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Eskalation im SyrienkriegTürkei schlägt syrische Kämpfer zurück

Seit sieben Jahren tobt in Syrien der Bürgerkrieg. Kommt es nun zu einem bewaffneten Konflikt zwischen der Türkei und syrischen Kräften?

Gegen Kurden und gegen die Assad-Truppen: Kämpfer der von Ankara unterstützten FSA am Montag nahe der Stadt Afrin Foto: reuters

Damaskus dpa | Syriens fast siebenjähriger Bürgerkrieg ist innerhalb nur weniger Stunden an zwei Fronten eskaliert. Im Norden des Landes bombardierte die türkische Armee die Region Afrin, nachdem dort syrische Regierungskräfte zur Unterstützung kurdischer Truppen eingerückt waren, wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana am Dienstag meldete. Im Zentrum Syriens erlebte das Rebellengebiet Ost-Ghouta eine der blutigsten Angriffswellen seit Beginn des Konflikts mit mehr als 200 Toten innerhalb von 48 Stunden.

In Afrin wächst mit der Konfrontation die Sorge vor einer größeren Eskalation zwischen der Türkei und Syrien. Am Dienstag rückten dort zunächst erste syrische Regierungskräfte ein, wie die Kurdenmiliz YPG bestätigte. Diese sollten sich an der Verteidigung der Einheit Syriens und der Grenzen beteiligen.

Im regierungstreuen Sender Al-Mayadeen waren Fahrzeuge mit Dutzenden Kämpfern zu sehen. Nach syrischen Angaben handelt es sich dabei um „Volkskräfte“. Damit wird eine Vereinbarung zwischen den Kurden und der syrischen Regierung umgesetzt. Die Kurden wollen so einen Angriff der Türkei stoppen.

Türkische Truppen und syrische Verbündete hatten vor einem Monat eine Offensive auf Afrin begonnen. Das Gebiet wird von der YPG kontrolliert. Die Türkei sieht in der Miliz den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekämpft sie. Die YPG ist aber zugleich mit der US-geführten Koalition im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien eng verbündet.

Im Sender Al-Mayadeen war eine Explosion zu sehen, kurz nachdem die syrischen Regierungskräfte in Afrin eingerückt waren. Es habe sich um einen türkischen Angriff gehandelt, meldete der TV-Kanal. Von kurdischer Seite hieß es, fünf Bomben seien in der Nähe des Gebiets eingeschlagen, das die Regierungskräfte passiert hätten.

Erdoğan kündigt Belagerung Afrins an

Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete Artilleriebeschuss in der Region. Warnschüsse seien auf mit dem syrischen Regime verbundene „terroristische Gruppen“ abgefeuert worden, hieß es. Diese hätten versucht, in die Stadt Afrin zu gelangen, hätten sich aber aufgrund des Beschusses zurückgezogen. Syrische Militärkreise wiesen diese Angaben zurück und betonten, die Truppen hätten in Afrin ihre geplanten Positionen bezogen.

Am Montag hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu Syrien gewarnt: „Wenn das Regime eindringt, um die YPG zu schützen oder ihren Schutz zu gewährleisten, dann kann niemand uns, die Türkei und die türkischen Soldaten stoppen“, sagte er in Jordanien.

Die Türkei steht im Syrien-Konflikt auf der Seite der Rebellen, die gegen die syrische Regierung kämpfen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Januar als „Mörder“ bezeichnet. Die Türkei kooperiert aber mit Syriens Verbündeten Russland und Iran und handelte mit ihnen unter anderem so genannte Deeskalationszonen aus.

Erdoğan kündigte am Dienstag eine Belagerung der Stadt Afrin „in den nächsten Tagen“ an. „Auf diese Weise wird die Hilfe von außen blockiert“, erklärte er in Ankara. Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte vor einer Spaltung des Bürgerkriegslandes und forderte die Türkei dazu auf, mit der syrischen Regierung in Dialog zu treten. Es sei nicht hinnehmbar, wenn „das Kurden-Problem“ dazu genutzt werde, Chaos in der Region zu säen und Staaten zu spalten, sagte er.

Im Zentrum Syriens kamen bei Angriffen auf das Rebellengebiet Ost-Ghouta nahe Damaskus innerhalb von 48 Stunden mindestens 231 Zivilisten um, darunter Dutzende Frauen und Kinder, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete. Mehr als 1.100 Menschen seien verletzt worden, viele davon schwer.

Höchste Opferzahl seit drei Jahren

Schon am Sonntagabend gab es dort viele Tote. Allein am Montag starben dann den Angaben zufolge 127 Zivilisten. Es handele sich um die höchste Opferzahl an nur einem Tag seit drei Jahren, erklärten die Menschenrechtler. Auch am Dienstag seien die Angriffe weitergegangen – dabei seien mindestens 87 Menschen getötet worden. Wahrscheinlich seien auch russische Flugzeuge an den Angriffen beteiligt gewesen, erklärten die Menschenrechtler. Erst Anfang des Monats hatte Ost-Ghouta eine der blutigsten Wochen seit Jahren erlebt.

„Es war die Hölle“, sagte ein Arzt aus einem Krankenhaus in Ost-Ghouta, der nur mit seinem Vornamen Mohammed zitiert werden wollte, über die Angriffe am Montag. „Wir mussten mit ansehen, wie Kinder in unseren Händen an ihren schweren Wunden gestorben sind, weil sie zu spät ins Krankenhaus kamen.“ Die Kliniken seien völlig überfüllt. Narkosemittel und wichtige Medikamente gingen zu Ende. Bilder zeigten verstaubte Opfer unter den Trümmern zerstörter Häuser. Aktivsten verbreiteten Aufnahmen von getöteten Kindern.

Der Bürgerkrieg hatte im März 2011 mit Protesten gegen die autoritäre Regierung von Machthaber Baschar al-Assad begonnen. Die Region Ost-Ghouta gehört zu den letzten Gebieten, die noch unter Kontrolle von Rebellen stehen. Dominiert werden sie von islamistischen Milizen.

Ost-Ghouta ist seit Monaten von Regierungstruppen eingeschlossen. Rund 400.000 Menschen sind dort fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Helfer berichten von einer dramatischen humanitären Lage. Über Wochen durften keine Hilfslieferungen in das Gebiet. Das habe zu einem schlimmen Mangel an Nahrungsmitteln geführt, sagte der regionale UN-Nothilfekoordinator, Panos Moumtzis. „Die humanitäre Lage der Zivilisten in Ost-Ghouta ist dabei, außer Kontrolle zu geraten.“

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17 Kommentare

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  • Der Titel dieses Artikels ist ja bereits eine Zumutung.

     

    Die türkische Armee feuert auf reguläre syrische Truppen, die sich auf dem Staatsgebiet Syriens bdfinden und der TAZ fällt ein, die Türkei würde syirische Kämpfer zurückschlagen.

     

    Es ist einfach unglaublich, was mit Bezug auf Syrien mittlerweile verlautbart wird.

     

    Wie wäre die Titelzeile: Russland schägt Ukrainische Kämpfer zurück mit Bezug auf die Ostukraine? Eine solche äuivalente (rein fiktive) Handlung würde sicher ganz anders geschildert.

     

    Liebe TAZler, nicht nur die anderen verbreiten alternative Fakten oder Fake-News.

    • 8G
      81622 (Profil gelöscht)
      @J_CGN:

      Sie verbreiten doch selber Fake News.Die von Ihnen erwähnten angeblichen "regulären syrischen Truppen" waren nichts weiter als ein paar Autos mit Hisbollah-Söldnern, die Assad geschickt hat, um so zu tun sld ob er den Kurden zu Hilfe kommen würde. Dabei ist klar, dass Assad die Kurden genauso ans türkische Messer liefern wird , wie er die gesammte Bevölkerung dahinmetzelt.

      • @81622 (Profil gelöscht):

        Zitat aus dem Artikel:" syrische Regierungskräfte". D.h. reguläre syrische Truppen, oder?

      • @81622 (Profil gelöscht):

        Woher wissen Sie denn, dass das Hisbollah Söldner waren? Haben Sie die Ausweise kontrolliert?

  • 8G
    81622 (Profil gelöscht)

    Syrien ist zu einem internationalen Konflikt geworden, der auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen wird. Assad und Putin zerstören lieber das ganze Land, als dass Assad, die Hauptursache des Konflikts, abtritt und damit wirkliche Verhandlungen möglich machen würde. Das folgt der Logik Hitlers des totalen Krieges und des totalen Untergangs "seines" Volk mit ihm. Dass Putin dieses Spiel der totalen Vernichtung des Feindes mitspielt, zeigt seine absolute Skrupellosigkeit, seine Großmachtinteressen vor eine diplomatische Lösung des Konflikts zu stellen. Erdogan wiederum kocht sein nationalistisches, antikurdisches Süppchen auf der syrische Tragödie. Die Kurden sind wie die gesamte syrische Bevölkerung, die Verlierer. Sie werden Afrin wohl aufgeben müssen, da sie alleingelassen werden. Die paar Autos mit Hisbollah-Kämpfern , die Assad geschickt hat, ist reine Augenwischerei und wird dem türkischen Militärapparats nichts entgegensetzten können. YPG muss wohl oder über Afrin aufgeben und sich nach Manbidsch zurückziehen. Man wird sehen, was die USA dann gegen die aggressive Erdogan-Politik machen werden. Die EU steht wieder mal absolut verloren und passiv dabei und hat außer leeren Sprüchen nichts zu bieten. Wenn sich nicht bald eine internationale lagerübergreifende Solidaritätsbewegung für den Frieden in Syrien bildet, wird der Krieg immer näher nach Europa kommen und die Leute hier aus ihrer Lethargie scheuchen.

    • @81622 (Profil gelöscht):

      "...als dass Assad, die Hauptursache des Konflikts, abtritt und damit wirkliche Verhandlungen möglich machen würde."

       

      Mit wem möchten Sie denn verhandeln? In Idlib und Ost Gutra herrschen nach übereinstimmenden Berichten Dschihadisten...

  • Schade, dass nicht alle Politiker die Klarheit von Claudia Roth hatten. Dieses Eingreifen von Erdogan ist eine Tragödie für den mittleren Osten und eine Bedrohung Israels. Absurderweise stützen die Russen Syrien, die USA unterstützen die Kurden mit Waffenlieferungen und die türkischen Panzer aus deutscher Produktion kriegen auf die Mütze von kriegserprobten Truppen mit amerikanischen Panzerabwehrwaffen. Das Leiden haben die Menschen, denen die Kaltherzpolitik immer mehr, in Allianz mit Erdogan, die Fluchtmöglichkeit abschnürt.

  • Interessant. Wenn es sich so fortsetzt könnten Russen und Amerikaner plötzlich auf der selben Seite stehen.

    Ich wäre nicht überrascht wenn die Russen heimlich Waffen an Assad liefern um die Türken zu bekämpfen, während die USA die Kurden stützen.

    Unabhängig werden die Kurden natürlich nicht werden, aber wenn sie es richtig anstellen, wäre eine Autonomität auf syrischem Gebiet durchaus denkbar.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @EinfachIch:

      "Ich wäre nicht überrascht wenn die Russen heimlich Waffen an Assad liefern um die Türken zu bekämpfen"

       

      Wieso heimlich? Selbst Sputnik-News beichtet doch offen über russische Waffenlieferungen an Assad.

  • Erdogan scheint dem IS näher zu stehen als den Kurden.

    • @Justin Teim:

      Erdogan steht dem IS näher als den Kurden.

  • Dringt ein Dieb in dein Haus ein und sagt jetzt halt dich fern von deinem Haus es gehört mir. Welcher Logik folgt diese Denke? Wie muss es um den Geisteszustand dieses Wesen stehen?

  • Die Türkei führt also einen Angriffskrieg? Und dies mir Deutschem Kriegsgerät? Dazu fällt einem wirklich nichts mehr ein...

    Da ein Angriffskrieg eines Nato Lands geführt wird, bin ich mal auf eine Stellungnahme einiger Nato Mitgliedsstaaten gespannt, aber da wird vermutlich, wie so oft, nichts kommen. Die Welt ist Irre geworden!

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...soweit ich informiert bin, ist die "Kurdenregion Afrin" syrisches Staatsgebiet.

    Die türkische Armee führt also Krieg gegen Syrien.

    • @81331 (Profil gelöscht):

      Nun warten Sie es doch mal ab. Schließlich wird im Hintergrund schon an einem Deal gearbeitet...

  • "Die YPG hat sich dort im Laufe des syrischen Bürgerkriegs als Vormacht etabliert und wird von den USA unterstützt."

     

    Die Phase alle gegen alle. Nun Assad und Trump vereint gegen Erdogan. Man weiß jetzt gar nicht mehr, wer die Guten und wer die Bösen sind.

    • @A. Müllermilch:

      Leider alles jenseits von gut und böse.