendlichen so genannten Kopftuchbitches mit ihren schrillen Outfits das Straßenbild fast wie früher die Punks.

Ich kenne nicht wenige Männer, die diese Kombination – oben Tuch, drunter Sexbombe – aufreizender finden als jede Nackte. Signalisiert die Trägerin mit dem Kontrast doch: Ich will, aber ich darf nicht. Gepaart mit dem Idealbild einer Jungfrau ist das Ganze an erotischer Aufladung kaum zu überbieten.

Zucht und Freiheitsdrang

Dieser extravagante Umgang mit dem Kopftuch zeigt den körperlichen Freiheitsdrang vieler junger Musliminnen, der in großem Widerspruch zu einem strengen islamischen Zuchtgebot steht. Und er führt vor, wie viel mehr eine Frau auch – oder gerade – mit Kopftuch von ihrem Körper zeigen kann. Warum also das ganze Theater um den Schleier?

Vielleicht weil er doch mehr ist, als oft behauptet wird.

Im April wurde die Klage einer Berliner Lehrerin abgewiesen. Sie hatte Entschädigung gefordert, weil ihre Bewerbung angeblich aufgrund ihres Kopftuches erfolglos blieb. Eine Nonne im Habit hätte es ebenso schwer: Sowohl die Nonne als auch die Kopftuch tragende Lehrerin werden durch das Berliner Neutralitätsgesetz aus vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes ausgeschlossen.

Dem Mann untergeordnet

Nonnen üben ihren Gottesauftrag in kirchlichen Einrichtungen aus. Kopftuch tragenden Musliminnen reicht das nicht, sie wollen einen konservativen Islam im Alltag etablieren. Nicht nur in ihren Gemeinden sollen Kinder sehen, was es heißt, Allah zu dienen. Keine Mühe, kein Prozess wird gescheut, um dem politischen Islam auch an öffentlichen Schulen ein Gesicht zu geben. Hier soll ein Frauenbild zum Normalzustand erklärt werden, das einer patriarchalen Religionsinterpretation entspricht: Die Frau ist dem Mann untergeordnet. Das heißt nicht, dass eine verschleierte Frau sich ständig prügeln lässt und keine Meinung hat. Es bedeutet auch nicht, dass ein Kopftuch zwangsläufig den Geist seiner Trägerin einschränkt.

Frauen mit Kopftuch sind oft klug und selbstbewusst – und oft dann besonders durchsetzungsfähig, wenn es darum geht, den Männern ihr Patriarchat zu erhalten. Sie sind die Hüterinnen konservativer muslimischer Moralvorstellungen. Als Mütter, Schwestern, Töchter und Ehefrauen genießen sie, bei Einhaltung islamischer Anstandsregeln, besondere Anerkennung. Mit dem Gefühl der moralischen Überlegenheit geht oft eine Verachtung anderer Frauen einher. Wer sich in Moscheegemeinden Vorträge zur Rolle der Frau anhört, bekommt schnell einen Eindruck davon, wie misogyn der Schleier und die mit ihm verbundenen Regeln sind – und erfährt einiges über die angebliche Verdorbenheit westlicher Frauen.

Von Frauen, die ein uneingeschränktes Recht auf das Tragen des Kopftuchs fordern, hört man selten, dass sie sich für Mädchen einsetzen, denen das Tuch von ihrer Familie aufgezwungen wird. Dabei müssten doch gerade jene für Selbstbestimmung eintreten, denen oft das Gegenteil unterstellt wird.

Politische Dimension geht sehr viel weiter

Vermutlich verläuft hier die Grenze: Der konservative Islam, so wie ihn die meisten Moscheen und Islamverbände in Deutschland vertreten, gibt den Frauen die Freiheit, sich für die Einschränkung und Unterdrückung der Frau im Namen des Islams starkzumachen. Aber nicht dagegen. Es gibt Frauen, die sich unterordnen wollen. Das ist ihr gutes Recht, aber alles andere als ein Kampf für Frauenrechte.

Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht, ein Kopftuch zu tragen. Und jeder Mensch hat in Deutschland das Recht, kein Kopftuch zu tragen. Weil sich für Letzteres bisher keine einzige muslimische Interessenvertretung eingesetzt hat, bleiben das Tuch und die damit verbundenen Regeln für „züchtige“ Frauen ein Thema des Anstoßes. Die politische Dimension der Verschleierung geht sehr viel weiter als die bedauerlichen Diskriminierungserfahrungen einzelner Kopftuchträgerinnen. Letztere sind Nebeneffekte einer scheinheiligen Debatte, die versäumt, über Menschenrechtsverletzungen zu sprechen, die auch in Deutschland täglich stattfinden, wenn Mädchen durch Kleidung und Verhaltensregeln in ihrer Freiheit eingeschränkt werden: kein Kontakt zum anderen Geschlecht, kein Schwimmen, keine Klassenfahrten und vor allem keine selbstbestimmte Sexualität.

Hotpants + bauchfrei + Kopftuch

Vielleicht sollten ja alle Frauen ab und zu Kopftuch tragen: mit Hotpants, bauchfrei – noch gewagter als die eingangs erwähnten „Kopftuchbitches“. Das könnte dem Tuch seine Symbolträchtigkeit nehmen. Denn die Behauptung, es sei ein politisches, Frauen verachtendes Element des Islams, wird von vielen Islamvertretern gern negiert. Mit dem Argument, das sei nur ein westliches Hirngespinst und das Kopftuch emanzipatorischer Ausdruck weiblicher Selbstbestimmung; ganz persönlich und individuell.

Wenn das stimmt, dürfte so ein Modetrend nicht als Affront gegen religiöse Gefühle verstanden werden. Nirgendwo im Koran steht schließlich, dass eine Frau ihren Körper verstecken oder auch nur ihren Kopf bedecken soll. Es scheint also nicht schwer, auch das Nichttragen religiös zu begründen. Und trotzdem passiert es zu oft, dass muslimische Mädchen von selbst ernannten Sittenwächtern dazu aufgefordert werden, ein Tuch zu tragen, weil sie sonst keine „richtigen“ Musliminnen seien.

Alle Islamisten dieser Welt finden das Kopftuch geil. Vielleicht sollte das allein schon ein Grund sein, um über den Unsinn dieser Uniform nachzudenken. Und wer meint, das Kopftuch könne Frauen vor sexuellen Übergriffen schützen, den sollten aktuelle Statistiken zur sexuellen Gewalt gegen verschleierte Frauen in islamischen Ländern eines Besseren belehren. Das Kopftuch signalisiert neben der angeblichen sexuellen Nichtverfügbarkeit eben auch, dass darunter eine Frau ist, die garantiert große Hemmungen davor hat, eine Vergewaltigung anzuzeigen.

Ständer beim Beten

Ginge es um den feministischen Anspruch, den Körper nicht als Ware feilzubieten, dann wären lasziv guckende Frauen in Unterwäsche auf Plakaten unser gemeinsames Thema. Wir könnten jungen Mädchen vermitteln: Du darfst gern eine tolle Frisur tragen, musst aber auch nicht jedem deinen Hintern in Latexhosen ins Gesicht halten, nur weil Heidi Klum das vorlebt. Männer, die beim Beten in der Moschee einen Ständer bekommen, weil eine Frau sich vor ihnen bückt, könnten wir dann gemeinsam ins Nebengebäude verbannen. Dorthin, wo jetzt noch die Frauen beten müssen, weil man ihnen unterstellt, die sexuelle Begierde der Männer zu wecken.

Solange aber die Vorherrschaft des Mannes im europäischen Islam nicht auch von den Kopftuchverfechterinnen infrage gestellt wird, müssen Frauen, die im Tuch mehr sehen als nur Mode, weiterkämpfen: für das Recht einer jeden, ein Kopftuch zu tragen oder keins zu tragen – vor allem aber für die öffentliche Präsenz eines Frauenbilds, das nicht patriarchal-islamisch geprägt ist.

Ein Blick in die muslimische Welt reicht, um zu sehen, wie Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden, weil Männer sie als permanente Lustobjekte wahrnehmen. Es ist ein Alltag, der, je mehr Frauen einen Schleier tragen, umso bedrohlicher wird für jene, die es dann noch wagen, in Shorts zu gehen.

Als in Frankreich das Kopftuch für Schülerinnen verboten wurde, gab es einen Aufschrei. Menschenrechtsaktivisten aus aller Welt verurteilten das Verbot mit dem Argument der Diskriminierung. Diese Stimmen schweigen, wenn es darum geht, ein Mädchen zu verteidigen, das kein Kopftuch tragen will. Es sind Menschen, die nicht hören wollen, dass es in Frankreich auch Mädchen gibt, die sagen: Ich bin froh, wenigstens in der Schule kein Kopftuch tragen zu müssen – aber ich wage es kaum zu sagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

54 Kommentare

 / 
  • "Alle Islamisten lieben das Kopftuch."

     

    Was soll denn das für ein Argument sein? Es gibt genügend jüdische und christliche Frauen, die Kopftücher tragen - und diese Kleidungsstücke "lieben". Kopftücher sind somit nicht per definitionem "islamisch" oder "islamistisch".

  • Frau Balci macht es sich wieder einmal zu einfach:

    ,,Die Autorin sieht vor lauter Kopftuch den Menschen darunter nicht mehr. Die verschleierte Frau wird bloß noch als Symbolfigur begriffen, ihre Handlungen müssen einem erdachten Schema aus Konsequenz und Logik folgen, um der Rechtfertigung für ihre Andersartigkeit zu genügen. Wenn sie schon das Kopftuch trägt, dann bitte auch keine engen Klamotten und kein Make-up und wenn sie auf ihre Selbstbestimmung beharrt, dann bitte auch politisch aktiv sein für die, die nicht frei entscheiden können. Plötzlich wird ein Pflichtenkatalog überreicht, den es abzuarbeiten gilt, da kennen die Kritikerinnen keine Gnade und achten mit Argusaugen darauf, dass die Muslimin mit dem Kopftuch auch brav ihre gesellschaftlichen (und neuerdings auch religiösen) Pflichten erfüllt. Ihre gesamte Person wird auf dieses Tuch reduziert, all ihre Handlungen darauf zurückgeführt. Jedweder Versuch ihrerseits einfach normal zu sein, Mensch zu sein, wird abgebremst von Personen, in deren Weltbild das Kopftuch ein politisches Symbol ist und bleibt, unabhängig davon, dass Musliminnen ihren Platz in dieser Gesellschaft suchen und eben als normale Bürgerinnen gesehen werden wollen; egal ob sie sich nun eng kleiden oder nicht, High Heels tragen oder nicht, sich engagieren oder auch nicht.

    Ja, auch Frauen mit bedecktem Haar dürfen inkonsequent sein, dürfen paradox sein." ( Aus ,,Verschleierte Realität")

  • "Ist halt auch blöd, wenn welche was wollen aber gar nicht sagen, was Sie eigentlich wollen, ("das nervt" nämlich, dauern gefragt zu werden) aber klagen, dass sie falsch verstanden werden - weil ihr Outfit nun einmal gewisse Schlüsse zulässt." - also wenn diese "gewissen" Schlüsse zu Konflikten führen, würde ich mal den Filter "Vorurteile" etwas nachjustieren ;0) ....im übrigen bedeutet rechts - sehr konservativ.....ihre Ansichten in Bezug auf das Thema Kopftuch und ihre Trägerinnen erscheinen mir weder differenziert, noch modern noch offen für eine erweiterte Sicht. Mein Tipp einer anderen Sicht zum Artikel: http://www.migazin.de/2016/05/25/kopftuch-verschleierte-realitaet/?utm_source=dlvr.it&utm_medium=facebook

  • Danke für die klaren Worte!

  • Ganz erstaunlich dass die TAZ Güner Balci zu Wort kommen lässt, mein Respekt dafür.

     

    Mehr kann man dazu gerade nicht sagen

  • Objektiv und spricht mir aus der Seele.

    Danke für diesen Artikel.

    • @ulf hansen:

      "Objektiv und spricht mir aus der Seele."

       

      Ist das nicht ein Widerspruch in sich?

  • 3G
    33324 (Profil gelöscht)

    Herzlichen Dank, Frau Balci. Besser hätte man die Gesamtproblematik nicht schildern können.

  • Frau Balci,

    danke. DANKE! DANKE!!!

  • Wer das Kopftuch tragen will, soll es tragen dürfen.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      und wer das kopftuch nicht will sollte es tragen müssen?

       

      hast du den artikel überhaupt gelesen?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Das ist ein anderer Aspekt derselben Frage. Millionen Christenkinder werden zwangsgetauft, ehe sie sich überhaupt artikulieren können - und einmal in der Mühle drin, geht´s grad so weiter: Religionsunterricht, Kommunion, Firmung, alles muß das Kind über sich ergehen lassen. Eine freie Wahl haben nur die wenigsten von ihnen. Also? Kindstaufe und alle religiösen Handlungen an Minderjährigen verbieten? Ich hätte kein Problem damit.

        • 6G
          6474 (Profil gelöscht)
          @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          willst du tatsächlich die tatsache das ein kind für eine sekunde in ein wasserbecken gesteckt wird, mit dem kopftuch-zwang vergleichen?

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          Aspekt hin oder her.-Jedenfalls ein sehr guter weil sehr ergiebiger Diskussionspunkt!

  • Ein schöner Artikel. Eines sollte man ergänzen. Der gibt seinen Gläubigen das Recht von der islamischen Gemeinde vorgeschriebene Verhaltensregeln zu missachten, sofern die Gläubigen dazu gezwungen werden.

    Das von einigen Frauen erkämpfte Recht ein Kopftuch z.B. in der Schule zu tragen wird daher in der Konsequenz für andere Frauen zur Pflicht es zu tragen. Wir haben daher nur die Wahl muslimischen Mädchen das Tragen von Kopftüchern zu verbieten oder zu akzeptieren, dass andere sie zum Tragen der Kopftücher verpflichten. Sicher wäre "Wahlfreiheit" die beste Option in einer pluralistischen Gesellschaft. Diese Option gibt es aber effektiv nicht. Von daher spricht durchaus einiges für das an sich hässliche französische Verbot soweit es Kinder betrifft, die keine Chance haben sich gegen Elternhaus und Religion zu behaupten.

    • @Velofisch:

      "Das von einigen Frauen erkämpfte Recht ein Kopftuch z.B. in der Schule zu tragen wird daher in der Konsequenz für andere Frauen zur Pflicht es zu tragen."

      Woraus schliessen Sie das?

  • Ein scheinbar einfaches und doch überhitztes Thema. Was geht es mich an, ob eine Frau Haare zeigt oder nicht?

    Auf der einen Seite ist es mir als Mann egal und die Frau muss selbst wissen, was sie will.

    Auf anderen Seite ist es eben nicht nur ein Tuch, sondern ein Symbol - und das ist eindeutig in jeder nur denkbaren Weise frauenfeindlich (selbst der vermeintliche Schutz vor Männern ist genau bedacht frauenfeindlich).

    Wieder könnte ich mich herausreden: Sollen die Frauen doch sehen, wie sie damit klarkommen.

    Doch wenn man den Kampf für eine gerechtere Welt ernstnimmt, dann sollte man niemanden im Regen stehen lassen.

    Jeder sollte ein Maximum an persönlichen Freiheiten genießen dürfen. Erst, wenn das gewährleistet ist, kann man - oder eben auch nicht - ein Kopftuch tragen. Nicht mehr als Symbol einer patriarchalen Gesellschaft, sondern als Modeaccessoire, je nach Wetter, Lust und Laune...

  • eine der wenigen Zeitungen wo Dinge mal von einem anderen Winkel gesehen werden ohne gleich braune Ränder zu bekommen...

  • mir hängt diese ganze Kopfuch diskusson zum hals raus, weder meine frau noch die zahlreiche verwandschaft trägt Kopftuch, aber da gibts auch keine leute, die das Thema immer wieder durchkauen

  • so so... diskriminierungserfahrung versus menschenrechtsverletzung

    klingt wie unangenehme verhörmethoden gegen richtige folter...

     

    im übrigen könnte der de Maizière von mir aus gern vollverschleiert auftreten...

  • Die Argumentation ist differenziert und kenntnisreich. Folge ich ihr im Einzelnen, kann ich fast allem zustimmen. Zu befürchten ist allerdings in der derzeitigen, rassistisch aufgeladenen Debatte, daß medial bloß gehypt wird, daß da "wieder mal eine was gegen das Kopftuch gesagt hat", und auch noch eine "mit türkischem Namen!" - Wie bereits mehrfach von mir kommentiert: Ich habe den Eindruck, daß der Hype um "das Tuch" eher dazu führt, daß es aus Selbstbehauptungs- und Selbstermächtigungswillen getragen wird, aus einer Art anti-neokolonialem Trotz. Zum Glück hat die TAZ auch immer wieder die andere Seite zu Wort kommen lassen - und Kübra Gümüsays Kolumne fehlt mir mittlerweile sehr! Obgleich Atheist, halte ich die in "aufgeklärten" westlichen Medien, auch der TAZ, geübte radikale Religionskritik für blind. Sie verkennt, daß Religionen - neben stark gegensätzlichen Wirkungen - auch gesellschaftsfreundliche Funktionen zukommen (Stichwort: Volksfrömmigkeit). Wer die grundgesetzlich verbriefte Religionsfreiheit ernst nimmt, müßte andere Religionen respektieren und sie gleichwohl bei Übergriffen in ihre Schranken verweisen. Das ist natürlich auslegbar - für mich würde es heißen, religiösen Regeln, die etwa vom schulischen Gemeinschaftsleben ausschließen, entgegen zu treten, aber hinsichtlich des "Tuchs" Toleranz walten zu lassen. Ich denke, daß wir damit auf lange Sicht weiterkämen, als mit starren Verboten.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Albrecht Pohlmann:

      "der derzeitigen, rassistisch aufgeladenen Debatte, daß medial bloß gehypt wird, daß da "wieder mal eine was gegen das Kopftuch gesagt hat", und auch noch eine "mit türkischem Namen!"

       

      ^^ich verstehe schon, sie wollen einfach nichts über das kopftuch hören, aber mal eine andere frage: wenn die autorin keinen türkischen namen hätte, was hätten sie ihr dann wohl vorgeworfen?... na?...

      oder wenn der autor ein mann gewesen wäre, womöglich noch ein europäer?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Bitte lesen Sie meinen Beitrag genau: ich werfe der Autorin nichts vor, sondern stimme ihr im wesentlichen zu. Und wollte ich "einfach nichts über das kopftuch hören", läse ich solche Texte gar nicht erst bzw. kommentierte sie nicht.

        • 6G
          6474 (Profil gelöscht)
          @Albrecht Pohlmann:

          okay, du hast recht. ich habe da wohl das ein oder andere überlesen

    • @Albrecht Pohlmann:

      Wer andere als blind bezeichnen möchte, weil die nicht sähen:

       

      "Religionen auch gesellschaftsfreundliche Funktionen zukommen(Stichwort: Volksfrömmigkeit)"

       

      sollte sich mal besser selber die Augen reiben. Wie klein der Schritt zur Führergläubigkeit (Gott, Allah und irdische Verkünder) sein dürfte, wollen Sie wohl nicht sehen?

       

      Im übrigen finde ich Ihren Beitrag sehr ok. Aber unterlassen Sie doch bitte das Denunzieren wollen von Religionskritikern, solange diese keine ausgemachte Hetze betreiben. Wir mögen all unsere Mitmenschen und müssen uns dafür eben nicht, von irgendeiner Gottesverehrung anleiten lassen.

      • @H.G.S.:

        Guter Hinweis.

      • @H.G.S.:

        Lieber @H.G.S. - ist in einer Debatte jemandem Blindheit vorwerfen gleich eine "Denunziation"? Jedenfalls wollte ich niemanden denunzieren. Über "Volksfrömmigkeit" gäbe es viel zu sagen, in ihr überlebt meistens das Widerständige früherer Religionen gegen den jeweils herrschenden Glauben, also Aberglauben, Magie. Es sind Strategien zur Bewältigung des Alltags - in keiner Gesellschaft unwichtig. Ich kann Volksfrömmigkeit also soziologisch bedeutsam finden, mitunter anrührend sympathisch - ohne ihr selbst anzuhängen. Eine gute Definition finden Sie hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Volksfr%C3%B6mmigkeit - Ich denke, daß Sie den Begriff mißverstanden haben: Nix "Führerglauben".

    • @Albrecht Pohlmann:

      "Zum Glück hat die TAZ auch immer wieder die andere Seite zu Wort kommen lassen" ... also ich finde, die taz hat die andere Seite in letzter Zeit ziemlich oft zu Wort kommen lassen, da war dieser Artikel überfällig.

      • @LiebeSonneScheine:

        Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

        • @christine rölke-sommer:

          Sie übertreiben maßlos. Bitte versuchen Sie nicht, Kritik mit Hetze gleichzusetzen. Dies hat schon viel zu viele notwendige Debatten erstickt.

          • @Aaron Kunz:

            nein, ich beobachte nur, wer sich auf seriöse forschung und essays bezieht. und daraus hetze macht.

            • @christine rölke-sommer:

              Oooch, dass find ich aber jetzt schade, dass das gelöscht wurde. Hätt ich doch gern gewusst, was frau da zu sagen hat.

              • @LiebeSonneScheine:

                da stand die kurzfassung meiner kritik ans essay zu lesen.

                • @christine rölke-sommer:

                  Liebe Frau Rölke-Sommer, zu Ihrer seriösen Forschung: ich glaube wir hatten an anderer Stelle (beim gleichen Thema) schon festgestellt, dass ich nun mal nicht zu den Menschen gehöre, die über den Ihnen eigenen Grad an Bildung verfügen. Nichts desto trotz ist dies ein Thema, das sich auch aus Alltagserfahrung speist, die ja letzten Endes dann in die von Ihnen beschworene "seriöse Forschung" einfließt. Kurz und gut: Ich möchte schon behaupten, dass ich als Frau, die mit offenen Augen durchs Leben geht und über gewisse Lebenserfahrung verfügt, sehr wohl in der Lage bin, mich hier zu äußern. Wo dieser Hetz-Vorwurf herkommt ist mir schleierhaft, ich glaube, Sie konstruieren sich da einfach was zusammen, was Ihnen halt in den Kram passt. Auf jeden Fall bestätigen Sie mal wieder, den Eindruck, den ich bereits von Ihnen gewonnen habe: Eine Frau ohne akademische Bildung (und noch dazu ohne Kopftuch) wird von Ihnen nur wahrgenommen, sofern Sie eine Dienstleistung anzubieten hat, derer Sie bedürfen. (Putzen mein ich jetzt).

                  • @LiebeSonneScheine:

                    wie das mit der umwandlung von forschungsergebnissen in hetze geht, das war aufs feinste bei https://www.youtube.com/watch?v=7nYXKafiqZk

                    zu beobachten.

                    dass dies so möglich ist, liegt unter anderem am ansatz der studie http://www.tandfonline.com/doi/pdf/10.1080/1369183X.2015.1082903

                    die mindestens eine wichtige komponente überhaupt nicht in anschlag bringt, nämlich die rechtsstellung des/der migrantinnen....

                    aber ich will nicht abschweifen.

                    für das essay befürchte ich ähnliches und diese befürchtung brachte ich zum ausdruck.

                    dabei stütze auch ich mich auf offene augen+lebenserfahrung und dieser+jener sei's geklagt: wissensdurst.

                    und auf die grunderfahrung der frauenbewegung: wenn ich will, dass meine interessen/rechte beachtet werden, dann muß ich sie selbst vertreten und darf nicht erwarten, dass andere das schon für mich besorgen werden.

                    sonst kommt so was ähnlich schräges dabei heraus wie in dem essay: die feministischen frauen mit tuch auf kopf sind dran schuld, dass islamisten kleine mädchen unters kopftuch zwingen.

                    meine töchter sagten immer, wenn sie mich bei solchen salti erwischten: dann lüg mal schön weiter...

                    • @christine rölke-sommer:

                      "wenn ich will, dass meine interessen/rechte beachtet werden, dann muß ich sie selbst vertreten und darf nicht erwarten, dass andere das schon für mich besorgen werden." - Sie bleiben die Auskunft schuldig, wer sich für die Rechte muslimischer Mädchen stark macht gegenüber deren Eltern.

                       

                      "die feministischen frauen mit tuch auf kopf sind dran schuld, dass islamisten kleine mädchen unters kopftuch zwingen." - Das ist auch eine Ihrer völlig überspitzt interpretierten Anschuldigungen.

                       

                      Wenn hier die Diskussion in Hetze umschlägt, dann haben Sie das in erster Linie sich selbst zu verdanken, bzw. Ihrem aggressiven Diskussionsstil.

                       

                      Auf die Studie, die Sie verlinkt haben, will ich mich erst mal nicht beziehen, weil es so schnell nun auch nicht geht mit dem Lesen. Ich frag mich halt nur, wenn diese Inhalte so ausschlaggebend sind für Ihre Argumentation hier, warum bringen Sie dann nicht solch "klare Argumente" in Form von Zahlen und Fakten und argumentieren stattdessen ständig nur mit "wenn's ne Jüdin wär" oder eben das altbekannte Hetz-Argument, dass jede(n) anders Denkende(n) gleich in die rechte Ecke stellt.?

                      • @LiebeSonneScheine:

                        und die katholischen landfrauen sind dran schuld, dass der zölibat noch nicht abgeschafft ist...

                        darauf einen dujardin aus dem hause paradoxe intervention!

                        • 2G
                          25726 (Profil gelöscht)
                          @christine rölke-sommer:

                          Bei der Schärfe Ihres Verstandes müßten Sie die Absurdität Ihrer Argumentation selbst erkennen.

                          • @25726 (Profil gelöscht):

                            Ich würde das mit den Landfrauen gar nicht so von der Hand weisen. Wenn die katholischen Landfrauen sich stark machen für Kräfte innerhalb der katholischen Kirche, die sich gegen jede Reformierung sträuben, wozu auch das Zölibat gehört, dann sind sie am Ende sehr wohl mit verantwortlich für das Weiterbestehen des Zölibats.

                            • @LiebeSonneScheine:

                              nun müßten wir natürlich wissen, was die katholischen landfrauen wollen und was+wie sie dafür tun... könnte ja sein, die tun+wollen, was den klerus viel mehr aufbringt als das plakat *schafft den zölibat ab!*

                              ich schätze mal, vor überraschungen ist da keine einer sicher.

                              und ich ziehe es vor, mich überraschen zu lassen, statts frauen um die ohren zu hauen, was sie gefälligst zu tun hätten.

                               

                              im übrigen stelle ich fest: wann immer wer religionsfreiheit ohne gläubige und islam ohne muslimas verlangt, bricht die allgemeine begeisterung aus.

                              • @christine rölke-sommer:

                                Das mit den Landfrauen war Ihr Vergleich.

                                 

                                Ist halt auch blöd, wenn welche was wollen aber gar nicht sagen, was Sie eigentlich wollen, ("das nervt" nämlich, dauern gefragt zu werden) aber klagen, dass sie falsch verstanden werden - weil ihr Outfit nun einmal gewisse Schlüsse zulässt.

                                 

                                Und ehrlich: Ich hab tatsächlich kein großes Verlangen mich mit den Untiefen des islamischen Glaubens zu befassen. Aber ich weiß, dass es eine Menge Muslima gibt, die ihren Glauben leben können, ohne ein Tuch zu tragen im Alltag. Andere nehmen das Tuch ab auf der Arbeit, ohne sich in ihrer Religionsausübung gestört zu fühlen. Und wieder andere nehmen jeden komischen Blick zum Anlass, sich diskriminiert zu fühlen und sehen keinen Grund mal auf's Tuch zu verzichten. Und ich finde einfach, wer sich so sehr einer Religion, Weltanschauung oder auch Mode verschreibt, sollte auch die Einsicht mitbringen, dass solches mit Einschränkungen bei der Berufswahl verbunden sein kann. Ansonsten gibt es auch Länder, in denen das Tuch Pflicht ist.

                                • @LiebeSonneScheine:

                                  und das rechtfertigt, *kopftuchmädchen* als wasserträgerinnen der islamisten zu beschimpfen?

                                • @LiebeSonneScheine:

                                  Auweia, den letzten Satz bitte streichen!

                          • @25726 (Profil gelöscht):

                            genau darin liegt die crux des essay.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    dieser text entspricht genau dem was ich auch vertrete und über das kopftuch denke.

    ich vermute aber ganz stark das dieser text nur bei der TAZ erscheinen darf, weil ihn eine frau mit dem namen Güner Yasemin Balci geschrieben hat.

    • @6474 (Profil gelöscht):

      Wär auch ziemlich blöd, wenn das von einem deutschen Mann käme und in diesem Fall nicht wirklich ernst zu nehmen. Es entspricht auch dem, was ich so wahrnehme, aber es hat nur Gewicht, weil es von einer Frau kommt, der unterstellt werden kann, dass sie sehr genau weiß, von was sie schreibt.

      • 6G
        6474 (Profil gelöscht)
        @LiebeSonneScheine:

        der inhalt der argumente ist der selbe und entweder als richtig oder als falsch zu werten.

        es geht auschließlich um den inhalt und nicht um die person die etwas auspricht.

        • @6474 (Profil gelöscht):

          Ich denke schon das ist ein Thema über das diejenigen reden sollten, die davon betroffen sind. Ansonsten kommt auch eben immer schnell der AfD-Vorwurf.

          • 6G
            6474 (Profil gelöscht)
            @LiebeSonneScheine:

            ist ein konstruierter vorwurf der den inhalt nicht von der person zu trennen vermag, nun entscheidend für die bewertung des inhaltes selbst?

             

            macht die tatsache, das ich mit einem nazi womöglich in fragen der straßenverkehrsordnung im kern übereinstimme, seine inhaltliche perspektive auf diesen gegenstand deshalb falsch,weil er in anderen fragen völlig daneben liegt?

             

            im übrigen: die AFD-hetze gegen muslime im (fast) allgemeinen, unterscheidet sich von diesem text in kleinen aber sehr feinen punkten fundamental in ihrer ausage.

            ich kann hier nirgends etwas davon lesen das muslime allgemein als rückständig zu betrachten sind, oder zu einem kopftuch-verbot aufgerufen wird. auch steht im text nirgendwo das der islam niemals reformierbar und deshalb gänzlich abzulehnen sei.

            wenn mich jemand deshalb in die nähe eines AFDlers rückt, dann hat er/sie entweder meine position nicht richtig verstanden, oder geht mit einer ideologischen festgefahrenen grundhaltung an diese thematik ran.

             

            eine debatte die zumindest im ansatz den anspruch erhebt auf fakten basierend geführt zu werden, kann nicht eine person aufgrund ihrer herkunft (ethnisch,sozial,geschlechtlich) in den mittelpunkt stellen, sondern sollte die fakten als solche als richtig oder falsch entlarven können

            • 6G
              6474 (Profil gelöscht)
              @6474 (Profil gelöscht):

              im übrigen: genauso gehen antimuslime oder auch antisemiten oftmals vor, indem sie ihren lieblings-araber oder lieblingsjuden zitieren um ihre weltsicht damit vom stanpunkt eines insiders legitimieren zu lassen.

              kaum jemand wird zb. von antisemiten mehr gefeiert als ein jude der sich kritisch zum judentum oder zu israel äussert.

              natürlich ist so eine perspektive von betroffenen interssant und wichtig, auf gewisse schlüsse kann man auch kommen wenn man nicht explizit teil des ganzen ist, aber schon genug berührungspunkte und persönliche erfahrungen gesammelt hat.

  • ein realitätsbezogener text über konservativ-religös-traditionalistische normen und die öffentliche debatte darüber. und das in zusammenhang mit "dem islam". in der taz.

     

    bei der readaktionskonferenz über den beitrag hätte ich gerne mäuschen gespielt.

  • Sehr interessanter Artikel - mal anders herum gedacht - und ins Schwarze getroffen!

  • Danke, Danke, Danke für diesen Text!

    • @LiebeSonneScheine:

      Schließe mich diskussionslos an.