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Essay Zukunft der Europäischen UnionWer schützt die Armen?

Die Politologin Ulrike Guérot fordert eine europäische Republik. Doch solange es keine Fiskal- und Sozialunion gibt, braucht es den Nationalstaat.

Eine Denkaufgabe Illustration: Eléonore Roedel

„Verwunderlich“ findet es Ulrike Guérot, „wie sich der derzeitige europäische Kurs am Nationalstaat festklammert“. Wo doch jeder wissen könne, dass keine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre im nationalstaatlichen Rahmen zu bewältigen ist: das Klima retten, Google besteuern, den Flüchtlingen helfen, die Jugendarbeitslosigkeit beenden, und das reparieren, was Europa zum Fluchtpunkt der Wünsche und der Wanderungen macht: den Sozialstaat.

Der „derzeitige europäische Kurs“ wird weiterhin vom EU-Rat bestimmt, der Kompromissbörse der nationalen Interessen, sprich der jeweiligen Wirtschaftsmächte. Was also anstehe, sei die Überführung der nationalstaatlichen Politikmechanismen in eine europäische Republik. Nicht der Nationen, sondern der Regionen – so führt Ulrike Guérot es in ihrer feurigen Streitschrift über den „neuen Bürgerkrieg“ (Ullstein) aus.

Wenn Multis, Finanzagenturen und digitale Raubritter die Steuersouveränität der Nationalstaaten unterspült haben, wenn Wettbewerbszwänge die Regierungen zwingen, die Infrastrukturen zu privatisieren und die Sozialsysteme zu demontieren, dann ist dem nur noch durch „eine Trans­na­tio­na­lisierung der Demokratie“ (Jürgen Habermas) zu begegnen.

Der Gedanke ist theoretisch plausibel. Aber wenn man annimmt, dass die gewählten Politiker nicht ausschließlich Kreaturen des Kapitals sind, dann stellt sich die Frage: Warum kommt es nicht zu dieser Transnationalisierung? Sondern warum wachsen stattdessen die nationalen Bewegungen gegen Europa?

Mathias Greffrath

lebt als freier Autor für Print und Radio in Berlin. Zuletzt schrieb er auf der Meinungsseite der taz über „Exklusive Fake News: Eine Dokumentation der neuen SPD-Wahlkampftaktik“.

Bei Kunstmann ist er Herausgeber des Bands „RE: Das Kapital – Politische Ökonomie im 21. Jahrhundert“ (2017).

Auch hier gilt: „It’s the economy, stupid!“. Guérot selbst zitiert zustimmend Marine Le Pen: „Wenn es die Nation nicht mehr gibt, wer kümmert sich um die Armen?“ Mit anderen Worten: Solange keine Fiskal- und Sozialunion das freie Spiel des Kapitals balanciert, solange es zwischen den Regionen unterschiedlicher Produktivität nicht so etwas wie einen „Länderfinanzausgleich“ und für alle europäischen Arbeitnehmer ein einheitliches Arbeitsrecht gibt, bieten nur die nationalen Regelungen Schutz, auch wenn sie schwer unter Beschuss liegen.

Für die Herstellung solcher gesamteuropäischer Sozialstaatsstrukturen aber gibt es keinen „ökonomischen Treiber“, so wie es im 19. Jahrhundert die Gegnerschaft zwischen nationalen Industriebourgeoisien und Gewerkschaften war.

Abwärtsspirale in den Krisenjahren

Denn in den Nationalstaaten Europas wirken sich Interessen und Strategien der großen Kapitale unterschiedlich aus. Regierungen aber sind ihrer jeweiligen Klientel verpflichtet, und ebenso die Gewerkschaften: Die IG Metall hat in erster Linie die gutverdienenden Arbeiter in der deutschen Exportindustrie zu schützen. Zwar werden die Arbeitsverhältnisse in Europa überall und mit ähnlichen Tricks dereguliert (als Nächstes in Frankreich), werden überall die prekären Beschäftigungen, die befristeten oder die Werkverträge zur Regel. Aber ein europäisches Arbeitsrecht ist ebenso wenig in Sicht wie ein europäisches Unternehmenssteuerrecht.

Im Gegenteil: In den Jahren der Krise (so recherchierten die Journalisten von „Investigate Europe“) setzte, ermuntert vom Brüsseler Wirtschafts­kommissar, eine Abwärtsspirale ein: im Steuer­recht, aber auch bei der Befris­tung von Ar­beits­ver­trä­gen, dem Lohn­dumping und der Zerschlagung von Tarifsystemen.

taz.am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz.am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Es trifft alle, aber es trifft alle unterschiedlich – am schlimmsten die Portugiesen und die Rumänen. Und deshalb gibt es keine mit Macht ausgestatteten Vorstöße zu europäischen Regelungen: die nationalen politischen Klassen halten still, weil sie machtlos gegen die Erpressungen der Multis sind oder selbst dem Irrglauben an die wachstumsfördernde Kraft von So­zial­abbau und Steuerdumping anhängen; die Gewerkschaften sind schon lange überall in der Defensive und waren kaum je international gesonnen.

Es regiert also die Differenz – und wenn es ein gemeinsames europäisches Interesse (auch der Liberalen und der „Populisten“) gibt, dann dieses: die immer noch, im Vergleich zum Rest der Welt, komfortable Ungleichheit Europas mit Geld und Gewalt zu verteidigen gegen das eindringende Chaos.

Denn „höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, bessere Wohnungen, eine umfassende Sozialversicherung und so weiter – es ist keinesfalls sicher, dass wir uns diese Dinge leisten können, wenn wir die Vorteile preisgeben, die wir aus der kolonialen Ausbeutung ziehen“. Das schrieb George Orwell 1947. Setzen wir heute statt kolonialer Ausbeutung den ungleichen Handel, das Natur zerstörende Wachstum und die Abschottung gegen die Mi­gra­tion, dann liegt hier der Grund für den fehlenden Treiber zu einem solidarischen Europa. Denn für einen solchen Kontinent müssten die reichen Länder, voran die Deutschen, draufzahlen, und das würden sie – so zumindest der Glaube ihrer Repräsentanten – niemals hinnehmen.

Menschen wollen ein einmal erreichtes Wohlstandsniveau nicht freiwillig aufgeben. Diese Weigerung gilt auch für Europa im Verhältnis zum Rest der Welt. Die Herausforderungen, die vor uns liegen – die Klimakatastrophe abmildern, die ökologischen Schäden beseitigen, Afrika retten, den Energiewandel forcieren, die Ungleichheit beseitigen, die Arbeitszeit verkürzen, so dass alle auch bei rasanter Automation sinnvolle und regelrechte Arbeit haben – dies alles wird nur zu bewältigen sein, wenn wir, die Mittelschichten Westeuropas, unsere Erwartungen an Wachstum und Konsum, unseren Lebensstil und unsere Zeitbudgets drastisch korrigieren.

Schöner ferner Polarstern

Und weiter: wenn die Lasten gerecht und gleichmäßig verteilt werden, in den Nationen und innerhalb Europas. An die Stelle des alten Klassenkampfs tritt so in den nächsten Runden bestenfalls die Auseinandersetzung zwischen denen, die ihre Besitzstände bis aufs Messer verteidigen wollen, denen im Osten Europas, die nachholen wollten und sich nun betrogen sehen, und den von Erkenntnis des Notwendigen und von Moral getriebenen europäischen Idealisten, wie Ulrike Guérot sie im Sinn hat. Einstweilen sind sie als politische Kraft noch nicht in Sicht – aber die Republik Europa immerhin ein schöner ferner Polarstern.

Warum, so fragt Ivan Krastev in seinem Essay „Europadämmerung“ (edition suhrkamp) – einer brillanten Typologie der Populismen in Ost und West –, warum gibt es nicht zumindest unter den jungen, gut ausgebildeten, polyglotten und liberalen oder linken Bürgern Westeuropas mit ihrer prekären Zukunftserwartungen eine starke paneuropäische Bewegung?

Seine Antwort: Ihr Protest ist eine „Partizipation ohne Repräsentation“. Sie denken international, sind vernetzt, aber verachten politische Programme und parlamentarische Formen der Repräsentation. Sie machen Party mit „Pulse of Europe“, vielleicht schließen sie sich gar Varoufakis’ Bewegung DiEM25 an, aber das sind nur schnell welkende Eliteblumen auf dem langen Weg zu dem, was sich Ulrike Guérot als „europäischen Vormärz“ ausmalt: eine Volksbewegung für ein Europa, in dem die Region wieder „Heimat“ und die Republik transnational geworden ist.

„Wir schaffen kein demokratisches Europa, ohne zu üben“, schreibt sie denn auch am Ende, „die europäischen Bürger brauchen dringend eine Lernerfahrung, in der sie sich als gemeinsamen politischen Körper verstehen lernen.“

Welche Erfahrung könnte das sein? Vor einigen Wochen haben europäische Enthusiasten aus Bethel einen transnationales Sozialjahr für alle Jugendlichen Europas, gleichsam als letztes Schuljahr, vorgeschlagen. Ein kühner Schritt wäre das, vielleicht können ihn sogar eher Konservative als Liberale fordern. Die Vorbedingung aber für solche Gründungen wäre die Instandbesetzung der einzigen Institutionen, in denen die demokratische Substanz oder was von ihr noch übrig ist, nach wie vor institutionalisiert ist: die nationalen Parlamente. Die wirksamste und wichtigste Lernerfahrung für das Parlament einer europäischen Republik macht man also nach wie vor in den politischen Parteien.

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21 Kommentare

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  • Es ist ein Teil der kapitalistischen Strategie, uns weismachen zu wollen, unser relativer Wohlstand wäre gefährdet, wenn wir die globale Ausbeutung nicht mittragen, nicht akzeptieren, wir wären dafür verantwortlich und nicht die Konzerne und ihre willfährigen Büttel. Tatsächlich ist auch in einer gerechteren und ökologischeren Welt noch genug zum Umverteilen auf alle Menschen da - und nur in dieser wird das auch geschehen. Die Linke ist lange genug der nützliche Idiot der neoliberalen Vorbeter gewesen.

  • Inzwischen - nach Griechenland - ist der Spalt zwischen "nicht mehr" (eine volle nationale Demokratie) und "noch nicht" (eine volle europäische Demokratie) ein Abgrund geworden. Ohne einen krachenden Zusammenbruch des existierenden Gebildes wird sich nichts ändern. Vielleicht schafft es ja eine schwarz-gelbe Bundesregierung, die Karre mit Karacho an die Wand zu fahren. Es wäre bitter, aber einen anderen Weg sehe ich nicht (cfr. C. Offe Europa in der Falle und, auf Youtube, Frederic Lordon bei Plan B).

  • 3G
    39201 (Profil gelöscht)

    Ein weiteres ,,Hindernis'' (neben der Fixierung auf den Nationalstaat, s. Guerot): Die Konzepte des ,,Sozialstaates'', des ,,Wohlfahrtsstaates", der ,,sozialen Marktwirtschaft" sind auch bei vielen diskreditiert, die eigentlich für Solidarmodelle und gegen neoliberale Ausbeutung sind. (z.B. mit der Begründung, man wünsche sich ,,Chancen statt Sicherheiten" oder weil man die bestehenden Strukturen als ein ,,Schmierfett des kapitalistischen Getriebes" ansieht.) Wenn die Kritik an der de jure fehlenden Sozialunion Europas nicht diejenigen erreicht, die ein anderes Leben wollen, wird das gemeinsame Solidarprojekt noch schwieriger: ,,Sie machen Party mit „Pulse of Europe“, vielleicht schließen sie sich gar Varoufakis’ Bewegung DiEM25 an, aber das sind nur schnell welkende Eliteblumen''. Anstatt sie, wie hier leider geschehen, als ,,Partygänger" zu diskreditieren, oder als bürgerliche ,,Eliteblumen", sollte man Hinhören, Hingehen und einen Konsens innerhalb der Bewegungen suchen. De facto ist die EU eine Sozialunion (vgl. Friedhelm Hengsbach, ,,Teilen, nicht töten“). Innerhalb des Bestehenden wäre viel mehr möglich, wenn man die Debatte suchte. Viele Bewegungen wünschen sich ein anderes und sozialeres Leben, es wäre wichtig, sich gegenseitig zu respektieren und das Gemeinsame (z.B. die kritische Haltung gegenüber Deregulierung, Liberalisierung, Privatisierung) zu betonen, statt des Trennenden.

  • "...dies alles wird nur zu bewältigen sein, wenn wir, die Mittelschichten Westeuropas, unsere Erwartungen an Wachstum und Konsum, unseren Lebensstil und unsere Zeitbudgets drastisch korrigieren."

     

    Das ist der springende Punkt. Eigene materielle Absicherung vs Solidarität; Narzisstische Glorie vs empathische Zufriedenheit; Existenzangst vs Vertrauen in die Gemeinschaft oder allgemein Misstrauen vs Vertrauen - Definition eines glücklichen Lebens.

  • Jetzt mal Tacheles.

     

    Ihre Analysen & so auch hier - schätze ich durch die Bank - klug & durchdacht - wenn ich mal davon absehe - daß Ihnen indirekte Rede auch nur holperig geläufig ist!;)

     

    Ok. But.

    Sie sind wie viele meiner Weggefährten mit IntellelieDurchblickerbrille - leider auch Parteisoldat (egal ob&welcher).

    Große Windräder drehen - den Polarstern vor Augen & TINA et hand!

    Statt zu benennen - daß dieses dumpfe ausschließlichlich aufs eigene Portemonnaie starren - Rolli&Raute an der Registrierkasse etc

    Nicht naturwüchsig ist & es stattdessen solches Anzuprangern ist! &

    Es nirgend steht - newahr!

    Daß ein Klassenverräter wie

    BastaGas-PromGerd & sein PuffreisenLoddel Peter Hartz auf Promo-Tour durch die EU ziehen einschl. France & diese EU-Null-No.

    Martin van Würselen komplett

    Groß-Kotzig genau dieses via Eifel-Elses

    Rentendesaster rechtsvorbei an Bismarck & im Wahlkampf weiter reproduziert!

    Also statt Globalgewölk -

    Sagen was gerade Sache ist -

    Vor genau eben dieser Folie!

     

    So - Herr Mathias Greffrath -

    Wird ein Schuh draus! &

    Müssen nicht mehrere geworfen werden - kerr!

    Anderenfall - SCHUUUUUULLLZZZ!

  • Reichtum muss gerechter verteilt werden. Es kann nicht sein, dass Menschen in Griechenland im Falle von Arbeitslosigkeit allein auf die Rente ihrer Eltern und Grosseltern (falls vorhanden) oder Bettelei angewiesen sind, während es in Deutschland Hartz IV gibt.

     

    Es muss eine Angleichung der Sozialleistungen innerhalb Europas geben, damit Europa funktioniert und weniger nationalistisch wird. Die Deutschen bekommen dann etwas weniger Hartz IV und Rente, die Menschen in den armen Ländern dafür mehr. Das ist Gerechtigkeit.

    • @Maike123:

      Das ist doch mal ein Vorschlag. Gerechtigkeit fängt im Kleinen an.

      Und die Agenda 2010 wäre hier mit Turbo unterwegs.

      @Tom Tailor

      Gar nicht so abwegig.

    • @Maike123:

      Klar, statt endlich mal der Umverteilung von unten nach oben und der gewachsenen Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland gerecht entgegenzusteuern (Erbschaftssteuer, Sozialabgaben auf Finanzspekulationsgewinne, Kappung von Bemessungsobergrenzen auf Renten- und Steuerabgaben etc.) gibt's lieber noch weniger Hartz und Rente für die, die hier eh schon am Existenzminimum rumkrebsen.

      ???

       

      Ja, "Reichtum muss gerechter verteilt werden." Aber Sie haben echt merkwürdige Vorstellungen davon, was das heißt, wenn Sie nach unten noch mehr wegnehmen wollen.

    • @Maike123:

      Dafür gibts bestimmt eine überwältigende Mehrheit in D ^^

      • @Tom Tailor:

        Es reicht schon, wenn es dafür eine Mehrheit in der EU gibt. Juncker hat das gleiche im Sinn wie ich und wird Unterstützer finden.

         

        Familien zerbrechen und Menschen werden entwurzelt, nur weil man in Deutschland immer noch mehr Sozialhilfe bekommt als in Rumänien oder Griechenland. Das muss nicht sein!

         

        Und es ist auch im Interesse der Deutschen, dass sich nicht die Arbeitslosen aus ganz Europa auf den Weg nach Deutschland machen, nur um mehr Geld im Sack zu haben.

         

        Mit der EU fängt es an, später wird man das Modell hoffentlich weltweit einführen. Es ist genug für alle da.

    • @Maike123:

      "Die Deutschen bekommen dann etwas weniger Hartz IV und Rente"

       

      Den Reichtum eines Harz 4 Empfängers verteilen, eine super Idee. Auf das Arbeitslose zukünftig nur noch Lebensmittelkarten und ein Bett im Armenhaus bekommen.

       

      Bei ihrem Vorschlag Harz 4 zu kürzen stellen sich mir die Nackenhaare auf.

  • Dummheit

     

    Niemand schützt die Armen!

    Sie können sich nur selber schützen. Wie immer, Aber dazu sind sie vorwiegend leider zu dumm..

     

    Und also meckern viele Niedriglöhner über Arbeitslose..

     

    Die politischen Mechanismen beschrieb schon Thukydides in "Der peloponnesische Krieg". Auch den Zusammenhang mit Imperialismus. Und Thukydides war Feldherr, Politiker und Historiker.

    • @Hartz:

      Richtig, auf der ganzen Welt sind die Armen in der Überzahl. Die Armen könnten noch am folgenden Tag Ungerechtigkeit, Armut und Elend auf dieser Welt beenden, aber sie benehmen sich wie kleine Kinder und gehorchen brav den Oberen Zehntausend.

       

      Auf der ganzen Welt wird die Armut immer größer, auch in Deutschland. - "Deutschland? Aber hier muss doch keiner hungern, so wie in armen Entwicklungsländern, schließlich sind unsere Mülleimer mit Essensreste gefüllt und ein Mensch der Hunger hat wird doch in der Lage sein einer Ratte ein Wurstbrot entreißen zu können" sagen die Reichen und zählen dabei genüsslich ihr Geld.

       

      Wie viele arme Rentner, arme Kinder Arbeitslose und Obdachlose werden wir wohl in einigen Jahren in Europa haben?

  • Ein Mensch und seine Menschenwürde (v.a. eines anderen Landes) vs. Geld, Reichtum und Macht. Warum ist es so?

     

    So sagte Gott: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."

     

    So sagte Teufel: „Ich will dir Macht über diese Länder und all ihre Reichtümer geben... Das alles werde ich dir schenken, wenn du niederkniest und mich anbetest.“

     

    Zwar stellt die Europäische Union „per Gesetz“ die Person in den

    Mittelpunkt ihres Handelns. Nun aber mischt sich die EU in die Nationalen Angelegenheiten bei bestimmten Angelegenheiten nicht ein. Und viele Nationalstaaten meinen, dass nach Maßgabe der nationalen Gesetze und Gepflogenheiten, sie dem Artikel 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union hinreichend berücksichtigen. Dem ist es in vielen Länder aber nicht so!

     

    Das es Sozialsysteme gibt, ist nicht immer ausreichend. Ist die Menschenwürde unverletzt und der Art. 34 hinreichend berücksichtigt, wenn ein Obdachloser Mensch nicht jede Nacht einen Platz in einer Notunterkunft bekommt? Ist eine Notunterkunft mit einer Wohnung vergleichbar? Ist es mit der Menschenwürde vereinbar, wenn das Existenzminimum gekürzt wird? Ist es vertretbar, wenn die Lebensmittel, die man in einer Notunterkunft bekommt, nicht den gesundheitlichen Mindeststandards entsprechen?..

     

    Und nun, was tun?

     

    „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten kommen; Wenn andere nichts tun, muss man eben selbst aktiv werden.“

     

    Es bedarf Klagen von Einzelpersonen, die den nationalen Rechtsweg ausschöpfen und letztendlich beim EU Gericht sich beschweren!

     

    Die Beschwerde soll sich danach richten, dass ein Nationalstaat dem Artikel 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht nachkommt, insbesondere wenn wir diesen Artikel in Verbindung mit dem Artikel 1 (Menschenwürde) der Charta betrachten!

    http://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Stefan Mustermann:

      Das mit der Nächstenliebe kann ich nicht teilen. Warum nennt jemand denn einen anderen "Nächster" - wenn er*sie diese*n "Nächsten" schon liebt. Nächstenliebe heißt für mich eher Nationalismus, denn: Wen hält der "besorgte Bürger" für seinen "Nächsten"?

      "Jeder ist sich selbst der Nächste" sagt man auch nicht umsonst.

       

      Nietzsche hat daraus anti-christlich, nicht antichristlich, "Fernstenliebe" gemacht, in einer Umwertung des Wertes der "Nächstenliebe". Immer nur "Das Eine Buch" zu Rate zu ziehen, kommt mir komisch vor. Da findet sich für alles und nichts irgendein Spruch drin.

    • @Stefan Mustermann:

      Außerdem können Menschen EU Weite Initiativen bilden und sich bei der EU beschweren, damit das EU Gericht und die Europäische Kommission diese Sachverhalte in den Nationalstaaten prüfen. Dann muss kein nationaler Rechtsweg ausgeschöpft werden. Mann muss natürlich Belege und Nachweise beifügen...

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Das Problem ist, dass sich eine europäische Identität in diesem Sinne nicht einfach eingrenzen läßt - wer gehört dazu und wer nicht?

    Das was in Rojava gerade entsteht ist ja auch im besten Sinne des Wortes europäisch. Wenn man Transnationalität regional versteht, dann gehört dazu eine gewisse Autonomie der Regionen und ein Rückzug der EU auf das Notwendige, das aber dafür "ordentlich" demokratisch. Ich kenne die Erfahrung, von der Stadt ein Grundstück für einen Verein erwerben zu wollen und den bürokratischen Aufwand (Wahnsinn), da das Liegenschaftsamt wegen der EU-Entwicklungspläne gar nicht verhandeln durfte und erst der Stadtrat und ein Ausschuss in Aktion treten mussten, um das zu verwirklichen.

    Die EU sollte dafür da sein, die Grundrechte und die innere Demokratie in den halb-autonomen Regionen zu wahren, die Entwicklung zu koordinieren und die Solidarität zu gewährleisten, d.h. Ausgleichszahlungen zwischen den Regionen vorzunehmen.

    In eine solche EU könnte dann auch Rojava eintreten, wenn es bedroht ist oder keiner ringsum mit der Autonomieregion kooperieren will. Das passt viel besser in die EU als die Türkei.

    Die Bundesländer könnten als autonome Regionen in dieser EU sein, wer bräuchte dann noch Deutschland und wozu? Auch Regionen wie Katalonien oder Schottland könnten dann mehr Autonomie haben und die Bayern, wenn auch nicht mit "Obergrenze". Dazu noch innere Autonomie denken innerhalb der Autonomieregionen, wegen der Ausschlüsse, die dort erzeugt werden. St.Pauli bekommt Autonomierechte in Hamburg und Connewitz in Leipzig...

    Die territoriale Einheit muss in einem solchen Europa auch nicht notwendigerweise gegeben sein, es würde auch mit einem zerstreuten Kerneuropa funktionieren.

    Wichtig ist, dass Kredite weniger nach Profiterwartung als nach sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit vergeben werden. Dazu den Euro umstrukturieren, dass die Vergabe von Krediten nicht mehr an normale Banken geht, sondern nur an Sozial- und Entwicklungsbanken.

  • Das EU-Parlament muß gestärkt werden. Auch dort ist die Demokratie institutionalisiert. Wenn der Bürger merkt, daß jenes Parlament kein Papiertiger ist, dann kann es europäische Demokratie geben. Es sind die Nationalregierungen, die das bisher verhindern.

     

    Der Rückzug in den Nationalstaat ist falsch, weil er dabei ist, seine Berechtigung zu verlieren. Das Konzept der Nation ist von Grund auf Unsinn. Man zöge sich auf ein sinkendes Schiff zurück. Der "Brexit" wird das zeigen.

     

    Der rechte Rand ist deswegen so stark geworden, weil man ihm Themen geliefert hat. Und es waren die Nationalregierungen, die das getan haben. Schauen Sie sich z.B. Hartz 4 an. Nichts als ein Abstellgleis hinter einer fadenscheinigen Kulisse. Die Nationalregierungen scheitern am Sozialstaat. Sie können nicht dessen Retter sein.

     

    Zeit für ein neues Schiff. Europe or bust.

    • @kditd:

      Ihre Argumentation ist unlogisch. Wenn das Konzept Nation "unsinnig" ist, warum sollte dann das Konzept Europa schlüssiger sein? Man wird auf diese Weise das Konzept der Nation nur auf eine größere Fläche ausdehnen. Dass das Ergebnis dieser Maßnahme ein Mehr an Demokratie zur Folge hat, wage ich zu bezweifeln.

  • "Menschen wollen ein einmal erreichtes Wohlstandsniveau nicht freiwillig aufgeben."

     

    Das Problem ist, dass es so etwas wie "Menschen" nicht gibt, nicht einmal innerhalb der gegenwärtig existierenden Staatsgrenzen. Man kann von sehr heterogenen Interessengruppen sprechen, die vielleicht nicht immer als solche in Erscheinung treten (wollen).

    Geht es ans Eingemachte (Geld, Wohlstand) werden sicherlich die Einflussreichen ihre 4% real p.a. (Piketty!) gesichert haben wollen. Da kann man dann sehen, wer "freiwillig" was aufgeben muss.