piwik no script img

Eskalation an Israel-Libanon-GrenzeIm Schwitzkasten der Terroristen

Kommentar von Susanne Knaul

Der Schlagabtausch zwischen der Hisbollah und Israel droht zu eskalieren. Für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wäre ein Krieg katastrophal.

Rauch nach einem israelischen Luftangriff im Libanon nahe der Grenze zu Israel im Mai 2024 Foto: Ayal Margolin/reuters

I n normalen Zeiten – Zeiten ohne Krieg – wäre es längst zum Krieg gekommen. Kämpfe an zwei Fronten gleichzeitig sind indes schwer zu meistern, selbst für eine so hoch gerüstete Armee wie die israelische. Vorläufig werden die SoldatInnen im Gazastreifen gebraucht – und Israel hält still an der Grenze zu Libanon. Den ständigen Provokationen der Hisbollah und der Tatsache zum Trotz, dass seit vergangenem Oktober 60.000 Menschen nicht in ihren Häusern leben können.

Einen Krieg zwischen den libanesischen Terroristen und Israel darf es nicht geben. Israels durchgeknallter Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, scheint nicht zu wissen, wovon er redet, wenn er dazu aufruft. Die Hisbollah hat aufgerüstet seit 2006 nach dem Krieg, der mit einem Waffenstillstand und der UN-Resolution 1701 endete. Die Resolution ist eine Farce: Bis zum Litani-Fluss, 20 Kilometer nördlich der israelischen Grenze, war eine entmilitarisierte Zone vorgesehen.

Die libanesische Armee sollte die Grenzen bewachen, die Truppen der UNIFIL, der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon, wurden deutlich aufgestockt. Sogar deutsche Marineschiffe liegen noch immer vor der Küste Libanons – all das mit dem einen Ziel: eine Wiederbewaffnung der Terroristen zu verhindern. Das Ergebnis: Das Raketenarsenal der Hisbollah übersteigt das Zehnfache von 2006. Rund 150.000 Kurz- und Langstreckenraketen, die die letzte Ecke Israels erreichen können, liegen zum Angriff bereit.

Man fragt sich, warum nur? Israel hat vor 24 Jahren die Besatzung im Süden des Libanon einseitig beendet. Umstritten sind lediglich die Scheeba-Farmen, die vermutlich gar nicht zum Libanon, sondern zu Syrien gehören. Es gibt kein besetztes Volk, keine Unterdrückung, keinen Grund für irgendwelche Grenzkonflikte. Wäre da nicht die von Teheran finanzierte Terrororganisation, die ihre Existenzberechtigung auf nichts anderes stützt als den Kampf gegen Israel. Die iranischen Handlanger halten den „kleinen Teufel“, wie es in ihrer Charta heißt, im Schwitzkasten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • "Man fragt sich, warum nur?"

    Ich halte beide Kriege für Stellvertreterkriege des Iran gegen Israel. Der Iran möchte seinen Einfluss in der Region ausbauen.

  • Das Problem lässt sich nur multilateral lösen, vor allem mit Hilfe von Israels arabischen Nachbarn. Doch dafür braucht es einen palästinensischen Staat. Nach dem Gaza-Krieg können z.B. die Saudis für absehbare Zeit nicht dahin zurück vor sie vor dem 07.10. waren: versuchen an palästinensischen Akteuren vorbei zu einer Normalisierung zu kommen. Nur so kann die Einhegung des Iran gelingen.

  • Itamar Ben-Gvir als durchgeknallt abzutun... da macht man es sich recht einfach. Er ist immerhin verurteilt worden wegen rassistischer Aufhetzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Seine Partei wird als Nachfolger der Kach/ Kahane Chai, einer rechtsextremistischen Partei bzw. Terrororganisation angesehen. Ben-Gvir war Führer der Jugendorganisation von Kach- der war schon als Teenager rechtsextremistisch. Der ist nicht durchgeknallt- das ist seine Ideologie. Der Mann redet offen von ethnischer Säuberung der Palästinenser (auch das nichts neues, bevor er in der Jugendorganisation der Kach aktiv war, war er es in der Partei Moledet die offen dafür eintrat). Er selbst nahm doch kurz nach dem vorläufigen Urteil des IGH im Januar an einer Konferenz teil, die nicht nur für die Wiederbesiedlung Gaza´s, sondern auch für die ethnische Säuberung der Palästinenser geworben hat, vor kurzem hat er erst wieder an einer Demo mit den gleichen Forderungen teilgenommen. Es gibt durchaus Stimmen die dies als direkten Verstoß gegen die vorläufigen Maßnahmen des IGH sehen, mal abgesehen von anderen Aussagen von ihm. Warum werden solche Leute hier in Deutschland immer runtergespielt?

  • "Man fragt sich, warum nur? Israel hat vor 24 Jahren die Besatzung im Süden des Libanon einseitig beendet."



    Warum kommt mir diese Konstellation nur so bekannt vor?



    *grübel* *Gaza2006* *grübel*



    Nee ich komm nicht drauf.

  • Naja, viele Libanesen sind geflüchtete Palästinenser -- komisch das der Artikel darauf nicht eingeht — und die sind eben solidarisch mit Gaza .. 1+1 = 2 das geht ganz ohne das Wiederholen der Antisemitismusformel.

    • @elma:

      Iran und Hisbollah interessieren sich für arabische Flüchtlinge? Seit wann das denn?

    • @elma:

      Ich bin auch solidarisch, aber deshalb habe ich keine 150.000 Waffen… die Hisbollah gründet auf Hass, nicht auf Solidarität, also bitte erst denken und dann schreiben 😘

    • @elma:

      Aus Solidarität mit Gaza über 100.000 Raketen kaufen oder bauen?

      Wie hilft das Leuten in Gaza?

      Was hat die Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon gemacht, um diese Wiederbewaffnung von Terroristen zu verhindern?

    • @elma:

      Es geht nicht um solidarische Palästinenser sondern um das Versagen der UN beim Schutz der Grenze und dem Wegsehen wie der Iran rund um Israel Scheinproxies aufbaut und damit zum Schluss den Libanon in Schutt und Asche verwandelt. Ist in dem Artikel eigentlich ziemlich deutlich herausgearbeitet.